Ausschnitt und Ausrichtung
01 Einen Ausschnitt wählen
Das Symbol für das Crop-Werkzeug (a) ähnelt in den meisten Programmen dem analogen Vorbild aus der Dunkelkammer und das Tastenkürzel dafür ist in der Regel »C«. Nur Lightroom Classic tanzt mit »R« aus der Reihe. Von allen anderen Aspekten einmal abgesehen, ist Ihre erste Aufgabe beim Bildbeschnitt, festzulegen, was ein Betrachter Ihres Fotos überhaupt zu sehen bekommen soll. Das Gröbste sollte bei der Aufnahme bereits erledigt sein. Aber nur, wenn Sie genug Luft um das Hauptmotiv gelassen haben, besteht am Rechner später noch etwas Spielraum. Schneiden Sie dann alles weg, was vom Motiv ablenkt. Machen Sie es dem Betrachter so einfach wie möglich. Da es in der Fotografie nicht nur um die bloße Abbildung geht, wählen Sie den Ausschnitt für die Komposition (siehe Schritt 3) jedoch nicht zu eng, sondern lassen Sie etwas Abstand zu den Bildrändern.
02 Die Ausrichtung festlegen
In den Werkzeugeinstellungen lässt sich ein Seitenverhältnis für Hoch- oder Querformat vorgeben. Im Querformat (a) werden oft Landschaften fotografiert, im Hochformat (b) Porträts – im Englischen heißen diese Ausrichtungen dementsprechend „ Landscape“ und „ Portrait “. Zwischen beiden Werkzeugausrichtungen wechseln Sie mit der X-Taste. Letztlich ist die Wahl von Hoch- und Querformat reine Geschmackssache. Wichtig ist jedoch außerdem das Seitenverhältnis (c). Das sollten Sie anhand des späteren Verwendungszwecks festlegen. Für den Druck klären Sie am besten alle Einzelheiten mit Ihrem Dienstleister. Auch für das Veröffentlichen auf Foto- und Social-Media-Plattformen gibt es bevorzugte Seitenverhältnisse bei den verschiedenen Anbietern. Diese beeinflussen nicht nur die optimierte Vorschau- und Vollbildanzeige, sondern oft auch die aus beiden resultierende Reichweite.
Ausrichtung und Komposition
03 Gerade ausrichten
Extrem geneigte Bildwinkel sind oft ein cooles Stilmittel. Aber wenn der Horizont (etwa bei einem Foto am Meer) oder die Vertikale (bei einem Hochhaus) nur ein paar Grad kippt, ist das in der Regel ein unaufmerksam aufgenommenes und unkorrigiertes Knipsbild (a). Also, wenn Sie ein Bild kippen, dann deutlich (b)! In jedem anderen Fall sollten Sie es penibel gerade ausrichten. Am einfachsten geht das in allen hier genannten Adobe-Programmen, indem Sie das wie auch immer benannte Crop-Tool aufrufen, die Strg/Cmd-Taste gedrückt halten und dann eine Linie entlang des Horizonts (c) oder einer anderweitig exakt horizontal oder vertikal ausgerichteten Kante im Bild aufziehen. Alternativ zu diesem »Gerade-Ausrichten-Werkzeug« platzieren Sie den Cursor außerhalb, aber in der Nähe der Ecken des Freistellungsrahmens, und drehen das Bild dann interaktiv durch Klicken und Ziehen.
04 Die Bildkomposition
In der Evolution der Kunst haben sich einige universelle Schemata als besonders spannend oder harmonisch herauskristallisiert. Als Kompositionshilfe bekannt sind heute insbesondere der Goldene Schnitt oder die Goldene Spirale. Letztlich sind diese Regeln aber nur Anhaltspunkte für die Bildgestaltung. Hilfreich zur Orientierung sind dabei die verschiedenen Überlagerungsansichten des Crop-Tools. In Lightroom Classic durchlaufen Sie diese mit »O«, in Camera Raw mit »Alt-V«. Mit »Shift-O« oder »Shift-V« drehen Sie unter anderem die Spirale in die gewünschte Ausrichtung. Das gezeigte Auswahlmenü finden Sie in Lightroom Classic unter »Werkzeuge > Freistellungsüberlagerung« (a). Das Pendant dazu ist in Camera Raw im Kontextmenü (b), in Lightroom (c) und Photoshop (d) in den Werkzeugoptionen untergebracht, und enthält jeweils zumindest die meisten dieser Optionen.
Goldener Schnitt und Drittelregelung
05 Goldener Schnitt
Das Teilungsverhältnis nach dem Goldenen Schnitt findet sich nicht nur in Kunst und Architektur, sondern bei vielen Beispielen in der Natur wieder und gilt als besonders ansprechend und harmonisch. Wenn Sie mit dem Goldenen Schnitt im Hinterkopf fotografieren, sorgt das dafür, dass Sie das Hauptmotiv immer leicht außerhalb der Bildmitte (a) positionieren. Dadurch wirken die meisten Motive deutlich spannender. Beim präzisen Zuschnitt legen Sie die Kreuzungspunkte der Hilfslinienüberlagerung auf wichtige Stellen des Motivs – etwa den Kopf (b) oder bei Porträts die Augen. Lassen Sie etwas Luft in Blick- oder Bewegungsrichtung (c) – das Motiv sollte sich demnach immer auf den der Blickund Bewegungsrichtung gegenüberliegenden Linien befinden. Letztlich hängt es vom Motiv ab, ob der Goldene Schnitt funktioniert oder nicht, einen Versuch ist er aber immer wert.
