1 Einleitung
Mit Grund und Boden (im Sinne der Flächeninanspruchnahme) soll gemäß § 1a Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) sparsam und schonend umgegangen werden. Auch der Vermeidung und dem Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs-und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) ist entsprechendes Augenmerk zu widmen (§ 1a Abs. 3 BauGB). Ebenso soll den „Erfordernissen des Klimaschutzes […] sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden“ (§ 1a Abs. 5 BauGB). Hierbei kommt der Bauleitplanung (Flächennutzungs-sowie Bebauungsplanung) entsprechend §§ 1 ff. BauGB eine Schlüsselfunktion zu. Zur Bauleitplanung komplementär ist die Landschaftsplanung, die gemäß §§ 8 ff. BNatSchG als Rechtsinstitut und Planungsinstrument zur Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege rahmengesetzlich verankert ist.
Gerade die Ressource Land wird durch die Gesellschaft überwiegend nur flächennutzungsbezogen interpretiert. Der Nutzen oder Wert im Sinne des Gemeinwohls bildet sich deshalb nicht oder nur unvollständig in der ökonomischen Bewertung ab. Der Marktpreis für Grund und Boden ist auf die potenzielle Nutzbarkeit ausgerichtet und bestimmt sich über Angebot und Nachfrage. Der Widerspruch zwischen der ökonomischen Bewertung handelbarer Nutzungsaspekte und der normativen Regelung zur Sicherung nicht handelbarer Funktionen für das Gemeinwohl kann über eine einheitliche Bewertung mithilfe des Konzepts der Ökosystemleistungen (ÖSL) gelöst werden. „Ökosystemleistungen bezeichnen […] direkte und indirekte Beiträge von Ökosystemen zum menschlichen Wohlergehen, das heißt Leistungen und Güter, die dem Menschen einen direkten oder indirekten wirtschaftlichen, materiellen, gesundheitlichen oder psychischen Nutzen bringen“ (TEEB DE 2015).
Die Europäische Kommission (European Commission – EC) setzt in Bezug auf Ökosystemleistungen insbesondere auf das Konzept der „Grünen Infrastruktur“ (GI). GI bildet „ein strategisch geplantes Netzwerk grüner (Land) und blauer (Wasser) Räume, das zwar eine breite Palette von Ökosystemleistungen erbringt, aber auch dazu beiträgt, dass die biologische Vielfalt die Gesundheit der Öko- systeme wiederherstellt, erhält oder verbessert, dass die natürlichen Gebiete miteinander verbunden bleiben und dass die Arten in ihrem gesamten natürlichen Lebensraum gedeihen können. GI trägt auch dazu bei, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern“ (EC 2019, ins Deutsche übersetzt). In einer Grundlagenstudie der EC werden im Hinblick auf die Verbindung von GI/ÖSL und Raumplanung wesentliche Notwendigkeiten und Herausforderungen gesehen, insbesondere auch im Hinblick auf den Einsatz „georäumlicher Methoden“ (Estreguil et al. 2019).
In Deutschland kommt dem Flächennutzungsplan (FNP) zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen eine hohe Bedeutung zu. Als rechtliche und begriffliche Kategorie bildet der FNP einen vorbereitenden und damit strategischen Bauleitplan für die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in einer Gemeinde (§ 1 Abs. 1, 2 BauGB). Es bietet sich geradezu an, die Stärken von Bauleit-und Landschaftsplanung und des ÖSL-Ansatzes zu bündeln, auf das Potenzial im Sinne des Zusammenführens der methodisch unterschiedlichen Ansätze zu setzen und damit einen praktikablen und konsistenten Beitrag für eine nachhaltige Planungskultur und das menschliche Wohlergehen zu leisten (von Haaren et al. 2019). Geneletti et al. (2020) weisen auf die Vorteile einer Einbeziehung von ÖSL für die Entwicklung nachhaltigerer und widerstandsfähigerer Städte hin.
