Sie sind sich ähnlich und doch vollkommen unterschiedlich: die queeren Orte Ludwig und Barbiche, die jeweils als Bar, Galerie und Veranstaltungsort fungierten. Eröffnet 2016 (Ludwig) und 2017 (Barbiche), bereicherten sie für eine kurze, intensive Zeit das queere Berliner Leben durch ihre inspirierende Präsenz. In diesem Sommer verliert die Community beide Räume für immer.
Den Anfang machte Lena Braun, die bereits im Juli das Projekt Barbiche beendete. Freiwilligund selbstbestimmt: „Ich habe das Barbiche nicht aufgegeben, ich habe es zwei Jahre im Ehrenamt betrieben”, erklärt sie. „D er Art Space in der Potsdamer Straße wird von einem queeren Kuratorenteam weiterbetrieben, das vom Kultursenat gefördert wird. Das Barbiche heißt dann TV.” Lena selbst wird sich nun anderen kreativen Projekten zuwenden. „Mein Kapital sind eine persönliche Handschrift, Mut zum Crossover und die Fähigkeit, Glückshormone freizusetzen. Bislang wurde mein Engagement, in unserer Metropole aus eigener Kraft Kulturorte zu initiieren, noch nicht honoriert.”
Auch Ceven und Maurus Knowles, die Betreiber des Ludwig, das nun am 21. September seine Pforten schließt, wollen danach weiterhin kreativ präsent sein. „Wir beide wollen jeweils auf unsere Art der queeren Szene verbunden bleiben und Unfug machen-künstlerisch und politisch”, erzählt Ceven im Interview. Doch warum nicht mehr im Ludwig, das ein wichtiger queerer Ort für Kunst, Kommunikation, Party und Politik war und deshalb sogar kürzlich für den Magnus-Hirschfeld-Preis der SPD nominiert wurde? „Der Laden hat sich einfach nicht getragen. Wir haben kein Geld rausgezogen, sondern dreieinhalb Jahre lang weiteres Geld reingesteckt.” Die Gründe für die Schließung liegen also auf der Hand. „Wir müssen uns eines fragen: Was sind uns unsere Orte wert?”, resümiert Maurus. „Es braucht ein anderes Bewusstsein in der Community. Wenn man so furchtbar stolz ist auf ganz viele besondere und unterschiedliche queere Orte in Berlin, dann muss man sich fragen, ob 20 oder 40 Cent mehr für ein Bier wirklich ein Problem sind. Diese paar Cent mehr bieten aber erst die wirtschaftliche Substanz, die es braucht, um einen Ort wie Ludwig halten zu können.” Und merkt außerdem an: „Berlin hat eine unglaublich facettenreiche kulturelle und politische queere Szene. Das ist großartig, führt aber auch dazu, dass diese queere Szene unglaublich zerrissen und aufgespalten ist in etliche Kasten. Und zwar so erbittert, dass man sich nicht über den Weg laufen, nicht miteinander reden kann. In so einer luxuriösen Zersplitterung ist es irre schwer, einen Ort zu betreiben, dessen Programm die Diversität selbst ist.” Dennoch fällt das Fazit der beiden nicht bitter aus, wie Ceven betont: „Ich habe von Ludwig unheimlich viel gelernt und bin dadurch zu einem besseren Menschen geworden.” Die letzte große Party soll genau dem Rechnung tragen: „Dieser letzte Abend soll eine Einladung sein für jeden Menschen, der einmal hierhergekommen ist. Für jeden Menschen, mit dem wir mal zusammengearbeitet haben. Egal, ob das eine gute, neutrale oder nicht so gute Zusammenarbeit war. Lasst uns alle zusammen dieses Projekt zu einem guten Ende bringen. Lasst uns feiern, bis die Polizei kommt.”