... anderes dahinterstecken könnte, wusste ich damals nicht.” So wie die heute 60-Jährige leiden viele Menschen unter Magen-Darm-Problemen. Manche nur gelegentlich, andere jahrelang, ohne den Grund zu kennen. „Beschwerden im Bauch können so viele verschiedene Ursachen haben, dass es für uns Ärzte gar nicht so einfach ist, herauszufinden, was dem Patienten fehlt, ”erklärt Professor Dr. Thomas Frieling, Ärztlicher Direktor der Helios-Klinik Krefeld.
Bei Warnzeichen zum Arzt
Glücklicherweise sind die Beschwerden in den meisten Fällen harmlos.
Bei leichten Symptomen, deren Ursache Sie kennen, wie etwa durch Bewegungsmangel oder durch einen Ortswechsel ausgelöste Verstopfung, können Sie getrost ein paar Tage abwarten und die Beschwerden selbst behandeln.
Einen Arzt sollten Sie immer dann aufsuchen, wenn Sie unerklärliche Veränderungen bemerken. „Ist seit drei bis vier Wochen der Stuhl ungewöhnlich, geht Blut ab, verlieren Sie Gewicht oder werden nachts durch Bauchbeschwerden wach, sind dies mögliche Hinweise auf eine schwerwiegendere Ursache”, sagt Frieling.
Suchen Sie bei solchen Symptomen möglichst rasch Ihren Hausarzt auf. In seltenen Fällen können akute Schmerzen im Bauch bei Frauen auch Anzeichen eines Herzinfarkts sein.
Je klarer Sie Ihre Beschwerden schildern, dest einfacher ist es für Ihren Arzt, die Ursache zu finden: Treten die Schmerzen vor oder nach dem Essen auf, wie stark sind sie, wann hat der Durchfall angefangen? Möglicherweise sind für die genauere Diagnose und Behandlung weitere Untersuchungen wie ein Ultraschall- oder Röntgenbild, die Analyse einer Stuhlprobe, eine Magen- oder Darmspiegelung nötig.
Während einer Behandlung mit Antibiotika sollten Sie auf Milchprodukte verzichten
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REFLUX-BESCHWERDEN ENTSTEHEN, WENN SAURER MAGENINHALT IN DIE SPEISERÖHRE AUFSTEIGT
Doch keine Angst, die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Beschwerden im Bauchraum relativ harmlos sind, ist groß. Lesen Sie, wie Sie die häufigsten Beschwerden richtig einordnen, wenn möglich selbst behandeln und wie Sie ihnen vorbeugen können.
Die Speiseröhre
Leiden Sie öfter unter Aufstoßen und brennenden Schmerzen hinter dem Brustbein, dem sogenannten Sodbrennen? Ursache könnte die Refluxkrankheit sein.
„Reflux-Beschwerden entstehen, wenn saurer Mageninhalt in die Speiseröhre aufsteigt und dort die Schleimhaut reizt”, erklärt Dr. Dagmar Mainz vom Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands. „Der Muskel am Ende der Speiseröhre, der diesen Rückfluss normalerweise verhindert, schließt dann nicht richtig.” Als Ursache kommen eine Reihe von Gründen infrage. Bei einem erschlafften Muskel oder Zwerchfellbruch, der durch einen Defekt oder eine Zwerchfellschwäche entsteht, funktioniert der Verschlussmechanismus nicht mehr. So kann ein Teil des Mageninhalts in den Bauchraum gelangen. Auch Übergewicht gilt als großer Risikofaktor. Es erhöht den Druck auf Magen und Speiseröhre, wodurch der Magensaft nach oben gepresst wird. „Übergewicht sollten Sie also möglichst abbauen”, rät Dr.
Mainz. „Essen Sie keine großen Portionen, damit der Magen nicht zu voll wird, und legen Sie sich nicht direkt nach den Mahlzeiten hin.” Lockere Kleidung und Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper wirken ebenfalls entlastend. Bei starken Beschwerden wird Ihnen Ihr Arzt einen sogenannten Protonenpumpenhemmer verschreiben, der die Produktion von Magensäure bremst.
Der Magen
Der Verzehr verdorbener Lebensmittel, üppige fettreiche Mahlzeiten und hoher Alkoholkonsum können eine Magenverstimmung auslösen: Übelkeit, Magenschmerzen, Sodbrennen, Völlegefühl, auch Durchfall und Erbrechen sind klassische Symptome.
„Auch die Einnahme von Antibiotika kann Magen-Darm-Beschwerden verursachen”, ergänzt Dr. Dagmar Mainz. Meist genügt es, wenn Sie für ein paar Tage auf leichte Kost umsteigen, also auf fetthaltige und ballaststoffreiche Lebensmittel und Süßigkeiten verzichten. Um zu verhindern, dass Medikamente Ihnen auf den Magen schlagen, beachten Sie die Einnahmezeiten im Beipackzettel.
Manche Antibiotika müssen zu den Mahlzeiten eingenommen werden, bei anderen sollten Sie auf Milchprodukte verzichten.