Das gesellschaftliche Bedürfnis, den ÖSL-Ansatz in die Landschaftsplanung zu integrieren, zeigen auch Online-Befragungen auf (Szücs et al. 2019). Allerdings mangelt es nach wie vor an wissenschaftlichen und praktischen Konzepten zur Integration des ÖSL-Ansatzes in die Raumordnungspolitik und die Raumplanung (Geneletti 2011, von Haaren et al. 2019, Zoppi 2020). Gleichwohl bestimmt das ÖSL-Konzept in den letzten Jahren zunehmend die Debatte im Sinne eines nachhaltigen Landnutzungsmanagements und entsprechender Kartieraktivitäten (Wolff et al. 2015). Der notwendige Beitrag unterschiedlicher wissenschaftlicher Teildisziplinen ist hierbei zu betonen (Grunewald & Bastian 2010), weil die hohe Komplexität eine (zwischenzeitliche) Zerlegung in Teilzusammenhänge und die Anwendung adäquater Methoden zwingend erfordert (vergleiche hierzu bereits Neef 1967).
Das grundsätzlich mögliche Herangehen und die Integration des ÖSL-Ansatzes als Basis einer nachhaltigen urbanen und periurbanen Entwicklung verdeutlicht Abb. 1. So wird anschaulich, dass neben den „konventionellen“ gesetzlichen Normativen eine Bewertung der ÖSL einen zweiten, ergänzenden Weg bietet, welcher innerhalb des gesetzlichen Rahmens nützliche Zusatzinformationen zu einer Abwägung zwischen Handlungsoptionen bereitstellen kann (Albert et al. 2017). Insofern kann eine Erfassung und Bewertung von ÖSL auch eine Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ermöglichen (Sustainable Development Goals, UN 2020).
Der nachfolgende Beitrag soll zeigen, dass für die praktische Planungstätigkeit in den Gemeinden, aber auch auf der Ebene übergeordneter Planung (Landkreise, Raumordnung) ein ÖSL-basiertes und GIS-gestütztes Entscheidungs-Unterstützung-System (GIS-EUS) entwickelt werden konnte, das trotz hohem fachlichem Anspruch und großer Komplexität einfach anwendbar und inhaltlich nachvollziehbar ist. Für den gesamten Stadt-Umland-Raum Rostock wurde das GIS-EUS sowohl für die örtliche als auch für eine regions-und sektorenübergreifende Planung auf der Basis topischer Elementarflächen aufgebaut. Horizontale Verflechtungen werden systemhaft als hydrologische Systeme/Einzugsgebiete eingeprägt. Neben den spezifizierten Flächentypen beinhaltet das GIS auch relevante Infrastrukturen und zugeordnete Massenflüsse (Trink-/Abwasser, Abfall, Verkehr, Strom, Gas; siehe hierzu etwa Schilling & Tränckner 2020, Vettermann et al. 2020). Weitere raumplanerisch relevante Informationen werden vorgehalten.
Für die praktische/planerische Anwendung ist das GIS-EUS als zusätzliches Instrumentarium zu sehen. Ziele und Grundsätze der Raumordnung nach dem Raumordnungsgesetz (ROG) bleiben davon unberührt. Insofern sind weiterhin insbesondere die rechtlich bestimmten Raum-und Gebietskategorien wie Vorranggebiete (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 ROG), Vorbehaltsgebiete (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 ROG) und Eignungsgebiete (§ 8 Abs. 7 Nr. 3 f. ROG) in ihrer konkreten räumlichen Bestimmtheit entsprechend LEP M-V (EM M-V 2016) beziehungsweise entsprechend des in Aufstellung befindlichen Raumentwicklungsprogramms Region Rostock (PV RR 2020) zu beachten.
2 Untersuchungs-und Projektraum
Hinsichtlich des Untersuchungs-und Projektraums sind als Raumebenen zu unterscheiden:
a) der aufgrund landschaftlicher Systembezüge abgegrenzte Analyseraum (Abb. 2) sowie
b) der raumordnerisch definierte Stadt-Umland-Raum der Region Rostock, der eigentliche Projektraum (Abb. 2 und 3).
