ANGEKLAGT
Bernhard H. droht bei einer Verurteilung die Sicherheitsverwahrung
ÜBERLEBT
Maria (19) geht inzwischen wieder zur Schule
Als Bernhard H. (58) in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird, schützt er sein Gesicht mit einem leeren Aktenordner. Auf die Rückseite hat er ein Bild von einem Sonnenuntergang am Meer geklebt. Auf dem Foto bilden Finger ein Herz, durch das die untergehende Sonne zu sehen ist. Und dann sagt er mit Blick auf Maria (19), die als Nebenklägerin im Saal sitzt: „Ich weiß ja nicht, wie es mit Maria und mir weiter geht, aber meine Arme werden immer offen sein.“
Schwerer Missbrauch. Weiß er nicht, was er dem Mädchen angetan hat? Bernhard H. wird vorgeworfen, am 4. Mai 2013 die damals 13 Jahre Maria aus Freiburg entführt zu haben. Die beiden reisten zuerst nach Polen und von dort über die Slowakei nach Ungarn bis an die Südspitze von Italien. Doch im Prozess geht es nicht nur um Kindesentzug, sondern um schweren sexuellen Missbrauch. Der Anklage zufolge soll Bernhard H. Maria bis zu ihrem 15. Lebensjahr 108 Mal sexuell missbraucht haben. Doch der verheiratete Familienvater zeigt vor Gericht keinerlei Einsicht oder Reue.
Sie lebte ohne Kontakte und nur von Wasser und Brot
Wasser und Brot. Dabei leidet sein Opfer bis heute. Maria habe sich vorwiegend von Wasser und Brot ernährt, erzählt ihre Mutter vor Gericht. Sie leide noch immer unter Schlafstörungen und unter den Folgen der Mangelernährung. Die Mutter erklärt auch, warum ihre Tochter das Martyrium fünf lange Jahre ertragen hat. Bernhard H. habe im Umgang mit Maria eine Taktik aus Lügen und Manipulation verfolgt, sagt sie. Er habe sie von der Außenwelt isoliert und ihr eingeredet, dass nicht er, sondern sie selbst die Verantwortung dafür trage, dass sie beide 2013 aus Freiburg flüchten mussten. Später habe er ihr vorgemacht, dass die Polizei sofort ihren Aufenthaltsort wisse und ihn einsperren würde, wenn sie auch nur einen Zeitungsartikel im Internet anklicke.
Heimkehr. Am 31. 8. 2018 kam Maria wieder nach Hause. Einem TV-Sender erzählt sie später, sie habe zuvor heimlich im Internet ihren Namen gegoogelt und dabei überhaupt erst festgestellt, dass sie noch immer gesucht und von ihrer Mutter vermisst wird. Maria geht inzwischen wieder zur Schule. Sowohl sie, als auch ihre Mutter sind in therapeutischer Behandlung. Das Urteil gegen Bernhard H. wird Ende Juni erwartet. Marias Mutter sagt dazu: „Welche Strafe wäre gerecht? Es gibt keine.“
FÜNF VERLORENE JAHRE
Marias Mutter Monika suchte auf Facebook verzweifelt Hilfe bei der Suche nach ihrer verschwundenen Tochter. Auch in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY…“ wurde nach dem jungen Mädchen gefahndet.
Fotos: baden.fm (2), picture alliance (2), Polizei Freiburg