Angelika H. (62) stand in Magdeburg vor Gericht
Jahrelang kassierte sie seine Rente
DER PROZESS Vor dem Landgericht Magdeburg wurde die Tat verhandelt
VOR GERICHT Angelika H. mit ihrem Verteidiger. Sie hat bereits gestanden
UNSCHEINBAR UND RUHIG In Lila gekleidet und mit gefalteten Händen erschien die Angeklagte zum Prozess
HINTER ALTEN MAUERN … … spielte sich ein wahres Drama ab. Die Leiche vergrub die Täterin im Keller des Hauses
Sie wirkt so unscheinbar, wie sie da im Gerichtssaal sitzt: ungeschminkt, die blonden Haare glatt und halblang, ihr kurzärmeliges Tupfenkleid schmeichelt nur wenig ihrer rundlichen Figur. Was könnte Angelika H. (62) nur verbrochen haben, fragen sich viele unwillkürlich, die sie an diesem Morgen im Landgericht Magdeburg sehen. Doch tatsächlich geht es um den grausamen Tod eines Menschen …
Sie hatte angeblich große Angst vor ihrem Opfer
DER TATORT Im Städtchen Rieder im Harz geschah das grausame Verbrechen
Denn die Frau aus dem kleinen Ort Rieder im Harz (1 900 Einwohner) hat ihren Nachbarn erschlagen und im Keller vergraben. Weil sie seine Rente kassieren wollte? Etwas Unfassbares muss sich im Haus des Opfers vor vielen Jahren abgespielt haben. Laut Anklage ging Angelika H. mit einem Beil und einem Messer auf ihren Nachbarn Walter E. (damals 81) los und verletzte ihn so schwer, dass er starb. Seine Leiche begrub sie anschließend im Keller. Die Tat an sich hat Angelika H. bereits gestanden. Doch sie will aus Notwehr gehandelt haben, weil der alte Mann, um den sie sich vor seinem Tod nachbarschaftlich gekümmert hatte, sie bedrängt haben soll. Vor Gericht sagte sie, dass er ihr über den Oberschenkel streichelte, anzüglich wurde, sie nicht gehen lassen wollte.
Nicht vermisst Die Staatsanwaltschaft vermutet jedoch noch ein ganz anderes Motiv: Ließ Angelika H. die Leiche verschwinden, und vertuschte sie den Tod des Rentners, weil sie an sein Geld wollte? Mindestens elf Jahre soll Angelika H. die Rente des Nachbarn kassiert haben – immerhin fast 105 000 Euro. Denn erst im Oktober 2016 flog die Tat auf – weil die Rentenversicherung Walter E. nicht erreichen konnte, seine Krankenversicherung sich wunderte, warum der alte Mann nicht mehr zum Arzt ging. Im Keller seines Hauses fand die Polizei schließlich die restlichen Leichenteile des Mannes. In Rieder allerdings hatte Walter E. in all der Zeit niemand vermisst. An- gelika H. hatte erzählt, er sei zu seiner Tochter nach Staßfurt (Sachsen-Anhalt) gezogen. Wie nett, dachten sicher viele, dass die Nachbarin trotzdem seinen Schäferhund weiter versorgte. Doch Angelika H. tat noch mehr. Da sie eine Kontovollmacht hatte, holte sie regelmäßig die Rente ihres Opfers bei der Sparkasse ab – um damit ihre Spielsucht zu finanzieren.
Seine Rente gab sie für ihre Spielsucht aus
Tatzeitpunkt Am Ende des Prozesses urteilte die Schwurgerichtskammer überraschend milde. Das Verfahren wegen Totschlags wurde eingestellt. Das Gericht glaubte der Angeklagten, dass sie in einer Notwehrlage war, als sie zuerst mit einem Messer zustach, dann mit einem Beil gegen den Kopf des Mannes schlug. Für die Straftat der unterlassenen Hilfeleistung konnte Angelika H. nicht mehr belangt werden, sie ist verjährt. Für den fortgesetzten gewerbsmäßigen Betrug allerdings muss sie jetzt dreieinhalb Jahre ins Gefängnis
TV-Tipp
Der Enkeltrick Verbrechen am TelefonDO 3.10. 8.00 Uhr ZDF Info
Fotos: MDR (3), migibert/wolkenkratzer/wikimedia