... gestorben. Abgesehen von menschlichen Tragödien, Verlusten, Elend und Leid sind die wirtschaftlichen Folgen überhaupt noch nicht abzusehen. Zahllose Kleinstunternehmer, Selbstständige, mittlere Firmen, welche einen Großteil der Hanfbranche ausmachen, stehen schon wenige Wochen nach Beginn der Krise vor dem Ruin
Welche Auswirkungen die Kettenreaktion von Pleiten haben wird, ist heute noch gar nicht abzuschätzen. Aber auch die Großen müssen bluten. Was an der Börse passiert ist, wird von manchen Managern und Finanzexperten als „Blutbad“ bezeichnet. War es um Cannabisaktien schon vor der Krise nicht gerade gut bestellt, sind diese zum Teil ins wirklich Bodenlose gestürzt. Eine Firma, deren Wertpapier vor einigen Monaten noch bei 180 Dollar lag, zeichnete vor Kurzem noch gute 2,50 Dollar. Hoffentlich nicht Anlass für den einen oder anderen Investor, den Hanfstrick zu nehmen
Geld ist in den Unternehmen nämlich zweifelsohne vorhanden. Das zeigt die unglaubliche Anzeigenmenge, mit denen medizinische Fachzeitschriften im wahrsten Sinne des Wortes geflutet werden und hierbei ist nicht das ressourcensparende „Eb and Flow“-System gemeint
Im eher als konservativ einzustufenden und wirklich seriösen Deutschen Ärzteblatt im Heft 13 vom März 2020 gibt es eine ganzseitige Anzeige für ein Cannabis-Vollextrakt. Beworben mit dem Alleinstellungsmerkmal „Der erste erstattbare CBD-Vollextrakt“. Weitere angepriesene Vorteile diese Produkts: „volles Cannabis-Spektrum“ und „volle Lieferfähigkeit“. Die Lieferfähigkeit stellt gerade bei den Cannabisblüten ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Schon in Zeiten vor der Krise waren viele Apotheken nicht in der Lage, die Blüten überhaupt zu liefern, andere hatten einen stattlichen Vorrat im Keller. Die gleiche Anzeige für das beschriebene Medikament findet sich sogar im DIN-A3-Format im Medical Tribune. Ebenfalls ein medizinisches Massenblatt. Dort findet sich in der Folgeausgabe rein zufällig ein ebenfalls DIN-A3-seitiger Artikel, in welchem besagtes Medikament abgebildet ist und anscheinend ein aktuelles Forschungsergebnis verkündet werden soll. Dass es sich dabei lediglich um eine als unabhängiger Artikel verschleierte Werbeanzeige handelt, fällt dem ein oder anderen ungeübten Leser vielleicht auf den ersten Blick nicht auf.
Inhaltlich muss der Bericht deswegen nicht unbedingt falsch sein. Trotzdem hat es ein „Geschmäckle“, wie in Schwaben gesagt wird. Behauptet wird, dass sogenannte Vollextrakte die Therapiemöglichkeiten bei rheumatoider Arthritis sinnvoll erweitern können. Hier treffen wir wieder mal auf altbekannte Sprechblasen, aber der Hintergrund ist ernst. Die rheumatoide Arthritis ist eine wohlbekannte, an sich gut erforschte, aber oft auch schwer zu behandelnde Erkrankung, die zudem auch noch recht häufig vorkommt. Das Problem bei dieser Erkrankung ist leider der teilweise Misserfolg durch bekannte, zur Verfügung stehende Mittel wie Methotrexat und verschiedene Biologika sowie die lange Liste der möglichen Nebenwirkungen.