DAS RISIKO FÜR GALLENSTEINE NIMMT AB DEM 40. LEBENSJAHR ZU
Halten Übelkeit und Magenschmerzen über mehrere Wochen oder Monate an, deutet dies auf eine Gastritis hin, also eine Magenschleimhautentzündung.
Neben einer bakteriellen Infektion mit dem Helicobacterpylori- Keim gelten auch häufig eingenommene schmerz- und entzündungshemmende Medikamente wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac als Ursache. Schmerzsalben können diese Probleme ebenfalls verursachen. „Die Wirkstoffe gelangen über die Haut ins Blut und können die Magenschleimhaut schädigen”, warnt Gastroenterologin Mainz.
Unbehandelt kann aus einer Magenschleimhautentzündung ein Magengeschwür entstehen. Spätestens dann sollten Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist lebensgefährlich, wenn ein solches Geschwür die Magenwand durchbricht. In seltenen Fällen entwickelt sich aus chronischen Entzündungen auch Magenkrebs. Dr. Mainz rät daher bei Schmerzen, die mehrere Wochen anhalten, zum Arzt zu gehen.
In der Regel wird dieser eine Magenspiegelung veranlassen.
Gegen säurebedingte Magenbeschwerden kommen wie bei Sodbrennen Protonenpumpenhemmer zum Einsatz. Sie drosseln nicht nur die Magensäureproduktion, sondern beschleunigen auch die Heilung eines Geschwürs. Mit dem Verzicht auf Alkohol und Zigaretten unterstützen Sie den Heilungsprozess und beugen einschlägigen Beschwerden vor. Zusätzlich sollten Sie Stress abbauen und regelmäßig für Entspannung sorgen.
Galle und Leber
Ab dem 40. Lebensjahr steigt das Risiko für Gallensteine. Die Gallenblase speichert die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit. Diese spaltet die Nahrungsfette und macht sie für den Darm leichter verdaulich. Steine entstehen, wenn schwer lösliche Bestandteile wie Cholesterin und Bilirubin ausflocken und Kristalle bilden.
Eine fettreiche und ballaststoffarme Ernährung sowie Übergewicht, aber auch erbliche Vorbelastung können Ursache sein. So war es bei Andrea Müller*, deren Großmutter schon unter Gallensteinen litt. „Ich war gerade 25, als ich plötzlich anfallartige und extrem starke Bauchschmerzen bekam, die bis zur Schulter ausstrahlten und mir mitunter das Atmen erschwerten. Gelegentlich bin ich sogar ohnmächtig geworden”, berichtet die heute 53-jährige Angestellte aus Stuttgart. Ihre Ärzte entdeckten fünf Gallensteine und entfernten die Gallenblase.
Diese Therapie ist bei wiederholten Schmerzanfällen oder einer akuten Gallenblasentzündung angebracht. Bei einer akuten Gallenkolik - also durch die Steine ausgelöste starke Schmerzen - können entzündungshemmende, schmerzlindernde und krampflösende Medikamente ausreichen.
Muss Ihre Gallenblase entfernt werden, sollten Sie danach dauerhaft auf eine fett- und zuckerarme sowie leicht verdauliche Nahrung achten.
Denn Ihr Körper kann nun keine Gallenflüssigkeit mehr speichern, was die Verdauung erschwert. Müller beherzigt diesen Ratschlag. „Leider kann ich vieles nicht mehr essen, was ich gern mag”, berichtet sie. „Ich merke sofort, wenn ich mich nicht an die Empfehlungen halte.”
*Name von der Redaktion geändert
DIE BESTEN HAUSMITTEL FÜR DEN BAUCH
Sodbrennen: Trinken Sie ein Glas lauwarmes Wasser oder ein bis zwei Teelöffel Heilerde in einem Glas Leitungswasser gelöst.
Blähungen und Bauchschmerzen: Tees und Präparate mit Kümmel, Pfefferminze oder Fenchel lindern die Schmerzen. Auch eine Wärmflasche oder ein erwärmtes Körnerkissen wirken entspannend.
Starker Durchfall: Trinken Sie viel, am besten mineralhaltiges Wasser, leicht gesüßten Tee oder Fleischbrühe, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Essen Sie leicht und fettarm: Zwieback, geriebener Apfel, pürierte Banane, Salzstangen.
Verstopfung: Flohsamen und Leinsamen erleichtern und beschleunigen den Stuhlgang, auch Olivenöl regt die Verdauung an. Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten!
Zu viel, süßes und fettes Essen spielt auch bei der Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber eine große Rolle. Müdigkeit, Abgeschlagenheit sowie ein leichtes Druckgefühl im rechten Oberbauch sind meist die einzigen Anzeichen. Dies führt dazu, dass das Leiden häufig erst spät erkannt wird, wenn das überlastete Organ sich bereits entzündet hat. Die Gastroenterologin Mainz rät daher, ab dem 30. Lebensjahr regelmäßig die Leberwerte überprüfen zu lassen.
BAUCH UND PSYCHE
Psychische Belastungen wie Stress können Bauchbeschwerden verstärken.
