... Heizenergie verloren.
Bis spätestens Ende 2015 müssen betroffene Eigentümer handeln, sonst droht ihnen im schlimmsten Fall ein Bußgeld. Bis zu 50.000 Euro sieht das ent sprech ende Gesetz vor. Solch strikte Vorgaben und Strafen sind eher ungewöhnlich, denn nur bei Maßnahmen, die in der Regel wirtschaftlich umzusetzen sind, nimmt der Staat Hauseigentümer tatsächlich in die Pflicht. Dazu gehört jetzt die Dämmung der obersten Geschossdecke, wenn das Dach selbst nicht gedämmt ist. Mit der seit Mai 2014 geltenden EnEV hat der Gesetzgeber hier die Schrauben angezogen, die Bestimmungen konkretisiert und die neue Frist gesetzt.
Ungewöhnlich ist das auch deshalb, weil der Staat sich mit konkreten Pflichten fürs Energiesparen meist zurückhält. Nur wenn sowieso saniert oder die Heizung ausgetauscht wird, gibt er sonst einen Rahmen vor. Den mü-sen Bauherren und Sanierer dann mindestens einhalten. Auch beim Neubau gibt es einen Mindeststandard, den die Energieeinsparver ord nung (EnEV) regelt.
Dämmung macht Sinn
Die neue Strenge bei der Forderung zur Dämmung wenigstens der obersten Ge schossdecke ist allerdings nachvollziehbar, denn mit kaum einer Maßnahme kann man so preiswert so viel Energiekosten sparen. Trotzdem müssen manche Hausbesitzer anscheinend zu ihrem Glück geschubst werden. Doch in Panik müssen sie nicht geraten, denn Papier ist geduldig und die Bestimmungen sind wie immer sehr komplex. Auch in der Vergangenheit wurde nichts so heiß gegessen, wie es die Autoren der Verordnung gekocht haben. Umsetzungsdefizit heißt das dann in der Sprache der Experten. Auch ist unklar, wer wie in der Praxis die Nachrüstpflicht kontrolliert.
Finanziell lohnt sich die Dämmung auf der Decke in vielen Fällen besonders, weil sie einfach und damit recht kostengünstig zu realisieren ist, relativ viel Heizenergie spart und so häufig bereits nach wenigen Jahren die Kosten wieder einspielt. Sollte das aus technischen Gründen nicht der Fall sein, können Hauseigentümer von der Pflicht entbunden werden. Und wer nicht gerade zwei linke Hände hat, kann die Dämmung auch selbst vornehmen. Denn diese wird häufig einfach auf den Fußboden des Dachbodens gelegt und mit Spanoder OSB-Platten, alternativ mit Gipsfaserplatten abgedeckt, wenn die Fläche begehbar sein soll. Viele Hersteller bieten dazu im Internet Verlege anleitungen und Datenblätter an. Trotzdem kann es sinnvoll sein, einen zugelassenen Energieberater oder Architekten zu Rate zu ziehen. Er kann einschätzen, welche Dämmstärken ratsam sind und wie man an staatliche Zuschüsse bekommt.
Auch bei Mietwohnungen kann ein Experte zur Klärung beitragen. Denn Mieter können ihren Vermieter mit guten Argumenten vielleicht eher für die Investition in Wärmedämmung überzeugen, als mit dem Hinweis auf das drohende Bußgeld. Zudem hält die Verordnung zahlreiche Ausnahmen bereit, die man kennen sollte. Zwar wurden die Bestimmungen gegenüber der EnEV aus dem Jahr 2009 konkreter gefasst, allgemein verständlich und übersichtlich sind die Details dadurch aber nur bedingt geworden.
Hier wollen wir abhelfen. Im Folgenden deshalb die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist die oberste Geschossdecke?
Das ist die Decke von beheizten Wohnräumen gegen einen unbeheizten Dachraum. Die Dämmpflicht greift, wenn das Dach selbst nicht gedämmt ist. Für die Dämmpflicht spielt es keine Rolle mehr, ob der Dachraum begehbar ist oder nicht.
