... Luxemburg hat und deren gleichnamiger Aufsichtsratsvorsitzender schon im Jahr 2003 mit seiner Familie in die Schweiz gezogen ist, um keine Erbschaftssteuer zahlen zu müssen – bei Staatshilfen und Subventionen aber gerne die Hand aufhält. Ein guter Unternehmer, so wird Theo Müller in der »Sächsischen Zeitung« zitiert, müsse sich nur um drei Dinge kümmern: »Erstens um Gewinn, zweitens um Gewinn, drittens um Gewinn.« Faire Löhne oder gar die artgerechte Tierhaltung stehen dagegen nicht ganz oben auf der Agenda des Milliardärs. Entsprechend liegen die von Sachsenmilch gezahlten Erzeugerpreise eher im unteren Mittelfeld, weiß das Magazin für Milcherzeuger namens »Elite«.
Die Zutatenliste, die auf verarbeiteten Lebensmitteln vorgeschrieben ist, verrät längst nicht alles darüber, was auf unseren Tellern landet. Nur selten wird klar, wo und unter welchen Bedingungen die Rohstoffe angebaut und verarbeitet worden sind. Noch nicht einmal auf ein Tierwohllabel, das über die Haltungsformen Aufschluss gibt, konnten sich Politik und Wirtschaft einigen.
Statt mit einem unreflektierten Supermarkteinkauf industrielle Tierhaltung, Monokulturen und Großunternehmen mit intransparenten Firmenstrukturen zu unterstützen, gilt es, Erzeuger und Lebensmittelhandwerker vor Ort zu fördern und regionale Strukturen zu stärken oder wieder aufzubauen.
Nur so ist es möglich, verlässlich zu erfahren, woher unsere Lebensmittel stammen und wie sie verarbeitet wurden. Und nur so können jede und jeder darüber mitbestimmen, was ihr oder ihm auf dem Teller wichtig ist.
2 Faire Preise für gute Arbeit in der Landwirtschaft
Bäuerinnen und Bauern wollen von ihrer Arbeit leben können. Derzeit kommt von dem, was wir im Laden für Lebensmittel ausgeben, nur ein erschreckend kleiner Teil bei den Landwirten an. Ohne staatliche Subventionen könnten viele nicht überleben – aber auch die finanziellen Beihilfen verhindern nicht, dass immer mehr Höfe aufgeben. 1970 existierten noch fast 1,1 Millionen landwirtschaft- liche Betriebe in Deutschland, 50 Jahre später sind es lediglich 263 500. Es verschwinden vor allem die kleineren Höfe, während Betriebe über 100 Hektar an Anzahl, Fläche und Einfluss zulegen.
Wer eine kleinbäuerliche Landwirtschaft will, kann und muss den Bauern durch direkte regionale Strukturen und bessere Preise wirtschaftliche Perspektiven aufzeigen.
Durch die ideelle und finanzielle Wertschätzung wird auch ein Anstoß gegeben, ökologischer zu arbeiten, Tiere besser zu halten und Artenvielfalt auf den Äckern zu ermögli- chen. »Auf den Höfen ist die Bereitschaft groß, anders zu wirtschaften. Es muss sich aber rechnen«, betonte Lena Jacobi von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirt- schaft bei einer Podiumsdiskussion von Slow Food Ende September. Gute Löhne für gute Arbeit sind wichtig. Unterm Strich aber geht es um deutlich mehr als schwarze Zahlen. Es geht um zufriedene Landwirte, die ihren Beruf gerne ausüben und sich ihrer Verantwortung für das Klima und den Erhalt der Biodiversität bewusst sind.
3 Wirtschaftskraft stärkt die Region
Viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe, mit denen direkt vermarktende Landwirte traditionell zusammengearbeitet haben, sind in den vergangenen Jahrzehnten verschwunden: Mühlen, Schlachthöfe, Molkereien, Bäcker und Metzger. Doch regionale Verarbeiter und lokales Lebensmittelhandwerk sind unverzichtbar für eine kurze Wertschöpfungskette. Oft sind die Preise für regional hergestellte Lebensmittel teurer als für Produkte aus kostengünstiger Massenproduktion. Doch die Wertschöpfung bleibt da, wo sie hingehört: vor Ort. Bei den Höfen, den verarbeitenden und handwerklichen Betrieben und bei den Leuten, die dort arbeiten und in der Region leben.
4 Zusammenhänge erkennen lernen
Wie viele Menschen kann ein Bauernhof ernähren? Das hängt natürlich von der Größe ab. Christoph Simpfendörfer, erste Generalsekretär der »Biodynamic Federation Demeter International«, hat es anhand seines ehemaligen Hofes mit 22 Hektar Acker- und 16 Hektar Grünland einmal vorgerechnet – und kam auf 160 Personen. Aber nur, wenn deren Speiseplan hauptsächlich pflanzlich ausgerichtet ist. Fleisch, Eier und Milchprodukte wie Käse oder Butter dagegen dürften nur in Maßen gegessen werden, weil es artgerecht gehaltene und ernährte Tiere eben nur in geringerer Stückzahl auf dem Hof gibt.
Klingt einleuchtend, gerät aber in der Fülle des Supermarktangebots oft in Vergessenheit. Direkte Kontakte zu Landwirten helfen, solche Zusammenhänge zu erkennen und die Notwendigkeit zu sehen, tierische Lebensmittel wieder als Luxus zu begreifen und die eigene Ernährung umzustellen.
5 Biokulturelle Vielfalt erhalten
Über Jahrhunderte sind in Deutschland viele unterschiedliche Kulturlandschaften entstanden – Naturflächen, die zwar vom Menschen beeinflusst, aber nicht intensiv genutzt werden. Streuobstwiesen gehören genauso dazu wie Teichlandschaften oder Bergweiden. Diese Kulturlandschaften sind nicht nur ein Hort der Artenvielfalt, hier leben und gedeihen auch regionaltypische Sorten, die optimal an die jeweiligen klimatischen Bedingungen und Bodenverhältnisse angepasst sind. Daraus wiederum entwickelten sich kulinarische Traditionen, lokale Rezepte und spezielle handwerkliche Techniken. Wer diese Vielfalt auf dem Teller und in der Natur erhalten will, muss die jeweiligen regionalen Strukturen unterstützen.
Genau das hat sich das Slow Food Projekt »Arche des Geschmacks« vorgenommen und fordert dazu auf, das zu essen, was man retten will. Denn was nicht mehr nachgefragt wird, wird auch nicht mehr angebaut oder hergestellt – so einfach ist das. Also nichts wie ran an die lokalen Käsespezialitäten, regionaltypischen Obstsorten, selten gewordene Gemüsearten und Fleisch- und Wurstdelikatessen von alten Tierrassen.
6 Last, but not least: Kurze Wege fürs Klima
Regional erzeugte, verarbeitete und gehandelte Lebensmittel sind gut fürs Klima, weil sie keine langen Transportwege hinter sich haben. Im Idealfall liegen nur kurze Strecken zwischen dem Bauernhof, dem Verarbeiter und denjenigen, die Brot, Joghurt, Fleisch, Gemüse und Obst einkaufen. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein dafür, was gerade Saison hat. Saisonales Obst und Gemüse hat nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch gesundheitliche: Denn es wird nicht unreif geerntet, um während der langen Transportzeit nicht zu verderben, sondern genau zum richtigen Zeitpunkt. So schmeckt es besser und enthält deutlich mehr Vitamine und Mineralstoffe.