Die Abgrenzung unter a) ist zum einen erforderlich, um sicherzustellen, dass landschaftliche Systeme in der landschaftsökologischen Analyse auf jeden Fall erhalten bleiben. Diese Konvention ist insbesondere im Grafik: Conny Mehl Hinblick auf den Wasser-und Stofffluss und damit oberirdische Gewässer-sowie Grundwassereinzugsgebiete relevant. Nur im Fall des Flussgebietes der Warnow erfolgte eine Art „Kappung“ südlich der Stadt Bützow, da sich die Warnow über vorhandene Pegel und Messstellen in ihrem Einfluss sowohl mengen-als auch güteseitig gut fassen lässt. Zum anderen wurde bei der räumlichen Abgrenzung auch berücksichtigt, dass relevante Abfallströme und insbesondere Wertstoffhöfe mit entsprechender Auswirkung auf das Projektgebiet erfasst werden (siehe unten). Von daher erfolgte eine Art Pufferbildung um das Projektgebiet. Der so ausgegrenzte Analyseraum umfasst 3.163 km² (circa 12 % der Landesfläche von Mecklenburg-Vorpommern).
Der eigentliche Projektraum entsprechend b) ist durch das Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern – LEP M-V (EM M-V 2016) als Stadt-Umland-Raum Rostock bestimmt; hiernach gehören dazu: 1. die Regiopole Rostock, 2. die direkten Umlandgemeinden mit einer gemeinsamen Gemeindegrenze mit Rostock und 3. sonstige Umlandgemeinden, die starke räumliche Verflechtungen zur Kernstadt aufweisen (suburbaner Charakter, Verflechtungen über Berufspendler sowie Entwicklung als Gewerbe-und/oder Wohnbaulandstandorte). Dieses Projektgebiet umfasst die Hanse-und Universitätsstadt Rostock sowie 16 Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes mit circa 253.000 Einwohnern auf einer Fläche von etwa 547 km². Dies entspricht lediglich rund 2 % der Fläche, aber knapp 16 % der Einwohner des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern (LAIV M-V 2020).
Im Stadt-Umland-Raum Rostock werden die zunehmende bauliche Verdichtung und die Erschließung neuer Flächen zum Problem für die Natur sowie auch für die derzeitige verkehrs-und leitungsgebundene Infrastruktur. Gemeindeübergreifende und im Sinne der oben skizzierten Nachhaltigkeitsgrundsätze konzipierte Lösungsansätze sind demnach angezeigt.
Stadt-Umland-Räume wie der von Rostock unterliegen in ihrer anthropogenen Prägung grundsätzlich einem räumlichen Gradienten Stadt – Umland – ländlicher Raum. Folglich sind solche Räume grundsätzlich durch eine räumlich-funktionale Überlagerung und größtenteils gegenseitige Abhängigkeit von urbanen und ländlichen ÖSL gekennzeichnet (Haase et al. 2014).
3 Lösungsansatz und Grundlagen
3.1 Konzeptionelle Grundlagen
Als anthropozentrisches Konzept können ÖSL sowohl als Werte im Sinne der Bedeutung und Wichtigkeit der Natur betrachtet als auch in vielen Fällen in Geldeinheiten ausgedrückt werden. Ein ökonomischer Wert spiegelt am Ende immer die Nachfrage nach ÖSL wider (TEEB DE 2016), da diese eine Voraussetzung für die Erzielung eines Nutzens darstellt. Die Nachfrage kann dabei aus dem realen Konsum oder der tatsächlichen Nutzung eines Gutes oder einer Leistung bestehen, oder aber drückt sich in einer Wertschätzung für Umweltgüter oder -leistungen aus, beispielsweise um diese für künftige Generationen zu erhalten, ohne sie aber selber zu nutzen.
