Mit dem neuen Shelby GT500 hat Ford kürzlich auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit den stärksten Mustang in der 65-jährigen Geschichte der Ponycar-Legende vorgestellt.
Dank des aktiven MagneRide-Fahrwerks und der größten Bremsanlage, die Ford je in einem Straßenwagen verbaut hat, definiert der Mustang Shelby GT500 auch in Sachen Verzögerung und Kurventempi die Grenzen der Fahrdynamik völlig neu. Ebenfalls völlig neu: Erstmals gibt es kein Handschaltgetriebe mehr.
Für den neuen Shelby GT500 haben die Experten von Ford Performance einen besonderen Antriebsstrang kreiert, der vor Leistung nur so strotzt. Der von Hand montierte Aluminium-V8 der Predator-Reihe wird von einem zwischen den Zylinderbänken residierenden Roots-Kompressor mit 2,65 l Volumen gehörig unter Druck gesetzt. Aus seinen 5,2 Liter Hubraum schöpft der mit einem Luft-Wasser-Ladeluftkühler bestückte Supersportler über 700 PS sowie mehr als 840 Nm und stellt damit das bisher leistungsstärkste Ford-Serienmodell dar. Diese Muskeln wollen natürlich gepflegt werden: Wie im äußerst drehfreudigen Mustang Shelby GT350 finden durchsatzstarke Leichtmetall-Zylinderköpfe, Schmiedepleuel, ein verbessertes Schmiersystem und großzügiger ausgelegte Kühlkanäle Verwendung. Die im GT350 eingesetzte leichte und drehfreudige Flatplane-Kurbelwelle fand hier nicht Verwendung, stattdessen wurde wegen des niedrigeren Drehzahlniveaus des Kompressor-motors einer traditionellen Crossplane-Kurbelwelle der Vorzug gegeben. Die verstärkte Ölwanne ist der strukturellen Steifigkeit dienlich und hemmt Vibrationen. Zudem weist sie ein patentiertes Lamellensystem auf, das wie ein Trockensumpf arbeitet und den Ölkreislauf auch bei hohen Fliehkräften aufrechterhält.
Anders als man vielleicht erwarten könnte, überträgt nicht der zusammen mit GM entwickelte Zehnstufen-Automat, sondern das aus dem Ford GT bekannte 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe von Tremec die enorme Motorkraft per Kohlefaser-Kardanwelle an die Hinterräder. Es erlaubt Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung in unter 100 Millisekunden und ist damit deutlich schneller als eine Wandlerautomatik und als jede Handschaltung sowieso. An Schaltprogrammen stehen „Normal“ und „Regen“ über „Sport“ und „Drag“ bis hin zu „Track“ zur Wahl. Wer unbedingt von Hand schalten will und dabei eine Kupplung treten will – bitte sehr, da ist der GT350. Erstmals seit den 60ern gibt es übrigens beide Modelle wieder parallel im Handel. Ebenfalls mit von der Partie sind eine Launch-Control für verzögerungsfreie Rennstarts und eine „Line-Lock“-Funktion, um vor einem Beschleunigungsduell die Hinterräder unkompliziert auf Betriebstemperatur zu bringen. In wenig mehr als drei Sekunden sprintet der Hengst im Pferdestall von null auf 96 km/h und absolviert die Viertelmeile in unter elf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit dürfte eine „3“ an erster Stelle haben, Gerüchten zufolge knackt der Superstang die 200-mph-Marke, also 322 km/h.