Welche Gebäude sind betroff en?
In der Regel Gebäude, die vor 1969 gebaut wurden. Aber auch für ältere Gebäude gilt: Wurde die Decke oder das Dach mit mindestens vier Zentimetern Dämmstoff nachgerüstet, gilt die Anforderung als erfüllt. Ausschlaggebend ist der sogenannte Mindestwärme schutz nach DIN 4108, Teil 2 (siehe Kompakt S. 137). Nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und der Deutschen Energieagentur dena reicht der Wärmeschutz der meisten Holzbalkendecken, aber auch vieler massiver Decken, etwa aus Beton aus, wenn diese nach 1969 errichtet wurden. Die Verordnung ist also erfüllt, obwohl das Bauteil die heute geltenden Vorschriften nicht einhält. Im Zweifelsfall sollte ein Energieberater oder Architekt die Dämmeigenschaften nachrechnen. Gleichwohl lohnt sich eine zusätzliche Deckendämmung auch bei jüngeren Häusern (siehe unten). Denn durchschnittlich 20 bis 25 Prozent der Heizwärme gehen durch die Decke oder das Dach verloren.
Wie stark muss gedämmt werden?
Der Wärmedämmwert darf nach der Sanierung einen U-Wert von 0,24 W/(m² K) nicht übersteigen, was einer Dämmschicht von circa 14 bis 18 Zentimetern entspricht. Dämmt das Material besonders gut, reicht auch eine dünnere Schicht. Vor allem wenn das Dach kaum genutzt wird, können aber auch höhere Dämmstärken problemlos verlegt werden. Die Mehrkosten für den zusätzlichen Wärmeschutz fallen kaum ins Gewicht.
Dach oder Decke dämmen?
Alternativ kann man auch das Dach dämmen. Das macht Sinn, wenn der Raum irgendwann als Wohnung genutzt werden soll. Ist das nicht der Fall, ist eine Dämmung der Decke kostengünstiger.
Welche Ausnahmen gibt es?
Neben der genannten Anforderung des Mindestwärmeschutzes muss die Dämmmaßnahme wirtschaftlich sein. Außerdem gilt die Pflicht nicht für Einund Zweifamilienhäuser, die vom Eigentümer seit Januar 2002 oder früher bewohnt werden. Wird das Haus verkauft, haben die neuen Besitzer zwei Jahre Zeit, der Dämmpflicht nachzukommen.
Selten begangene Dachböden kann man auf den Laufwegen mit druckfesten Dämmplatten auslegen.
Foto: Knauf Insulation
Was kostet es und wann rentiert sich die Dämmung?
Exakte Aussagen sind nicht möglich, da jedes Gebäude eigene Voraussetzungen hat und individuell betrachtet werden muss. Zudem unterscheiden sich die Preise je nach Material und Stärke. Das hessische Umweltministerium nennt ein paar Richtwerte: Zirkapreise für eine begehbare, 20 Zentimeter dicke Dämmung zwischen 36 und 46 Euro pro Quadratmeter. Eine nicht begehbare Dämmschicht kostet etwa 24 bis 30 Euro pro Quadratmeter. Für eine Einblasdämmung mit 20 Zentimeter dicker Dämmschicht auf dem Dachboden wurden exemplarisch bei einem Reihenhaus Kosten von etwa 2.000 Euro für die Dämmung der obersten Geschossdecke ermittelt. Auch bei jüngeren Häusern aus den 1970er- und 1980er-Jahren, die ei-gentlich die DIN-Norm erfüllen und von der Dämmpflicht ausgenommen sind, lohnt sich eine Deckendämmung: Laut einer Untersuchung des Instituts Wohnen und Umwelt in Darmstadt für den Verband der privaten Bausparkassen kostet hier eine nicht begehbare Dämmung mit acht bis 13 Zentimeter Stärke, mit der ein U-Wert von 0,24 W(m²K) erreicht wird, zehn bis 17 Euro pro Quadratmeter. Ein Beispielhaus mit rund 140 Quadratmeter Deckenfläche bekommt demnach schon für zirka 1.700 Euro eine warme Mütze. Laut IWU spart das in diesem Fall im Schnitt 294 Euro pro Jahr an Heizkosten ein. Somit sind die Kosten bereits nach sechs Jahren wieder drin.