06 Drittel-Regel
Die Drittel-Regel ist eine vereinfachte Version des Goldenen Schnitts. Dafür wird ein Bild in 3 × 3 Felder unterteilt und man versucht, wichtige Details auf den Linien und Schnittpunkten zu platzieren. Wenn Sie darauf achten, dass in jedem Drittel etwas leicht Unterschiedliches zu sehen ist, wirkt ein Bild gleich interessanter auf den Betrachter. Schneiden Sie also Bereiche weg, die zu gleichartig wirken. Da sich die Autofokus-Punkte im Kamerasucher meist mittig befinden, landet das Hauptmotiv bei Landschaftsaufnahmen und der Horizont meist auch dort (a). Deutlich spannender wird der Bildaufbau hier, wenn Sie den Horizont auf eine der Linien legen und das Hauptmotiv an den Kreuzungspunkten platzieren. Probieren Sie verschiedene Kompositionen anhand der linken (b) oder rechten (c) vertikalen Linie aus und entscheiden Sie sich dann, welche Ihnen besser gefällt.
Weitere Kompositionsraster
07 Goldene Spirale (Fibonacci-Spirale)
Eine Fibonacci-Spirale ergibt sich, wenn man ein Rechteck nach dem Goldenen Schnitt unterteilt, das sich ergebende Rechteck wiederum auf die gleiche Weise splittet und das immer weiter fortführt (c). Diese auch Goldene Spirale genannte Kompositionshilfe ist insbesondere nützlich, wenn Ihr Bild große leere Flächen aufweist oder Sie mit den anderen Überlagerungen zu keinem ansprechenden Ergebnis gelangen. Mein oben gezeigtes Bild „To Bee“ (a) würde mit einem engeren Beschnitt im Hochformat auch gut funktionieren. Der hätte sogar den Vorteil, dass die Biene noch mehr in den Fokus gerät, indem sie auf den Mittelpunkt der Spirale gelegt wird (b). Auf ähnliche Art funktioniert eine solche Komposition auch im Querformat hervorragend – etwa bei engen Porträtaufnahmen oder weiten Landschaften mit einem einzelnen, hervorzuhebenden Element, wie etwa ein Baum oder Felsen.
08 Diagonal-Methode
Nach dieser Regel des Fotografen Edwin Westhoff ist entscheidend, dass sich die starken Punkte eines Fotos auf einer der Diagonallinien von 45 Grad aus einer der vier Ecken des Bildes befinden. Anders als bei der Drittel-Regel und dem Goldenen Schnitt ist es hier nicht wichtig, wo die Linien sich kreuzen. Westhoff empfand die Drittel-Regel als zu ungenau und stieß bei der Analyse vieler Fotos, Gemälde und Kupferstiche darauf, dass bildwichtige Details – oft bis auf einen Millimeter genau – auf den genannten Diagonallinien liegen. Ein populäres Beispiel ist „Das Mädchen mit dem Perlenohrring “ von Vermeer (a), bei dem das linke Auge und der Ohrring exakt auf eben einer solchen Diagonalen liegen. Die Werkzeug-Überlagerung »Diagonal« macht es einfach für Sie, Ihre Bilder auf solche Kompositionen zu überprüfen und sie entsprechend zuzuschneiden (b).
Synchronisieren und Ecken füllen
09 Bildschnitt übertragen
Für eine einzige, aufwendige Bildoptimierung werden Sie Ihr Bild wohl sowieso in Photoshop bearbeiten. Dann ist dieser Tipp nichts für Sie. Viele Anwender müssen jedoch eine ganze Serie von Aufnahmen auf dasselbe Format und auf dieselbe Größe bringen. In diesem Fall ist das Synchronisieren der Einstellungen in Camera Raw oder Lightroom Classic ein Segen. Dort schneiden Sie ein Bild wie gewünscht zu, selektieren alle anderen Fotos und fügen dann die Einstellungen ein. Das funktioniert in Camera Raw und Lightroom über »Strg/Cmd-C« (a) und »Strg/Cmd-V« (b). In Lightroom Classic drücken Sie zusätzlich die Shift-Taste. Es öffnet sich ein Dialog, in dem Sie wählen, welche Einstellungen Sie synchronisieren möchten, also etwa auch »Winkel ausrichten« oder »Seitenverhältnis«. Alternativ nutzen Sie in Lightroom Classic die »Einstellungen synchronisieren«-Schaltfläche (c).
10 Inhaltsbasiertes Auffüllen der Bildecken
Während im Großen und Ganzen alles dafür spricht, Fotos nur noch in Camera Raw, Lightroom oder Lightroom Classic zu beschneiden oder gerade zu drehen, gibt es derzeit doch noch einen Grund, es in Photoshop zu machen: die Option »Inhaltsbasiert« (a) beim »Freistellungswerkzeug«. Denn beim Drehen des Freistellungsrahmens haben Sie in den Raw-Entwicklern derzeit nur zwei Optionen: Sie können entweder Originalpixel löschen und das Bild verkleinern, oder Sie behalten die Größe bei und erhalten dabei transparente Bereiche (b). Aktivieren Sie die Option »Inhaltsbasiert«, werden solche leeren Bereiche automatisch gefüllt (c). Wie gut das funktioniert, hängt vom jeweiligen Bild ab. Aufwendigere Nachretuschen sind in der Regel nur bei Details nötig, bei denen auch ein menschlicher Retuscheur so seine Probleme hätte.