... Mediziner jene Masse, die sich unbemerkt an wichtigen inneren Organen ablagert und Auslöser vieler Zivilisationsleiden ist. In ihrem neuen Buch „Unser Anti-Bauchfett-Programm“ (s. Buchtipp) machen die TV-Mediziner auf das Gesundheitsrisiko aufmerksam und zeigen, wie es sich vermeiden lässt.
BUCHTIPP
Die Ernährungs- Docs Unser Anti-Bauchfett- Programm ZS Verlag 176 S., 22,99 ¤
Auch wenn man es vielen Menschen nicht ansieht, inneres Bauchfett kann jeden betreffen – egal ob übergewichtig oder schlank. Denn während das direkt unter der Haut liegende subkutane Fett überall am Körper für Fülle sorgt, versteckt sich das viszerale in der Tiefe der Bauchhöhle.
Ähnlich schädlich wie das Rauchen
Lange dachten Forscher, das innere Fett schlummere dort träge und passiv vor sich hin. Heute weiß man: Im Gegensatz zu den Pölsterchen an Armen und Hüfte ist das Bauchfett äußerst aktiv. Es arbeitet an den inneren Organen wie eine Hormondrüse, die ständig entzündungsfördernde Botenstoffe in den ganzen Körper schickt. „Das Gesundheitsrisiko ist ähnlich hoch wie beim Rauchen“, warnen die Ernährungs- Docs. Gewebe kann geschädigt, hormonbedingte Abläufe, der Zucker- und der Fettstoffwechsel gestört werden.
Einige dieser schädlichen Botenstoffe schwächen etwa die Wirkung von Insulin. Die Blutzuckerwerte erhöhen sich. Folge: Die Bauchspeicheldrüse schüttet noch mehr von dem Hormon aus. Auf Dauer kann so Diabetes Typ 2 entstehen. Auch das Risiko für Alzheimer, Fettleber, die Lungenkrankheit COPD, Herz-Kreislauf- Erkrankungen und sogar für Krebs kann angesammeltes Viszeralfett erhöhen. „Das gilt vor allem für Krebsarten, die den Magen-Darm-Trakt betreffen, etwa Bauchspeicheldrüsen-, Speiseröhren-, Darmoder Leberkrebs“, betonen die TV-Ärzte. Sogar Arthrose wird begünstigt. Zwar ist Gelenkverschleiß zum großen Teil alters-bedingt, aber Knorpelabbau und Gelenkschmerzen sind oft die Folge von Entzündungen, die das Bauchfett befeuert.
Aber woher weiß man, ob Bauchfett bereits in gefährlichem Maß angesetzt hat? Übergewicht ist ein wichtiger Hinweis. Da aber oft auch schlanke Menschen darunter leiden, ist der Blick auf die Waage wenig aufschlussreich. Oft bringt auch der Body- Mass-Index keine Klarheit, denn der berücksichtigt wichtige Faktoren wie Muskelmasse und Fettverteilung nicht. Besser ist es, den Bauchumfang zu messen (siehe Kasten Seite 39). Auch die Körperstatur ist entlarvend: Bedenklich ist die sogenannte Apfelform, also: schlanke Beine, wenig Muskulatur, praller Bauch. Eine Figur, die vor allem Männer entwickeln. Frauen neigen eher zur Birnenform mit mehr Kilos an Po und Oberschenkeln. Bei Irmgard Leitinger ist der Hausarzt durch ihre Blutzuckerwerte stutzig geworden, die bereits leicht erhöht waren. Oft ein Warnsignal. Ähnlich wie erhöhter Blutdruck.
ERNÄHRUNG „Nicht weniger, aber anders essen“, so lautet das Anti-Bauchfett-Rezept. Sinnvoll ist die mediterrane Diät mit viel pflanzlicher Kost, gesunden Ölen und einem niedrigen Anteil an Kohlenhydraten
Fettreiche Kost ist selten das Problem
Eine Reihe von Faktoren begünstigt die Entstehung von Bauchfett. Vor allem ungesunde Ernährung: „Wir essen zu viel, zu oft – und leider häufig auch das Falsche“, mahnen die Docs. Auch Bewegungsmangel, Rauchen, Alkohol, Stress, bestimmte Medikamente und Darmerkrankungen können die Einlagerung von zu viel Fett gewebe im Bauchraum fördern. Zwar sind häufiger Männer die Leidtragenden, nach den Wechseljahren trifft es aber auch vermehrt Frauen. Alter und Gene verstärken zwar den Prozess. Dennoch kann man einiges gegen unerwünschte Kilos tun. Die richtige Ernährung ist die beste Methode. Mit einer schnellen Fett-wegDiät ist es nicht getan. Denn der berüchtigte Jo-Jo-Effekt verhindert den langfristigen Erfolg. Es geht auch nicht um ein Reduzieren der Essensrationen als FdH-Diät („Friss die Hälfte“). Vielmehr kommt es auf die passende Auswahl der Lebensmittel an, um eine dauer hafte Ernährungsumstellung zu erreichen. „Langzeitstudien haben gezeigt, dass die Mittelmeerdiät das viszerale Fett besonders effektiv bekämpft und dabei besser abschneidet als eine fettreduzierte Kost“, sagen die Ernährungs-Docs. Mediterrane Ernährung – das bedeutet vor allem viel saisonales Gemüse, Obst, gesundes Olivenöl, frische Kräuter, Nüsse und Fisch.