Anleihen von Ford GT und Mustang GT4
„Mit seinem Hochleistungs-Antriebsstrang bringt der Shelby GT500 die sechste Mustang-Generation auf Augenhöhe mit exotischen Supersportwagen“, erklärte Hermann Salenbauch, der Direktor des globalen Ford-Performance-Fahrzeugprogramms. „Diese Modell-Variante übertrifft mit dem stärksten V8-Motor, den wir je in einem Serienfahrzeug eingesetzt haben, und seinem blitzschnell schaltenden Getriebe alle Erwartungen – dennoch bleibt sie für viele unserer Kunden noch immer erreichbar und setzt damit unter amerikanischen Performance-Cars neue Maßstäbe.“ Um wie die direkten Rivalen – Camaro ZL1 und Challenger SRT Hellcat – nicht nur Schall und Rauch, sondern unmittelbaren Vortrieb zu erzeugen, verbauten die Experten von Ford Performance reinrassige Renn-Technologien, die sich bereits im Supersportwagen Ford GT sowie in der Motorsport-Variante Mustang GT4 bewiesen haben. So kommen zum Beispiel eine modifizierte Geometrie für die jüngste Generation des magnetisch gesteuerten MagneRide-Sportfahrwerks inklusive nochmals leichterer Fahrwerksfedern und eine neue elektro-mechanische EPAS-Servolenkung zum Einsatz.
Zugleich hält eine Rennbremsanlage aus dem Hause Brembo mit 420 mm großen Bremsscheiben und Sechskolben-Festsätteln vorn sowie 370-mm-Scheiben und Vierkolben-Sätteln hinten den Spitzen-Mustang zuverlässig im Zaum – und stellt unter amerikanischen Sportwagen ebenfalls einen neuen Rekord auf. Im Vergleich zum Shelby GT350 legte die Arbeitsfläche der Scheiben um 20 Prozent, ihre Wärmeabfuhreffizienz sogar um 30 Prozent zu. Vor den kingsizepizzatellergroßen Stoppern rotieren eigens entworfene High-Performance-Sportreifen von Michelin. Der französische Reifenprofi hat die Konstruktion und die Lauffläche des alltagstauglichen Pilot Sport 4S sowie des aggressiver für den Pistenbetrieb ausgelegten Pilot Sport Cup 2 den Anforderungen des Shelby GT500 angepasst. Dieser Aufwand führte zu den höchsten Kurvengeschwindigkeiten, die ein Mustang bislang erzielt hat. Das Werk verlässt der Shelby GT500 serienmäßig mit 20-zölligen Leichtmetallrädern.
German Gemütlichkeit: Gegen Aufpreis sind Recaro-Sportsitze lieferbar
Total performance
Wer den Hals nicht voll beziehungsweise das Konto leer genug bekommen kann, findet bei seinem Ford-Händler für den 2020er Shelby GT500 zwei zusätzliche Handling-Pakete: Das erste umfasst eine sogenannte „Gurney Lippe“ für den Heckspoiler – sie steigert den aerodynamischen Abtrieb an der Hinterachse– sowie verstellbare Domlager für die Radaufhängungen. Sie erlauben, den Radsturz individuell auf Asphalt- und Rennstrecken-Gegebenheiten abzustimmen, um die Reifen in ein optimales Arbeitsfenster zu bringen. Das zweite Paket setzt noch einen drauf und liefert spezielle Kohlefaser-Komponenten wie einen verstellbaren GT4-Heckflügel und einen Frontspoiler mit vertikalen Splittern. Zum Leichtbau-Konzept trägt der Wegfall der Rücksitze zugunsten eines verbesserten Leistungsgewichts bei dieser Variante noch weiter bei. Zusätzlich umfasst dieses Paket 20-Zoll-Räder aus Kohlefaser, die 11,5 statt 11,0 Zoll breit sind, inklusive Michelin-Pilot-Sport-Cup 2-Pneus. Schnickschnack schenkten sich die Ford-Designer wiederum, der neue Shelby GT500 folgt rigoros der Devise „form follows function“. So verfügt die im unteren Bereich weiter nach vorne gezogene Frontpartie über einen doppelt so großen Kühllufteinlass wie beim Schwestermodell GT350. Einem Luftstau im Vorderwagen beugt eine voluminöse Hutze auf der Motorhaube effizient vor. Ihre Form wurde genauso wie alle übrigen Aerodynamik-Elemente des Supersportwagens – angefangen vom Frontspoiler über die Kohlefaser-Seitenschweller bis hin zum Diffusor und dem serienmäßigen Heckflügel im gleichen hochmodernen Windkanal – optimiert wie bei den NASCAR- und GT-Sportwagen von Ford.
