ALS ICH in der dritten Klasse war, fand an meiner Schule einmal eine Schatzsuche statt. Wir sammelten brav Kreide, Stifte, Steine und schlecht versteckte Kleinigkeiten ein und hakten unsere Checklisten ab. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ich war außer Atem, als ich auf der Suche nach dem letzten Schatz – einem vierblättrigen Kleeblatt – das Kleefeld erreichte. Ich war ziemlich sicher, dass ich gewinnen würde, denn ich hatte einen Trumpf in der Hand: Solange ich zurückdenken kann, habe ich einen Blick dafür und erkenne vierblättrige Kleeblätter – sie stechen mir sofort ins Auge.
Während einer Reise durch Nova Scotia in Kanada vor ein paar Jahren hielten mein Mann und ich für ein Picknick am Straßenrand. Die Wiese war mit Klee übersät – bei jedem Hinsehen entdeckte ich ein ungewöhnliches Exemplar: Manche Stängel hatten vier, fünf oder gar sechs Blätter. Ich legte sie in einer Reihe auf den Picknicktisch, um sie zu betrachten, während mein Mann, der noch niemals auch nur ein vierblättriges Kleeblatt gefunden hatte, bewundernd zusah. Für mich erschien das ganz einfach. Der Unterschied in der Form war für mich so auffällig, er durchbrach das hübsche Muster des normalen Klees mit seinen drei perfekten Blättern.
Kann man sich die Dinge, die einem passieren, als Verdienst anrechnen?
Als wir letzten Sommer in München auf einen Shuttlebus zum Flughafen warteten, entdeckte ich in einem Kreisverkehr ein winziges, vierblättriges Kleeblatt und steckte es in meinen Reisepass. Auf dem Heimflug erhielten mein Mann und ich ein Upgrade für die Businessclass.
Einige Freunde schrieben dieses Glück dem Klee zu. Ich dagegen glaube, dass wir unser Glück selbst schmieden. Ich finde es unglaublich schön, Kleeblätter zu entdecken – trotzdem halte ich es für wahrscheinlicher, dass wir das Upgrade erhielten, weil zuvor einer unserer Flüge gestrichen worden war und wir an zwei aufeinanderfolgenden Abenden in zwei verschiedenen Städten auf ebenso vielen Kontinenten gestrandet waren. Sicher hatte eine freundliche Mitarbeiterin Mitleid mit uns gehabt.
Weltweit ist man sich uneinig, ob nun das Finden des Klees oder sein Besitz Glück bringt. Manche Leute glauben, dass das Glück verloren geht, wenn man das vierblättrige Kleeblatt auch nur einem anderen Menschen zeigt. Andere dagegen meinen, das Glück verdopple sich, wenn man das Kleeblatt verschenkt. Ich denke, positive Gefühle werden verstärkt, wenn man sie teilt. Ich finde es schön, dass ich die Kleeblätter so zuverlässig finde. Aber ich glaube nicht daran, dass sie mein Glück oder mein Leben auf spürbare Weise beeinflussen – jedenfalls nicht stärker als Momente, in denen ich etwas Besonderes teile.
Was genau ist dann Glück? Kann man sich etwa die Dinge, die einem passieren, als Verdienst anrechnen? Hätte ich alle Kleeblätter behalten sollen, statt sie zu verschenken? Mir bereitet das Finden viel mehr Freude als das Sammeln. Am glücklichsten bin ich, wenn ich Glückskleeblätter finde und sie verschenke. Ich gebe sie Müttern im Park, und sie zeigen sie ihren Kindern, die sie mit großen Augen bestaunen. Ich schenkte eins dem Verkäufer im Laden an der Ecke – dort hängt es heute noch über der Kasse. Ich gebe sie Freunden, die sie zwischen die Visitenkarten in ihrer Brieftasche gleiten lassen und dort aufbewahren.
Manchmal fragen mich Leute, wie ich das mache. Nun, ich liebe Klee: den süßen Duft, die normalen Exemplare mit dem hübschen Blätterdreieck. Daher schaue ich ihn öfter und länger an als die meisten Menschen.
Ich nehme an, das ist der Hauptgrund, warum ich so viele finde. Ich habe mir angewöhnt, die Finger oder Zehen sanft über den Klee gleiten zu lassen, sodass die Pflanzen kurz einzeln hervortreten. So fallen Unregelmäßigkeiten stärker ins Auge.
Ich denke außerdem, dass Fokussierung eine Rolle spielt – aber nicht der angestrengte, sondern der weiche Blick. Ich entspanne meine Augen, und so treten die andersartigen Formen hervor.
AN JENEM TAG in der dritten Klasse tauchte ich in das Kleefeld ein und strich mit der Hand über die Oberfläche, um die ineinander verschlungenen Blätter zu teilen. Dabei ließ ich meinen Blick weich werden, um Unregelmäßigkeiten zu entdecken. In wenigen Augenblicken hatte ich ein vierblättriges Kleeblatt in der Hand. Ich weiß nicht mehr, was ich gewonnen habe, aber ich weiß noch, wie ich das Kleeblatt freudestrahlend und triumphierend in die Höhe hielt. Und ich erinnere mich an die staunenden Blicke meiner Klassenkameraden.
Das Spielzeug, das ich an diesem Tag gewonnen habe, spielte keine Rolle. Der wahre Preis war vielmehr die Tür, die sich mir durch die Suche nach Kleeblättern geöffnet hat. Seitdem erfreue ich mich an der Beobachtung der kleinen Dinge, an der Magie der Natur, die sich in solchen Augenblicken zeigt.
Glück ist, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.
LUCIUS ANNAEUS SENECA, röm. Philosoph u. Politiker (4 v. Chr.-65 n. Chr.)