Die Geschichte meines Exemplars beginnt in den 1970er-Jahren, als ein Fahrzeugliebhaber aus San José in Kalifornien beschloss, eine Sammlung interessanter Autos anzulegen. Ein Jahrzehnt später konnte er sich schon ein paar einzigartiger Karren rühmen, darunter zwei GTX – einer mit Automatikgetriebe und einer mit Schaltgetriebe. Die Wagen standen in den Garagen der Firma Adrian‘s Storage, eines auf die Lagerung von Autos und Booten spezialisierten Unternehmens. Leider geriet der Petrolhead einige Zeit später in finanzielle Schwierigkeiten und musste einen Teil der Sammlung verkaufen. Schließlich verschwand er spurlos und hörte auf, für den Stellplatz seines GTX zu zahlen, der im gemieteten Lagerhaus zurückblieb. Nach einigen Jahren, als es klar wurde, dass der Besitzer des einzigartigen Plymouth nicht mehr erscheinen wird, beschloss Adrian‘s Storage, das Auto zu versteigern. Der GTX wurde durch einen lokalen Enthusiasten gekauft, der ihn gründlich restaurieren wollte.
Leider hatte dieser jahrelange Stillstand ohne Wartung schwerwiegende Folgen. Der Motor sprang nicht an, und viele mechanische Teile mussten ausgetauscht werden. Nach einiger Zeit kam der Käufer zum Schluss, dass er seine Kräfte überbewertet hatte und entschied, den GTX loszuwerden. Zufällig war ich gerade auf der Suche nach einem interessanten amerikanischen Klassiker zum Restaurieren. Der verblichen grüne Plymouth weckte sofort meine Aufmerksamkeit und schien genau das zu sein, was ich suchte. Die Reise nach Kalifornien bestätigte den guten Karosseriezustand und die Vollständigkeit der gesamten Ausstattung. Ich dachte nicht viel nach und wartete ungeduldig auf den Tag, an dem mich der Container mit dem GTX erreichen sollte.
Das Exemplar entstand am 29. November 1969 in der Fabrik in Los Angeles. Unter der limettengrünen Karosserie schlummern ein 7,2-Liter-V8-Motor mit 375 PS, ein 4-Gang-Schaltgetriebe und einige bemerkenswerte Optionen. Die wichtigste davon ist das Paket A33 „track pack“, das eine verstärkte Dana-60-Hinterachse mit Differenzialgetriebe mit erhöhter innerer Reibung und einer Übersetzung von 3,54:1 umfasst (sehr geschätzt von Fahrern, die an Dragster-Rennen teilnehmen sowie von Kavalierstart-Liebhabern). Darüber hinaus beinhaltet dieses Paket vordere Scheibenbremsen, einen effizienteren Kühler und einen Hurst-Schifter.
Ein weiteres beachtenswertes Ausstattungsmerkmal ist der „air grabber“, also Lufteinlässe auf der Motorhaube. Sie ersetzen die Standard-Attrappen und ermöglichen eine Erhöhung der Luftzufuhr zum Vergaser. Es ist ein äußerst cooles Gadget – man fühlt sich wie bei einem Viertelmeilen-Rennen: Du stehst am Start, der Motor klingt bedrohlich, du schaust auf den Gegner und ziehst den Hebel, welcher die Frischluftzufuhr öffnet, was den Wirkungsgrad des Motors ein wenig erhöht. Ein unbezahlbares Gefühl.
