... alleinerziehende Mutter und Komponistin von Klanginstallationen und von eher wenig kommerzieller Musik und lebt in einem Studio-Apartment in Brooklyn. Geschäftlich ist sie alles andere als erfolgreich, denn gerade hat sie den Auftrag für die Musik eines Computerspiels verloren. Und auch privat ist es schwierig, denn die Partnersuche läuft eher erfolglos, noch dazu ist der Vater ihres Kindes nicht bereit, sie finanziell zu unterstützen.
Um wenigstens in Sachen Beziehung einen letzten verzweifelten Versuch zu wagen, stellt Kat ein Video für »cupids-leftovers.com« (dt.: amors-reste.com) ein, auf das prompt ein Anruf erfolgt. Zu ihrer Überraschungist es der britische Polarforscher Ernest Shackleton (Wade McCollum), der sich gerade voller Hoffnung auf einen großen wissenschaftlichen Erfolg mit seinem Schiff Endurance auf dem Weg in die Antarktis befindet. Noch weiß er nicht, dass er und seine Mannschaft für 635 Tage im Eis gefangen sein werden.
Die 1914 in Großbritannien begonnene Expedition wird 1915 vom Packeis umschlossen. Von da an geht es für Shackleton nicht mehr darum, die Expedition erfolgreich zu beenden, sondern sein Streben richtet sich nur noch darauf, dass alle Männer lebend nach Hause zurückkehren. Über den Winter verordnet Shackleton der Mannschaft einen strengen Tagesablauf, um durch Arbeit die Moral hoch zu halten. Mit Beginn des Frühlings wird der Eisdruck auf das Schiff immer stärker. Am 24. Oktober 1915 schließlich bricht das Schiff auseinander und die Mannschaft muss es aufgeben. Mit drei Rettungsbooten, Zelten, Proviant und Werkzeug retten sich die Männer auf die riesige Eisscholle um sie herum und schlagen dort ein Lager auf, bis diese im April 1916 zerbricht. Mit den Rettungsbooten erreichen sie Elephant Island. Von dort bricht Shackleton mit fünf Männern in einem der Boote auf, um bei der 700 Seemeilen entfernten Walfangstation auf der Insel Südgeorgien Hilfe zu holen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit erreicht das kleine Boot nach 17 Tagen die Stecknadel im weiten Ozean – jedoch auf der falschen Seite, sodass den Männern ein vierzig Kilometer langer Fußmarsch durch das Eis bevorsteht. Erst vier Monate später erreicht eine Rettungsexpedition die zurückgebliebenen Männer. Alle kehren in ihre Heimat zurück. Ernest Shackletons Leistung gilt bis heute als Vorbild in Sachen Führung.
Eben jener Polarforscher telefoniert und skypt nun mit Kat, und ihre Musik gibt ihm und seiner Mannschaft Hoffnung – und gleichzeitig inspiriert Shackle-tons Schicksal auch sie zu neuer Musik. Schließlich erscheint er durch Kats Kühlschrank in ihrem Apartment im Brooklyn der Gegenwart, das sich durch geschickt eingesetzte Projektionen in die Eislandschaft des Polarmeers verwandelt.
Kat will bei den Herausforderungen, die sich ihr in der Antarktis stellen, gleich aufgeben, doch Shackleton macht ihr klar, dass sie alles kann, wenn sie nur wirklich an sich und ihre Ziele glaubt – sogar, wenn es unmöglich erscheint. Denn das ist es, was ein furchtloser Entdecker macht – oder auch ein furchtloser Musiker.
Shackletons Jahrhundertwende-Weltbild passt ganz und gar nicht zu Kats emanzipiertem Leben und so muss auch er lernen, dass er nicht immer seinen Willen haben kann.
Das Wundervollste in »Ernest Shackleton Loves Me« sind die sehr lebendigen Musiknummern, die von Vigoda auf der elektrischen Violine und Drums sowie von McCollum auf dem Banjo gespielt werden. Begleitet werden sie hinter der Bühne von Ryan O‘Connell am Synthesizer-Keyboard.
McCollum spielt mit sehr großem komödiantischen Talent alle Männer, die sich, einschließlich Shakleton, dadurch auszeichnen, dass sie alle gleichzeitig charmant, aber auch selbst-zentriert und höchst unzuverlässig sind. McCollums lockere und oft amüsante Entgegnungen bilden den Gegenpol zu Kat, die von Vigoda ernsthaft und rastlos gespielt wird.
Das Bühnenbild von Alexander V. Nichols setzt auf viele Video-Inhalte auf der zentralen Bildschirmwand, darunter auch Original-Aufnahmen aus Shackletons Expedition und Live-Videos, indem McCollum hinter der Bühne vor einem Greenscreen sieben Rollen spielt.
Vigoda ist als Ideengeberin und Liedtexterin klarer Mittelpunkt der Show, die von Joe DiPietro und Brendan Milburn um ihre zahlreichen Talente herum geschrieben ist. Daher ist Lisa Petersons Inszenierung wohl die einzig Denkbare für dieses Stück, bei dem alles perfekt ineinandergreift.
Ein außergewöhnliches Musical, das zahlreiche Innovationen auf die Bühne bringt und bereits 2017 in hervorragender Qualität im Tony Kiser Theater als Off-Broadway-Produktion aufgezeichnet wurde.
Ernest Shackleton (Wade McCollum) und Kat (Val Vigoda) müssen zu Fuß im Schneesturm die Insel Südgeorgien überqueren, um die rettende Walfangstation zu erreichen.
Foto: BroadwayHD