Vor 130 Jahren war Kernseife der Goldstandard in Sachen Reinigung und Hygiene. Heute gibt es eine Vielzahl an Reinigungsprodukten – als Gel oder Tablette, flüssig oder pulverförmig, mit Duftstoffen oder ohne. Allein im letzten Jahr wurden in Deutschland 4,6 Milliarden Euro mit Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln umgesetzt.
Die Budich-Gruppe steht beispielhaft für diese Entwicklung. 1882 als Seifenfabrik gegründet, hat sie sich im letzten Jahrhundert zu einem führenden Anbieter von Reinigungsmitteln entwickelt. Das Portfolio umfasst neben Reinigungsprodukten auch Pflege-, Desinfektions- und Luftreinigungsmittel, die Budich exklusiv oder im Auftrag fertigt. Genauso flexibel wie in der Fertigung wollte Budich auch bei der Unternehmenssteuerung sein. Das war mit der bisherigen heterogenen IT-Landschaft nicht möglich. Getrennte Systeme für die Warenwirtschaft und die Finanzbuchhaltung machten die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit schwierig. Auch branchenspezifische Prozesse wie die Rezepturentwicklung und Spezifikationsverwaltung wurden mit einer eigenprogrammierten Lösung umgesetzt.
*Michaela Kürschner ist Project Manager Marketing and PR bei Innovabee.
Das Ziel: ein integriertes System für alle Geschäftsprozesse
„Für uns wichtige Themen wie die Materialbewertung waren in unserer alten Warenwirtschaftslösung gar nicht enthalten. Andere Bereiche wie die Produktentwicklung, die Bestandsführung und die Produktion waren zwar vorhanden, aber nicht so transparent und feingliedrig wie wir es gebraucht hätten“, erinnert sich Sebastian Rost, IT-Leiter bei Budich. Das Familienunternehmen entschied sich deshalb, sein altes ERPSystem abzulösen und durch eine zeitgemäße Lösung zu ersetzen, die alle genannten Themen umfasst. „Wir wollten alle zentralen Prozesse in einem integrierten System abbilden, Schnittstellen abbauen und unsere Systemlandschaft deutlich vereinfachen“, so der IT-Leiter. Nach einem Auswahlverfahren entschied sich Budich für die von SAP qualifizierte Branchenlösung „Innovachem“ auf Basis von SAP S/4HANA. „Die Software von Chemiespezialist Innovabee bietet alle wichtigen Branchenfunktionalitäten im Standard und unterstützt uns in allen Unternehmensbereichen“, so Sebastian Rost. Von der Materialwirtschaft über den Vertrieb, die Produktion und das Qualitätsmanagement bis hin zu den Themen Financials und Controlling sind alle Kernprozesse des Mittelständlers standardmäßig abgedeckt. Zusätzliches Plus sind die enthaltenen Module für die Rezepturentwicklung.
Anwender im Einkauf verfügen über Informationen in Echtzeit
15 Monate nach dem Kick-off lief Innovachem vom Stapel. Seither arbeiten die etwa 130 User bei Budich mit der SAPS/ 4HANA-Branchenlösung und profitieren vor allem von der integrierten Sicht auf alle Prozesse und vom deutlich schnelleren Zugriff auf das System. Die Mitarbeiter im Einkauf haben heute zum Beispiel die Möglichkeit, Beschaffungsausgaben, Lieferantenbewertungen und -verträge in Echtzeit zu überblicken. „Mit SAP S/4HANA können sie über ein Suchfeld im gesamten System nach einem bestimmten Begriff suchen – sei es ein Lieferant, Material oder Preis. Dann können sie sich weitere Details anzeigen lassen und zu verschiedenen Objektseiten navigieren, zum Beispiel von Lieferanten- zu Materialseiten. Durch diese detaillierten Informationen lassen sich alternative Lieferanten ermitteln, die die gleichen Materialien liefern und bei Bedarf leicht eingebunden werden können“, erklärt Sebastian Rost.
Auch im Qualitätsmanagement sind deutliche Verbesserungen spürbar, weil die gesamte Reklamationsabwicklung und Prüfplanung nun systemseitig unterstützt wird und nicht mehr separat in Papierform aufbereitet werden muss. Im Rahmen der Reklamationsabwicklung können die Mitarbeiter von Budich Reklamationen und Retouren anlegen. Mithilfe von Prüfplänen beschreiben sie, wie eine Qualitätsprüfung eines oder mehrerer Materialien ablaufen soll. Durch die enge Integration mit dem Rezepturmanagement werden die Prüfmerkmale automatisch aus dem Planungsrezept übernommen. Prüfpläne lassen sich auf diese Weise ebenso einfach ableiten. „Die Optionen, die Innovachem hier bietet, sind sehr komfortabel. Von Vorteil ist auch, dass sich fast sämtliche Stammdaten – QM-spezifische, aber auch allgemeine Stammdaten – sehr einfach in die Prüfpläne integrieren lassen“, erläutert Sebastian Rost.
Automatisierung mit SAP EHS
In den fast 140 Jahren ihres Bestehens hat sich die Budich-Gruppe zum führenden Anbieter von Reinigungsmitteln entwickelt. Neben Reinigungsprodukten fertigt das Unternehmen auch Pflege-, Desinfektions- und Luftreinigungsmittel – exklusiv oder im Auftrag großer Handelsketten. SAP EHS deckt die zentralen Themen wie die Spezifikationsverwaltung oder das Phrasenmanagement ab. Die Weiterverwendung dieser Informationen zum Beispiel auf Probenetiketten, Auftragsbestätigungen oder Lieferscheinen ist denkbar einfach. Die Daten aus dem SAP-Modul werden automatisch auf die entsprechenden Formulare übernommen.