Weitere erwähnenswerte Optionen sind das Vinyldach und der 8-Wege-Kassettenspieler. Ich begann die Restauration fast unmittelbar nach der Ankunft des Autos. Mein Plan war, alles komplett zu renovieren und 100 % originalgetreu wiederherzustellen. Leider hat er, wie es normalerweise der Fall ist, einige Änderungen erfahren. Der gesamte Prozess kostete doppelt so viel und dauerte doppelt so lange wie erwartet. Das erste Problem war der Motor – der Vorbesitzer hatte ihn ausgebaut und an einem anderen Ort gelagert. Bis zur Verschiffung des Autos wurde das Triebwerk nicht gefunden, und später brach der Kontakt mit dem Verkäufer ab. Glücklicherweise habe ich es geschafft, ein gleiches aufzutreiben, aber aus einem ein Jahr älteren Modell. Das Getriebe ist hingegen original, was die Übereinstimmung der auf ihm geprägten Nummer mit der Fahrgestellnummer des Fahrzeugs bestätigt.
Ich begann die Erneuerung der Karosserie mit dem Sandstrahlen und dem Versuch, die originale Farbe wiederherzustellen, was sich als große Herausforderung herausstellte. Zuerst habe ich den Lack nach dem Originalrezept gemischt, aber das Endresultat wich ein wenig vom Farbton im Innenraum ab. Nach einem sorgfältigen Vergleich dieser Elemente gelang es, ein nahezu perfektes Äquivalent zu erhalten – „Ivy Green Metallic“. Die so instand gesetzte Karosserie erhielt neue oder erneuerte Chromornamente, Embleme und Stoßstangen.
Im Innenraum kombinierten die Designer mehrere Grüntöne mit Holzdekor. Ein roter Schalter rechts unter dem Lenkrad steuert den „air grabber“
Optionaler Hurst-Shifter. Die Gänge lassen sich überraschend geschmeidig einlegen
Von oben gesehen, ist die muskulöse Karosserieform am beeindruckendsten
Aggressive Haltung mit leichter Vorwärtsneigung. Um die Traktion zu verbessern, erhielt die Hinterachse zusätzlich Reaktionsstangen
375 PS können in diesem Plymouth Wunder bewirken. Verchromte Abdeckungen sind Originalzubehör – werkseitig waren sie orange, genauso wie der Motorblock
Später war es Zeit für das Interieur, das ich ebenfalls komplett restauriert habe. Neu sind grüne Lederpolster, der Dachhimmel und Teppiche. Ich habe auch die Seitenverkleidungen der Türen samt Griffen sowie das gesamte Armaturenbrett ersetzt. Das einzige ursprüngliche, aber erneuerte Element sind die Instrumente.
Mechanisch wurde das Auto fast vollständig restauriert, und es gelang auch, seine Originalität weitgehend zu erhalten. An leistungssteigernden Komponenten habe ich einen MSD-Zündapparat und einen Aluminium-Ansaugkrümmer installiert. Unverändert blieben dagegen die ursprünglichen gusseisernen Abgaskrümmer, die im Vergleich zum Ersatz aus Stahlrohren einen satteren und saftigeren Klang bieten. Ergänzt wird das Hörerlebnis durch eine Doppelauspuffanlage aus Rohren mit 3 Zoll Durchmesser im „H“-System, an deren Enden sich Flowmaster-Schalldämpfer befinden. Das Resultat ist wirklich atemberaubend. Es genügt, zu sagen, dass es im Umkreis von 10 Metern unmöglich ist, ein Gespräch zu führen, wenn der Motor im Leerlauf ist. Andererseits gibt es während der Fahrt keine solchen Probleme, und selbst bei höheren Geschwindigkeiten kann man normal miteinander reden. Aber machen wir uns nichts vor – das ist kein Auto für Familienausflüge aufs Land. Kinder würden den lauten V8-Sound vielleicht mögen, aber für die Ehefrau müsste man schon Kopfschmerztabletten parat haben.
Auch die originalen Goodyear-Reifen sorgten für extreme Erlebnisse. Aber weil ich kein Masochist bin, tauschte ich sie gegen „Cooper Cobra“ und verbesserte so den Fahrkomfort deutlich. Ich habe viele Fahrwerkskomponenten durch neue ersetzt, aber es wurde nichts modernisiert. Umso überraschender ist es für Fahrer, die an das couchartige Fahrgefühl amerikanischer Autos gewöhnt sind – der GTX liegt souverän auf der Straße und liebt schnelle Kurven, sodass die Fahrt mit ihm ein echtes Vergnügen ist. Der einzige Nachteil ist die etwas zu leichtgängige Servolenkung.
