... Textnachrichten in bunten Feldern angezeigt wurden. Sie hatte also nicht gehört, was mit Ida Rieth passiert war, sie hatte es gesehen. Oder gelesen.
Vierzehn Uhr dreizehn heute Nachmittag habe ich es erfahren!“, sagte sie und warf, um die seit dem Empfang der Nachricht vergangene Zeit korrekt zu berechnen, zu Hallers Erstaunen nicht einen Blick auf ihr Handy, sondern die Uhr an ihrem Handgelenk. „Also vor exakt einer Stunde und zweiundzwanzig Minuten.“ Sie schüttelte den Kopf. „Einen solchen Tod hat sie nicht verdient! Niemand hat einen solchen Tod verdient! Eigentlich sollte überhaupt kein Mensch sterben, meiner Meinung nach. Aber mich fragt ja niemand nach meiner Meinung!“
Auf Hallers Frage nach möglichen Fingerabdrücken am Tatort in der dritten Etage antwortete sie: „Natürlich werden Sie dort Fingerabdrücke von mir finden. Ich war ja manchmal bei ihr unten, damals, als das Verhältnis zu ihr und sie selbst noch normal war. Aber das sind dann alte Abdrücke. Mit der Sauberkeit hatte sie es nämlich auch nicht so.“ Rechtsmedizinerin Susanne Ehlers legte mit einem mittelschweren Tadel im Blick elegant die silberne Armbanduhr an ihrem schlanken Arm frei, als Haller die Wohnung des Opfers betrat. „Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr zurück!“ Sie ließ sich von einem der Männer in den weißen Overalls einen Spurensicherungsbeutel mit einer in der Form ihrer eigenen nicht unähnlichen, aber goldenen Armbanduhr reichen. „Die habe ich unter dem Opfer gefunden, sie gehört aber nicht der getöteten Frau, die hat ihre noch, sie gehört aller
„Natürlich werden Sie dort Fingerabdrücke von mir finden.“
Wahrscheinlichkeit nach dem Täter. Da es sich zweifelsfrei um ein Exemplar für Damen handelt, stützt dieser Fund eure These, dass der Täter eine Täterin und möglicherweise eine Frau aus dem Haus ist.“ Der Kollege von der Spurensicherung stand noch immer misstrauisch neben der Rechtsmedizinerin und Haller. Er schien Angst um die noch nicht gesicherten Spuren an der Uhr zu haben. Als Susanne Ehlers das bemerkte, lächelte sie ihn an. „Keine Sorge, ich öffne dein Tütchen nicht. Ich finde es nur schade, dass die Uhr nicht wie im Film einfach stehen geblieben ist.“ Sie wandte sich wieder Haller zu. „Dann dürftest du dich über eine Tatzeit und ich mich über einen Todeszeitpunkt freuen und alles wäre wesentlich unkomplizierter. Aber dieses hübsche Stück läuft immer noch!“ Nach einem Blick zur Tür erkundigte sie sich neugierig: „Wo ist eigentlich dein Kollege Christoph? Schon nach Hause gegangen?“ Nein, das war er natürlich nicht, der Christoph, er befragte nur gerade eine andere Nachbarin, Frau Taube, und das dauerte. Weil Frau Taube, wie er Haller später frustriert berichtete, auf seine Fragen keine Antworten geben wollte, sondern nur Gegenfragen stellte. „Das begann schon, als ich sie als Gesprächseinleitung nach der aktuellen Uhrzeit fragte. Da blaffte sie mich sofort an, warum ich das wissen wolle und ob ich irgendwo an ihr oder im Zimmer an einer Wand eine Uhr sähe. Ich sah nirgends eine. Und es endete damit, dass sie mich ernsthaft fragte, wo ich selbst denn gestern Abend zwischen neun und elf Uhr gewesen sei und ob ich dafür einen Zeugen angeben könne. Damit zu tun haben will sie aber nichts.“
Die von einem Mann ebenfalls genannte und verdächtigte dritte Hausbewohnerin befragten sie gemeinsam. Aber diese Frau Falck, offensichtlich eine Freundin preiswerten Geschmeides, wie die Kommissare an dem roten Kunststoffreifen am linken und der gelben Plastikuhr am rechten Arm sowie der grünen Halskette aus nicht einzuschätzendem Material zu erkennen glaubten, brach fast zusammen und weinte überzeugende Tränen, als sie vom Grund des nicht zu übersehenden Polizeieinsatzes am und im Haus hörte. „Sie war schwierig, aber ich mochte sie trotzdem. Oder vielleicht gerade deshalb. Einfache und immer freundliche Menschen sind meistens nicht ehrlich …!“
Können Sie Haller helfen? Wissen Sie, wer die Täterin war?
ENDE
Die Auflösung finden Sie auf S. 48