Der monetäre Wert eines Nutzens wird in Form der individuellen maximalen Zahlungsbereitschaft für eine Verbesserung oder aber der minimalen Entschädigungsforderung für eine Verschlechterung gemessen (Dehnhardt et al. 2016). Deshalb finden nicht nur materielle Werte Berücksichtigung, sondern alle Werte, die zum menschlichen Wohlergehen beitragen. Hierfür steht der Begriff des „ökonomischen Gesamtwertes“ (Randall 1987), der nutzungsabhängige und nicht-nutzungsabhängige Werte zusammenfasst.
Ausgangspunkt für eine Operationalisierung des ÖSL-Konzepts für Bewertungsfragen bildet die Wirkungskaskade von natürlichen Strukturen und Prozessen, ökologischen Funktionen, Ökosystemleistungen und menschlichem Wohlbefinden oder Nutzen (de Groot et al. 2010). Generelles Ziel des ÖSL-Konzeptes ist die Integration der gesamtökonomischen Betrachtung in die Entscheidungsprozesse.
ÖSL sind begrifflich zwar in der aktuellen Diskussion deutlich vom Blickwinkel der Umweltökonomie (mit-)geprägt, stehen aber vor allem im Hinblick auf die Analyse von landschaftlichen Funktionen und Prozessen sowie auch im Hinblick auf gesamtvolkswirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Nutzen in einer Reihe mit älteren, geografisch und landschaftsökologisch ausgerichteten Arbeiten in Deutschland:
▶ Aspekte eines gebietswirtschaftlichen Potenzials (Neef 1966) sowie von Nebenwirkungen der gesellschaftlichen Tätigkeiten im Naturraum (Neef 1976),
▶ Funktionsleistungsgrade von Landschaftselementen (Niemann 1977),
▶ Naturraumpotenziale: Biotisches Ertragspotenzial, Wasserpotenzial, Entsorgungspotenzial, Biotisches Regulationspotenzial, Geoenergetisches Potenzial, Bebauungspotenzial, Rekreationspotenzial (Haase 1978, 1991, Mannsfeld 1978),
▶ Messung der Leistung sowie Möglichkeiten der Leistungssteigerung und Potenzialerhöhung von Geosystemen und der optimalen Nutzung natürlicher Prozessabläufe für bestimmte gesellschaftliche Nutzungsziele (Neumeister 1978, 1979),
▶ Naturraumerkundung und Landnutzungsgrundlagen (Haase 1991, Kopp et al. 1982)
▶ Umweltfunktionen im Umweltgutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU 1987),
▶ Landschaftsökosystem mit den Kompartimenten Geo-und Biosystem (Leser 1991),
▶ Leistungsvermögen des Landschaftshaushaltes mit entsprechenden Funktionen und
Potenzialen (Analyse-und Bewertungsanleitung des Zentralausschusses für deutsche Landeskunde, Marks et al. 1992).
Es erscheint daher auch als praktikabel, zur Bestimmung der ÖSL auf geeignete Naturraumpotenziale sowie Elemente des Landschaftshaushalts beziehungsweise Landschaftsfunktionen mit hoher arealer Bindung im Sinne einer „Gebrauchseigenschaft der Landschaft“ (Hartsch & Sandner 1991) zu setzen und Methoden der oben genannten „Naturraum-und Landschaftsforschung“ einzubeziehen, wobei auf die heutigen GIS-Möglichkeiten abgestellt werden kann.
Bei den ÖSL unterscheidet man neben den Basisleistungen oder aufbauend auf ihnen mittlerweile vier Hauptgruppen (TEEB DE 2015):
(1) Versorgungsleistungen, etwa Bereitstellung von Gütern wie Trink-und Brauchwasser, Nahrung, Rohstoffe;
(2) regulative Leistungen, etwa Selbstreinigung, Abführung von Hochwasser (Minderung von Naturgefahren/Hochwasserschutz), Klimaregulation;
(3) kulturelle Leistungen im Sinne von Landschaftsbild, Spiritualität und Inspiration, Erholungs-sowie Bildungsmöglichkeiten und
(4) abiotische Leistungen insbesondere im Sinne regenerativer Energie (Sonne, Wind, geothermische Energie, Wasserkraft usw.).