Umso wichtiger ist das überraschend gute Handling, denn der 7,2-Liter-V8 hat schon bei niedrigen Drehzahlen enorme Leistungsreserven. Infolgedessen drehen oft die Räder durch, sogar im zweiten Gang. Selbstverständlich bedeutet das, dass man mit dem GTX gut „seitwärts fahren“ kann – er ist einfach zu kontrollieren, und beeindruckende Drifts gelingen problemlos. Dazu tragen der fast 3 Meter lange Radstand und das (zumindest für heutige Verhältnisse) nicht besonders hohe Leergewicht (1,6 t) bei.
GTX-Schriftzüge befinden sich an jeder Seite des Fahrzeugs. Im Vergleich zum günstigeren Roadrunner hatte dieses Modell mehr zweifarbige Elemente
Der „air grabber“ ist ein vom Fahrer einstellbarer zusätzlicher Lufteinlass zum Vergaser. Einlässe auf der Motorhaube sind mit dem Luftfilter verbunden
Seitenblinker im vorderen Teil der Kotflügel waren gegen Aufpreis erhältlich
Auf den ersten Blick ein einfaches und gewöhnliches Armaturenbrett. Aber ein auf 150 Meilen pro Stunde skalierter Tacho und ein Drehzahlmesser bis 8.000 U/min sind nicht mehr alltäglich
Plymouth hat den GTX als „Muscle Car für Gentlemen“ konzipiert, und genau solche Eindrücke entstehen immer noch beim Fahren, obwohl seit der Markteinführung des Modells ein halbes Jahrhundert vergangen ist. Dieses komfortable und luxuriöse Coupé kann viel Freude bereiten, selbst bei ruhiger Fahrt auf einer geraden Straße. Aber wenn man ein bisschen Spaß haben will, pumpen der kraftvolle V8, das sehr gute Handling und das tolle Auspuffgeräusch sofort Unmengen Adrenalin in die Adern. Es ist ein perfektes Auto für all diejenigen, die von den träge machenden Lincolns und Cadillacs gelangweilt sind. Der Plymouth GTX ist ein Auto für echte Männer. Eine herrliche und wunderbar klingende Bestie.
1969er Plymouth GTX
Motor: V8, OHV, Hubraum: 7.206 cm³ (440 ci), Bohrung: 109,79 mm, Hub: 95,25 mm, Leistung: 375 PS bei 4.600 U/min, Drehmoment: 651 Nm bei 3.200 U/min, Verdichtung: 10,1:1, Gemischaufbereitung: Vergaser Edelbrock 800 CFM, Zündapparat MSD 6-AL. Auspuffanlage: doppelt im H-System, Endschalldämpfer Flowmaster. Antrieb: Hinterachse, 4-Gang-Schaltgetriebe. Aufhängung: Vorderachse: Einzelradaufhängung mit Drehstäben, Stoßdämpfer Koni, Stabilisator. Hinterachse: Starrachse Dana 60 mit einer Übersetzung von 3,54:1, Blattfedern Mopar HD, Differenzialgetriebe mit erhöhter innerer Reibung. Bremsen: Scheibenbremsen vorne, Trommelbremsen hinten. Felgen: vorne: Mopar 7 x 15, hinten: 8 x 15. Reifen: vorne: 235/60 R15, hinten: 255/60 R15. Karosseriemaße (mm): L.: 5.149, B.: 1.941, H.: 1.334. Gewicht (kg): 1.597. Radstand (mm): 2.946. Tankinhalt (l): 72. Fahrleistungen: Beschleunigung 0-100 km/h (s): 6,6.
Fotos: Radek „Caddy“ Beneš