Das ist nicht überraschend, denn im Bauch sitzt das enterische Nervensystem, auch Bauchhirn genannt. Es ist ähnlich komplex wie das Kopfhirn und steuert relativ unabhängig von diesem die Magen-Darm-Funktionen.
Da beide Nervensysteme vernetzt sind, wirken sich Stressfaktoren, die im Kopfhirn verarbeitet werden, auch auf das Bauchhirn aus. So können zum Beispiel Angst und Aufregung Durchfall auslösen.
Inzwischen mehren sich die Hinweise darauf, dass Darmgesundheit und Bauchhirn bei Erkrankungen wie Depressionen oder Demenz eine Rolle spielen könnten. „Derzeit ist jedoch noch unklar, was Ursache und was Folge ist. Daher kann man noch nicht gesichert sagen, dass Magen-Darm-Veränderungen Ursache für psychische Erkrankungen sind”, erklärt Professor Dr. Thomas Frieling, Gastroenterologe aus Krefeld.
Die gute Nachricht: Die Leber kann sich regenerieren - sofern Sie Ihre Lebensgewohnheiten umstellen. Beugen Sie vor, indem Sie Übergewicht vermeiden, sich bewegen und Alkohol nur hin und wieder trinken.
Viren können ebenfalls eine Leberentzündung auslösen. Hepatitis-A-Erreger werden meist durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen oder durch Lebensmittel, die damit gewaschen wurden. Bemerkbar macht sich die Erkrankung nach bis zu vier Wochen durch Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit oder Übelkeit. Mit einer Impfung können Sie sich schützen.
Eine Ansteckung mit Hepatitis B erfolgt oft über Sexualkontakte oder infiziertes Blut. Die Krankheit kann chronisch verlaufen und Ihre Leber nachhaltig schädigen. Eine Impfung ist auch sinnvoll, wenn Sie in südliche oder tropische Länder reisen.
Der Darm
Bereitet Ihnen der Verzehr bestimmter Lebensmittel Probleme? Dahinter könnte eine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit stecken. Bei einer Laktose intoleranz kann der Körper den in Milch und Milchprodukten enthaltenen Zucker, die Laktose, nicht aufspalten, weil es ihm am Enzym Laktase mangelt. Unverdauter Milchzucker lässt dann im Dickdarm Gase entstehen: Blähungen, Durchfälle oder krampfartige Bauchschmerzen sind die Folge.
Ähnliches passiert bei der Fruktose-Intoleranz. In diesem Fall verträgt der Körper Fruchtzucker aus Obst, Fruchtsäften, Limonaden oder Süßigkeiten nicht. Regina Poerksen aus Bremen kann ein Lied davon singen.
Vor etwa sechs Jahren litt sie immer häufiger unter Durchfall, Blähungen und Bauchkrämpfen. Zunächst bekämpfte sie ihre Beschwerden mit krampf- und schmerzhemmenden Tabletten. Schließlich aber führte ein Gastroenterologe einen Atemtest durch. Die Diagnose: Laktose- und Fruktose-Intoleranz.
Seither verwendet die heute 75-Jährige laktosefreie Milch und Milchprodukte und nimmt Laktasetabletten ein, die das fehlende Enzym ersetzen.
Zusätzlich meidet sie fruchtzuckerreiche Obstsorten wie Weintrauben.
„Damit komme ich ganz gut zurecht”, erzählt die Rentnerin.
Schmerzen, vor allem im linken Unterbauch, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung und Fieber sind typische Beschwerden einer Divertikulitis.
Diese entsteht, wenn sich Ausstülpungen der Darmwand, sogenannte Divertikel, entzünden.
Betroffen sind vor allem ältere Menschen.
Je nach Schweregrad kommen zur Behandlung Pulver aus Flohsamenschalen, Antibiotika oder bei Komplikationen sogar die operative Entfernung des betroffenen Darm abschnitts infrage. Beugen Sie dem Leiden vor, indem Sie durch Bewegung, den Verzehr von reichlich Ballaststoffen und Flüssigkeit für geschmeidigen Stuhl sorgen.
Darüber hinaus kann regelmäßige Darmkrebs-Vorsorge lebensrettend sein. Symptome wie Leistungsminderung, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber oder Nachtschweiß zeigen sich häufig erst spät.
„Nutzen Sie deshalb die Vorsorgeuntersuchungen, die von Ihrer Krankenkasse bezahlt werden”, rät Gastroenterologin Dr. Dagmar Mainz. „70 bis 80 Prozent der Darmtumore entstehen aus gutartigen Vorstufen, den Polypen. Erkennt man diese bei der Vorsorge und entfernt die Polypen, können sie Ihnen nicht mehr gefährlich werden.”
Tag für Tag
Wenn wir das Leben beginnen, erhält jeder von uns einen Marmorblock und die nötigen Werkzeuge, um diesen Block zu bearbeiten. Wir können ihn unser ganzes Leben lang unbehauen herumschleppen. Wir können ihn zu Kieseln verarbeiten. Oder wir können diesem Marmorblock eine herrliche Form geben.
RICHARD BACH, US-AMERIKAN. SCHRIFTSTELLER