3.2 Qualitative und ökonomische Bewertung
ÖSL können gemäß dem anthropozentrischen Ansatz als Werte im Sinne der Bedeutung und Wichtigkeit der Natur aufgefasst werden. Man kann es daher so gestalten oder operationalisieren, dass ÖSL zunächst quantitativ erfasst werden und dann auf dieser Grundlage, etwa nach Wertstufen oder Skalen, qualitativ bewertet werden. Bewährt haben sich mehrstufige Ordinalskalen (Ordnung, bestimmte Rangfolge) (zum Beispiel Haase 1991, Marks et al. 1992). Falls Daten und/oder Methoden fehlen, um ÖSL zu quantifizieren, oder sie sich aufgrund ihres Charakters einer direkten Quantifizierungsmöglichkeit entziehen, kann ersatzweise auch auf qualitative Abschätzung gesetzt werden, etwa mittels Expertenbewertung auf Grundlage von Fachkenntnissen/-wissen, Sachkunde und praktischen Erfahrungen. Bei der qualitativen Bewertung im GIS-EUS wird einheitlich das Dargebot an ÖSL bewertet; die reale Nachfrage wird vernachlässigt.
Um gerade regulative ÖSL bei differierenden Systemgrößen (vor allem im Hinblick auf die Flächengröße) untereinander vergleichbar zu machen, werden bei den zunächst durchzuführenden quantitativen Ermittlungen möglichst flächennormierte Werte verwendet (Leistung je Flächeneinheit). Für eine qualitative, ordinalskalierte Bewertung der Ökosystemleistungen im Hinblick auf die Flächennutzungsplanung und die diesbezügliche Auswirkungsprognose wird auf der Basis einer linearen Skalierung zwischen 0 und 100 % bereitgestellter ÖSL bei sechs Klassen agiert (Tab. 1). Inhaltlich entspricht dies der sechsstufigen Skala von Burkhard & Maes (2017) oder des aktuellen EU-Leifadens zur Bewertung von Ökosystemleistungen in EU-Life-Projekten (https://ec.europa.eu/environment/archives/life/toolkit/pmtools/ life2014_2020/documents/life_ecosystem_ services_guidance.pdf, abgerufen am 07.03. 2022).
Das Maximum an ÖSL (100 % Leistung) wird nach dem Ansatz unter der Maßgabe abgeleitet (berechnet oder abgeschätzt), dass es sich um „die im betreffenden Gebiet beste Ausprägung“ (Hartsch & Sandner 1991) handelt. Ergänzend sollen im GIS-EUS auch ökonomische Bewertungsmethoden angewandt werden. Auf die ökonomische Bewertung wird hier nicht näher eingegangen, da dieser Projektteil von Projektpartnern bearbeitet wird; eine Integration in das GIS-EUS ist vorgesehen und in Bearbeitung.
Zur Bewertung der Effekte von Veränderungen zwischen Ist-oder Ausgangszustand und Planzustand wird einheitlich der Zustand 20 Jahre nach Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen angesetzt. Damit wird vor allem dem Umstand Rechnung getragen, dass in Ökosystemen eine gewisse Entwicklungszeit (Prozesse) und Entwicklungsreife (Strukturen) erforderlich sind, um die jeweiligen Ökosystemfunktionen erfüllen und auf dieser Grundlage die Ökosystemleistungen bereitstellen zu können (vergleiche etwa Effkte von Auenrenaturierungen nach 20 Jahren bei Steenken et al. 2021). Der Ist-oder Ausgangszustand wird dagegen pragmatisch als derjenige zeitliche Zustand interpretiert, der die jüngsten und fachlich-qualitativ hochwertigsten Fach-oder Geodaten repräsentiert.
