... Kontrahenten senken die Köpfe wie Stiere, treiben sich hin und her. Sie zischen lautstark, geben Kullerlaute von sich. Dann zieht sich der Jüngere zurück. Der Ältere scheucht ihn über die Wiese in die Flucht.
Sie kämpfen stundenlang bis zur Erschöpfung
Doch der Sieger gönnt sich keine Verschnaufpause, er kehrt zurück und wartet auf das nächste Duell. „Sie balzen manchmal stundenlang bis zur Erschöpfung. Zuweilen hört man die Hähne kilometerweit. Wer dieses faszinierende Schauspiel einmal beobachtet hat, wird es nie mehr vergessen“, erklärt der Biologe Torsten Kirchner, Gebietsbetreuer der Wildland-Stiftung Bayern im Naturschutzgebiet Lange Rhön. „Jeder Hahn will ins Zentrum des Kampfplatzes und Haupthahn werden. Er muss sich jeden Morgen aufs Neue beweisen. Wie bei der Brunft der Hirsche gibt nur der ranghöchste und stärkste Hahn am Ende der wochenlangen Balzkämpfe seine Gene weiter.“
Große Schaukämpfe, kleine Blessuren
Weicht keiner der Kontrahenten zurück, hacken die Männchen auch mal zu. Ziel der Attacken sind die Hautrosetten am Kopf, die zur Frühjahrsbalz anschwellen. Die tanzenden Vögel wirken rabiat, aber vollführen vor allem Schaukämpfe. „Es gibt nur Blessuren oder kleine Verletzungen“, weiß Kirchner. „Sie prügeln sich, aber töten sich nicht.“ Nähert sich eine Henne, hüpfen die von Hormonen aufgepeitschten Hähne hoch. Die Flattersprünge sieht man schon von Weitem.
Doch seit einigen Jahren ist es auf vielen Balzplätzen in Deutschland still geworden. Birkhühner siedeln in Moor- und Heidegebieten, offenen Waldlandschaften und im Mittelgebirge.Sie ernähren sich von Beeren, Blüten, Knospen, Trieben, Insekten. Ihr Lebensraum ist stark geschrumpft. Zudem haben die haushuhngroßen Tiere viele Feinde: Marder, Greifvögel und vor allem Füchse. Bei uns gibt es nur noch drei winzige Populationen in Rhön, Erzgebirge und Lüneburger Heide sowie rund tausend Birkhühner im Alpenraum.
190 Birkhühner wurden seit 2010 dank Naturschützern aus Deutschland von Mittelschweden in die Rhön umgesiedelt
In der Rhön lebten 2009 weniger als zehn Exemplare. Dann starteten Tierschützer eine dramatische Rettung. Ihre Idee: Birkhühner aus Schweden importieren. „Wir brauchten dringend frische Gene“, so Kirchner. In Skandinavien ist die Art weitverbreitet. Das Team um Projektkoordinator Kirchner nahm Kontakt mit den Kollegen in Ljusdal auf, holte Expertisen und Genehmigungen ein. 2010 fingen sie erstmals schwedische Birkhühner mit selbst gebastelten Korbfallen. Streng limitiert und amtsärztlich überwacht. Seit 2010 wurden so 190 Hähne und Hennen umgesiedelt. Die sehenswerte Doku „Mission Birkhuhn“ (siehe TV-Tipp) hat die jüngste Expedition begleitet und zeigt faszinierende Bilder der Balz. Doch der Bestand in der Rhön steigt nur langsam, auf zuletzt etwa 25 Tiere. Derzeit ist das Projekt auf dem Prüfstand.
In der kalten Jahreszeit ruhen Birkhühner gern in Schneehöhlen. An schönen Wintertagen kommen sie heraus und versammeln sich in den Bäumen. Dann sitzen dieselben Hähne, die sich in der Balz verprügeln, friedlich zusammen auf einem Birkenast. Als sei nichts gewesen.
DAGO WEYCHARDT
SO 26.9. TV-TIPP
12.45 ARTE
MISSION BIRKHUHN DOKU Die Rettung der tanzenden Vögel. Von Florian Guthknecht