Gemüse als Hauptnahrungsmittel ist den Ernährungs-Docs zufolge ideal – mit Schwerpunkt auf Lauch- und Kohlgemüse. Dazu Pilze, Nüsse, Samen. Am besten 25 Sorten pro Woche und etwa 500 Gramm pro Tag. Um mit einem Irrtum aufzuräumen: Fettreiche Lebensmittel sind nicht per se das Problem. Ganz im Gegenteil. Pflanzenöle wie Lein-, Raps- oder Olivenöl („nativ extra“) machen sogar schlank, weil sich mit ihnen der Blutzuckerspiegel stabil halten lässt. Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren, wie sie in fetten Seefischen, Nüssen, Hanf-, Lein- und Algenöl enthalten sind, hemmen sogar jene durch das Bauchfett hervorgerufenen Entzündungen. Meiden sollte man allerdings so genannte Transfettsäuren, wie sie vor allem in frittierten Lebensmitteln wie Pommes frites und Chips sowie in zahlreichen Fertig gerichten vorkommen. Sie erhöhen nämlich den Gehalt des schlechten LDL-Cholesterins im Blut und führen dadurch zu gefährlichen Ablagerungen in den Gefäßwänden.
Auch Fruchtzucker ist bedenklich
Aktuelle Studien konnten zeigen, dass für Übergewicht vor allem Zucker und schnell verdauliche Kohlenhydrate verantwortlich sind – wesentlich mehr als das viel gescholtene Fett. Ein besonderes Problem ist versteckter Zucker, wie er oft in großen Mengen in Fertiggerichten oder Softdrinks enthalten ist. Neue Forschungen haben nachgewiesen, dass auch der einst als gesund geltende Fruchtzucker Bauchfett verursacht. Beim Obst sollte man daher besser auf fruchtzuckerarme Sorten zurückgreifen. Das sind zum Beispiel Beeren, säuerliche Äpfel, Wassermelonen, Papayas. Auch den Konsum von Alkohol sollte man möglichst reduzieren, denn die Leber baut diesen zu Fett um.
Kohlenhydrate nimmt man idealerweise vor allem in Form von Hülsenfrüchten wie Erbsen, Linsen oder Bohnen sowie Vollkornprodukten auf. Die enthaltenen Ballaststoffe stärken zudem den Darm. Hülsenfrüchte sind außerdem hervorragende Alternativen zu tierischen Eiweißquellen wie Eiern, Milchprodukten und magerem Geflügelfleisch.
Neben den richtigen Lebensmitteln entscheidet auch die Länge der Esspausen über dick oder dünn. Das sogenannte Intervallfasten hat sich daher als sinnvoll erwiesen. In der Umsetzung bedeutet das: 16 Stunden am Stück nichts essen. In den übrigen acht Stunden des Tages auf ausgewogene Ernährung achten. Nach etwa zwölf Stunden Fasten stellt der Körper nämlich zunehmend auf Fettverbrennung um, bringt so die Kilos zum Schmelzen.
Sport ist ein weiterer wichtiger Faktor, um schlank und gesund zu bleiben. Gezielte Übungen zur Reduzierung von Bauchfett gibt es zwar nicht, dem Organismus ist es aber egal, welche Muskeln beansprucht werden. Er holt sich seine Energie bevorzugt aus dem Fettspeicher im Bauch. Bewährt hat sich daher ein Ganzkörpertraining: am besten eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftsport.
Bewusster essen. Mehr Bewegung. Zu diesen zwei Faktoren kommt ein dritter, der das Anti-Bauchfett-Programm perfekt macht: Stress reduzieren! Studien zeigen, dass das Stresshormon Cortisol den Aufbau von Bauchfett fördert. Sinnvoll ist es daher, auch die Psyche zu entlasten.
Irmgard Leitinger hat sich vorgenommen, die Ratschläge zu beherzigen. Neben einer Gewichtsabnahme könnten sich so mit etwas Durchhaltevermögen bald auch ihre Blutzuckerwerte wieder normalisiert haben.
ALEXANDER WEIS