Spielt es eine Rolle, ob man auf der Dämmung laufen können muss?
Ja, in diesem Fall müssen Dämmplatten deutlich druckfester sein und mit Platten aus Holzwerkstoff oder Gipsfaser abgedeckt sein. Viele Hersteller bieten dazu fertig konfektionierte Produkte an, man kann die beiden Schichten aber auch getrennt verlegen. Muss nur hin und wieder der Schornsteinfeger auf den Dachboden, reichen entsprechend ausgestattete Laufwege oder bedingt begehbare Dämmstoffe aus.
Können Vermieter die Kosten auf die Mieter umlegen?
Ja. Nach Paragraf 555b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind Modernisierungs maßnahmen auch bauliche Veränderungen, die aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Da die Dämmung der obersten Geschossdecken durch gesetzliche Regelungen vorgegeben wird, zu denen auch die Energieeinsparverordnung gehört, kann der Vermieter also die Miete erhöhen. Paragraf § 559 Absatz 1 BGB bestimmt, dass ein Vermieter, der Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Vorschrift durchgeführt hat, die Jahresmiete um 11 Prozent der Modernisierungskosten erhöhen darf.
Kann ich eine Förderung bekommen?
Ja, neben lokalen oder regionalen Fördermöglichkeiten unterstützt die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW die Maßnahme. Entweder im Zuge einer Komplettsanierung zum Effizienzhaus, die mit Förderkrediten oder Zuschüssen unterstützt wird, oder als Einzelmaßnahme. Im letzteren Fall muss allerdings ein U-Wert von 0,14 W/(m²K) erreicht werden. Das bedeutet je nach Konstruktion der Decke und Material dann eine Dämmstärke von etwa 20 bis 30 Zentimetern. Als Belohnung gibt es 10 Prozent Zuschuss, maximal 5.000 Euro, www.kfw.de
Viele Dachböden sind so flach, dass man gerade mal kriechen kann. Was tun?
Hier kann die Dämmschicht von einem vom Dämmstoff-Hersteller geschulten Fachbetrieb aufgeblasen werden. Lieferbar sind zum Beispiel Flocken aus Mineralfaser. Alternativ kann man zum Beispiel Zellulose in die Zwischen räume einer Holzbalkendecke einblasen lassen. Vorher sollte man ausrechnen lassen, ob die Bestimmungen zum Wärmeschutz auch eingehalten werden.
Wie bekomme ich die Dämmmaterialien hoch ins Dachgeschoss?
Die Hersteller haben die Maße ihrer Dämmplatten so bemessen, dass diese auch durch enge Treppenhäuser und Bodentreppen passen. Zur Not muss man die Elemente allerdings einzeln hochtragen. Bei Einoder Aufblas dämmungen ist der Transport besonders einfach: Die Dämmung gelangt per Schlauch von einem Einblasgerät auf der Straße bis unters Dach.
Worauf muss man sonst noch achten?
Bevor gedämmt wird, muss bei Holzbalkendecken eine Dampfbremse vollflächig auf dem Dachboden verlegt und sorgfältig rundum befestigt und verklebt werden. An Fußpfetten und Wandanschlüssen wird ein Überstand gelassen und verklebt. Bei Betondecken ist das meistens nicht notwendig. Auch die Bodentreppe sollte gedämmt und auf dichte Anschlussfugen geachtet werden, damit warme und feuchte Luft aus den darunter liegenden Wohnräumen auch dort bleibt. Sonst drohen Schimmelbewuchs und Bauschäden.