Carbon-Applikationen und Zusatzarmaturen sorgen für sportliches Ambiente
Vergiss Wählhebel. Im neuen Mustang Shelby GT 500 ist Am-Rad-Drehen durchaus erwünscht
Der GT500 ist für motorsportliche Einsätze bestens vorbereitet
Alltagstauglich: Anders als der Getriebespender Ford GT ist der 2020er Shelby kein notdürftig domestizierter Rennwagen
Mit über 700 PS und 840 Nm ist der neue Shelby GT500 der leistungsstärkste Serienwagen von Ford
Sportiver Chic im Innenraum
Analog zum von Rennwagen inspirierten Exterieur versprüht das überarbeitete Interieur des Shelby GT500 mit Premium-Materialien ebenfalls eine sportlich-elegante Note. Exemplarisch zeigt sich dies anhand von Kohlefaser-Applikationen, die auf Wunsch den Instrumententräger zieren, und akzentuiert abgesteppten Türverkleidungen. Gegen Aufpreis sind Recaro-Sportsitze lieferbar, die besonders viel Seitenhalt bieten und ab Werk bereits Öffnungen für 6-Punkt-Renngurte aufweisen. Auf Wunsch kommen sie sogar mit elektrischer Verstellung. Den Instrumententräger des Shelby GT500 dominiert ein 12-Zoll-LCD-Cluster. Hinzu kommt ein 8-Zoll-Touchscreen für das alternativ per Sprachbefehl steuerbare Informations- und Kommunikationssystem Ford SYNC 3. Über jenes Infotainmentsystem lassen sich auch ein Premium-Soundsystem B&O Play mit seinen zwölf Hochleistungs-Lautsprechern sowie das FordPass-Connect-Modem bedienen. O. k., nicht wirklich rennsportlich, doch einer Alltagsnutzung sehr entgegenkommend.
Zur nordamerikanischen Markteinführung im Herbst 2019 bietet Ford den Shelby GT500 unter anderem in den Farben „Red Hot“, „Twister Orange“ und „Iconic-Silver“ an. In bester Traditionspflege stehen selbstverständlich auch auflackierte Rallye-Streifen in kontrastierenden Tönen zur Wahl. Eine Markteinführung in Europa ist unerfreulicherweise nicht geplant, auch fürs Land mit noch unbegrenzten Autobahngeschwindigkeiten wird es leider keine Ausnahme geben.
„Carroll Shelby hat zeit seines Lebens immer am nächsten, nochmals schnelleren Auto gearbeitet – und ich denke, er hätte die jüngste Top-Version des Mustang mehr geliebt als alle anderen zuvor“, betonte Jim Farley, Präsident der Ford Motor Company für die globalen Märkte. „Der neue Shelby GT500 wird Supersportwagen-Kunden mit seinen Performance-Technologien, dem aufgeladenen V8-Motor und einer faszinierenden Optik begeistern.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Außer: Wir wollen auch! Da werden die freien Importeure wohl gut zu tun bekommen. Mit sechsstelligen Preisen dürfte in jedem Fall zu rechnen sein.
Auch der serienmäßige Heckdiffusor besteht aus Carbon. Der Mustang Shelby GT500 verfügt über vier Auspuffmodi: Leise, Normal, Sport und Piste
Im aufpreispflichtigen Paket gibts den verstellbaren GT4-Heckflügel, der wenig dezent die Pisteneigung des GT500 betont
Den neuen Shelby verzögern die kraftvollsten Vorderbremsen, die je ein amerikanischer Serien-Sportwagens trug. Der Satz Kohlefaser-Räder spart rund 27 kg ungefederte Masse ein
Optional sind der Frontspoiler mit vertikalen Splittern sowie breitere 20-Zoll-Räder lieferbar, allesamt aus Kohlefaser. Die entfernbare Motorraumentlüftung misst 0,56 m²
Schöner Rücken kann auch entzücken. Die Front werden die meisten nur im Rückspiegel sehen
Fotos: Ford Motor Company, Adalbert Lohde