3.3 Raster-und Systemanalysen
Zur primären Analyse der Landschaft im Hinblick auf den Ausgangszustand und die Veränderung von Ökosystemen wird auf einen rasterbasierten Ansatz gesetzt. Als guter Kompromiss zwischen Auflösung/Maßstab der eingesetzten Fach-/Geodaten und dem Bearbeitungsmaßstab eines FNP wird auf ein einheitliches Raster von 10 × 10 m gesetzt (der analoge Abbildungsmaßstab ist bei 1 mm kartografischer Genauigkeit folglich 1:10.000; werden inhomogene Einheiten erfasst, dann erhält die Rasterzelle vereinfachend den Eigenschaftswert nach dem höchsten Flächenteil). Für jede Rasterfläche kann somit der „Eigenwert“ bestimmt werden.
3.4 Softwareumsetzung, Tools und Funktionalitäten des GIS-EUS
Genutzt wurde das freie, nicht-kommerzielle Open-Source-GIS „QGIS“ (https://www.qgis. org/de/site/), um bei der praktischen Implementierung und Übertragung in die Praxis und die entsprechende Nachnutzung der Projektergebnisse keine Kompatibilitätshürden zu bestehenden Systemen in der Verwaltung zu erzeugen und für beteiligte Praxispartner kein Kostenrisiko aufzubauen.
Tab. 1: Sechsstufige Skalierung bei der Bewertung der Ökosystemleistungen (erweitert nach Mehl et al. 2018, Podschun et al. 2018)
Das GIS-EUS-Tool ist in einer Client-Server-Architektur aufgebaut. Nutzer können es ohne eigene Installation direkt im eigenen Webbrowser ausführen. Dabei wird auf ein mehrschichtiges System zugegriffen, dessen Ebenen Authentifizierung, Webapplikation, Geoprozessing und Datenhaltung getrennt voneinander managen. Alle verwendeten Serverpakete sind quelloffen und können frei installiert und genutzt werden (Abb. 5, Details bei Hoffmann et al. 2021).
An Tools und Funktionalitäten bietet das GIS-EUS insbesondere (Abb. A1, im Online-Supplement zu diesem Beitrag unter Webcode NuL2231):
▶ Hintergrundkarten und Luftbilder in verschiedenen Maßstäben,
▶ Importfunktion für digitale FNP,
▶ zeichnerische Darstellungs-sowie Sachattributierungsmöglichkeiten zur Eigendarstellung, wie etwa Flächenkulissen mit bestimmten FNP-Eigenschaften,
▶ ÖSL-Bewertungen für Ist-Zustand und Zielzustand (Karten, Diagramme, Daten, ökonomische Werte in €),
▶ Exportfunktion (GIS-Daten, Karten, Diagramme, Daten usw.),
▶ Zusatzinformationen (auch Warnhinweise, zum Teil erst in Planung):
▶ Trinkwasserschutzgebiete und naturgeschützte Flächen,
▶ Hochwasserschutz: Vorhandene hydraulische Kapazität von Fließgewässern (bordvoller Abfluss), Lage in Bezug auf Abflussbahnen und Senken.
3.5 Auswahl der Ökosystemleistungen, Indikatoren und Methoden, Datengrundlagen
Es existieren unzählige Systematiken und Methoden zur Erfassung und Bewertung von ÖSL (zum Beispiel Albert et al. 2015), orientiert an der Kategorisierung der ÖSL der Common International Classification of Ecosystem Services (CICES, Haines-Young & Potschin 2013; zur neuesten CICES-Version siehe Haines-Young & Potschin 2018). Für eine Auswahl der ÖSL als Grundlage eines regionalen GIS-EUS waren als Voraussetzungen vor allem zu diskutieren und letztlich maßgebend:
▶ die Kohärenz zu den gebräuchlichen Systematiken und zur ÖSL-Auswahl in Wissenschaft und Praxis,