Neben der Produktentwicklung nutzt Budich die Branchenlösung auch im Finanzwesen, Controlling, Vertrieb sowie in der Materialwirtschaft, der Produktionsplanung, im Qualitätsmanagement und der Logistik.
Zentrale Produktionsprozesse lassen sich integriert steuern
Trotz anspruchsvoller Buchungsprozesse laufen auch in der Produktion alle Abläufe besser als vorher. Denn Budich unterhält drei Werke, die jeweils unterschiedlichen Buchungskreisen zugeordnet sind. „Wir konnten die besondere Unternehmensstruktur durch ein spezielles Stammdatenkonstrukt und spezielle Buchungsprozesse abbilden – und das im SAP-Standard“, erklärt Christian Schweizer, Projektleiter bei Innovabee. Ob Materialbereitstellung, Disposition, Mischen oder Abfüllen – alle zentralen Produktionsprozesse lassen sich integriert mit der neuen Lösung steuern. Für Budich als Prozessfertiger ist insbesondere auch die Produktentwicklung ein wichtiger Werttreiber. „Hier zahlt sich ein integriertes System besonders aus“, sagt Sebastian Rost. Denn in Innovachem enthalten ist die Anwendung SAP Recipe Development, mit der sich die Produkt- und Rezepturentwicklung zentral steuern lässt.
„Einmal angelegte Stoffe lassen sich damit immer wieder für neue Rezepturen verwenden. So können wir unser vorhandenes Entwicklungswissen und unsere verfügbaren Ressourcen besser nutzen“, erklärt Sebastian Rost. Daneben erhöht eine in die Warenwirtschaft integrierte Rezepturentwicklung auch die Transparenz über die Zusammensetzung undWirkung aller Inhaltsstoffe und stellt sicher, dass alle gesetzlichen Vorgaben zu Inhaltsstoffen, Grenzwerten und Deklaration sicher abgedeckt sind.
Rezepturmanagement sorgt für Synergieeffekte
Bei der Übergabe der Entwicklungsdaten in die Produktion macht sich die enge Verzahnung der Prozesse bezahlt. „Prinzipiell ist das Recipe Development (RD) als Workbench für die Produktentwicklung konzipiert“, erklärt Christian Schweizer. „Nach Abschluss der Entwicklungsphase können die Daten dann aber auch an die Produktion übergeben werden.“ Den Rezepten lässt sich dafür ein Freigabestatus-Schema zuweisen. Über den Schritt „Synchronisation“ wird das Rezept dann zu einem Planungsrezept und/oder einer Stückliste weiterentwickelt. Auf dieser Basis kann die Produktion durchgeführt werden. Zu allen Rezepten und Stoffen lassen sich außerdem individuelle Berichte erstellen, die auf die Daten von RD zugreifen. Bei der Einhaltung der Vorgaben zum Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz wird Budich von der Komponente SAP Environment, Health and Safety (EHS) unterstützt, die ebenfalls standardmäßig enthalten ist. „SAP EHS deckt nicht nur alle zentralen Themen wie die Spezifikationsverwaltung, das Phrasenmanagement und das Gefahrstoff- und Gefahrgutmanagement ab, sondern macht auch dieWeiterverwendung dieser Informationen zum Beispiel auf Probenetiketten, Auftragsbestätigungen oder Lieferscheinen denkbar einfach“, so Sebastian Rost. Die Daten aus dem SAPModul werden automatisch auf die entsprechenden Formulare übernommen. Das spart Zeit und sorgt für Sicherheit.
Benutzerfreundliche Oberflächen sorgen für Akzeptanz
„Insgesamt haben wir unser Ziel, alle zentralen Prozesse mit einer einzigen Lösung zu steuern, eindeutig erreicht“, zieht Sebastian Rost sein Fazit. Auch das zweite Vorhaben des Projektes, einzelne Prozesse und die gesamte Systemlandschaft zu vereinfachen, ist geglückt.
„Wir haben neben SAP kaum noch Zusatzlösungen im Einsatz, die wir über Schnittstellen anbinden müssen, weil fast alle wichtigen Themen in einer Lösung abgedeckt sind. Deutlich einfacher ist auch die Bedienung des ERP-Systems. Von Anfang an arbeiten die rund 130 SAP-User in vielen Bereichen mit den neuen Fiori-Benutzeroberflächen. „Die Lösung lässt sich damit sehr einfach und intuitiv nutzen. Wir konnten uns dadurch in den Benutzerschulungen ganz auf die Funktionen konzentrieren und mussten nicht lange erklären, wie das System bedient wird“, so der ITLeiter.
Innovachem deckt aber nicht nur funktional alle Themen ab, die in der Vorgängerlösung nicht oder nur teilweise enthalten waren. Die Lösung hat Budich auch geholfen, die Qualität seiner Prozesse und Stammdaten zu verbessern. „Wir konnten Prozesse, die wir früher individuell gelöst haben, in den SAP-Standard zurückführen und sparen damit Zeit und Geld für die Entwicklung“, so Sebastian Rost. Seine Stammdaten hat das Unternehmen nicht migriert, sondern sie exportiert, ergänzt und manuell erfasst. „Das war zwar mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Dafür sind unsere Stammdaten heute so aktuell und vollständig wie nie zuvor“, freut sich der IT-Leiter.(cr)
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