Die rheumatoide Arthritis ist weit verbreitet und führt über die Jahre zu einer Zerstörung der Gelenke, wobei die Betroffenen einen beträchtlichen Verlust der Lebensqualität durch schwere Einschränkungen im täglichen Leben sowie starke Schmerzen erfahren. Im weitesten Sinne gilt diese Form der Arthritis als eine Autoimmunerkrankung, wobei sie immer noch nicht vollständig erforscht ist, was die Behandlung nicht gerade erleichtert. Hier wird Cannabis wie bei vielen anderen Erkrankungen als Schmerzmittel, aber auch als Entzündungshemmer ins Spiel gebracht
Dem THC wird die vornehmlich schmerzstillende Wirkung zugeschrieben, dem CBD die entzündungshemmende Wirkung. Dazu gab es bereits im Jahr 2006 eine Studie, die speziell die Wirkung bei diesen Patienten durch einen Cannabis-Vollextrakt untersuchte. Die Nebenwirkungen waren, wie zu erwarten stand, geringer als bei den konventionellen Mitteln, Schlafqualität und die Verringerung des Bewegungsschmerzes dagegen gesteigert. Der beworbene Vollextrakt beinhaltet neben 50 % THC und 50 % CBD weitere Stoffe der Cannabispflanze wie die Terpene Myrcen und Beta-Caryophyllen, denen eine schlaffördernde und antidepressive Eigenschaft nachgesagt wird.
Der Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie wird von Anfang an heiß diskutiert, befeuert durch Werbegelder und verschiedene Meinungen von Fachgesellschaften. Gerade bei neuropathischen Schmerzen wird und wurde der Einsatz von Cannabinoiden immer wieder thematisiert. Wobei in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie der Einsatz von Cannabinoiden erst beim Versagen anderer Schmerztherapien im Rahmen eines multimodalen Schmerzkonzeptes erwogen werden sollte
Auch die Neuorologen wollen beide Komponenten in den entsprechenden Medikamenten haben, also sowohl THC als auch CBD. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit wird hier auf den Einsatz von Spray gedrängt, dort die monatlichen Therapiekosten nur bei 253 Euro im Gegensatz zu 1800 Euro im Monat bei Cannabisblüten lägen. Dazu liegen verschiedene Berechnungsbeispiele vor. Zum Teil wird auch auf die täglichen Kosten geschaut.
Cannabinoide werden mittlerweile immer als Option gesehen, international allerdings unterschiedlich bewertet. So werden in den kanadischen Leitlinien medizinische Cannabinoide bereits an dritter Stelle beim Einsatz gegen neuropathische Schmerzen genannt. Dass Patienten zwingend „austherapiert“ sein müssen, ist auf jeden Fall schon lange vom Tisch.
Für alle chronischen Schmerzpatienten, wie etwa bei Tumorschmerz oder nicht-neuropathischem Nicht-Tumorschmerz, sollte medizinisches Cannabis als individueller Heilversuch angesehen werden. Patienten sollten im Übrigen unter diesem Medikament erst dann Auto fahren, wenn eine stabile Dosiseinstellung über eine Woche besteht und der Patient keinen spürbaren Einfluss auf die Einschränkung seiner Fahreignung durch Cannabinoide verspürt. Im Großen und Ganzen wird die Anwendung der verschiedenen Präparate jedoch wohl durch die Kostenfrage geregelt werden. Welche Firmen nach dem „wirtschaftlichen Blutbad“ nach der Krise überhaupt noch handlungsfähig sind wird sich zeigen. Bleiben sie gesund!
Die Ereignisse haben sich im wahrsten Sinne des Wortes überschlagen. Mittlerweile befinden wir uns in der Phase der Rückkehr zu einem halbwegs normalen Leben. Viele Geschäfte, auch Headshops, sind wieder geöffnet. Ähnlich wie in der Pandemielage gibt es auch zum Thema Cannabis täglich Meldungen, mit denen man nicht gerechnet hätte. So berichtet die Medical Tribune in ihrer Aprilausgabe, aufgemacht mit einer großen Schlagzeile „Das Projekt ist gescheitert, die Studienlage miserabel“ darüber, dass Cannabis in den Niederlanden nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt wird. Dort wurde die Erlaubnis, die Pflanze zum medizinischen Einsatz zu bringen, bereits vor 22 Jahren erteilt und gilt heute als gescheitert. Warten wir ab, was das für die deutsche Gesetzesvorlage, die nach dem Vorbild der Niederlande entstand, bedeutet. Mehr dazu im nächsten Heft. In der grow! seid ihr immer am Puls der Zeit.
Dr. M. Arndt - michael.arndt@praxis-dr-arndt