... vernünftige Schaltpaddel aus Aluminium und der mittlerweile gewohnte, aber nach wie vor umstrittene Digitaltacho – hier im blau-grünen Alpina-Design.
Wir drücken den Startknopf aus Kristallglas, und der 4,4-Liter unter der Haube erwacht zum Leben. Anders als etwa beim B3 betreiben die Buchloer aber in diesem Fall ein bisschen weniger Aufwand. Der B8 basiert zwar auf einem M850i xDrive Gran Coupé; diesem wurde aber nicht der schärfere S63 aus dem M8 implementiert, sondern man hat es beim zivileren N63 belassen. Den bringen die Techniker über zwei Twin-Scroll- Lader mit 54-mm-Turbinen auf 621 PS – also nur vier weniger als im M8. Mit dem ebenfalls kristallgläsernen Wählhebel legen wir die erste Fahrstufe der achtstufigen ZF-Automatik ein und rollen vom Parkplatz. Ach was, rollen – gleiten. Die eigens konfigurierte Luftfederung macht ihre Sache so gut, dass wir trotz der niedrigen Flankenhöhe der P-Zeros mit spezieller Alpina-Kennung keine Bedenken in puncto Schlaglöcher haben. In den Tiefen des Fahrwerksmenüs zeigt sich die Grundauslegung: Comfort Plus statt Sport Plus. Der B8 ist nicht für Kurvenjagden gebaut, die Buchloer wollen mit ihm auf den US-Markt. B7 und XB7 sollen eine elegante Alternative mit sportlichem Touch zur Seite gestellt bekommen. Daher auch die Festlegung auf den coupéhaften Viertürer. Von ihm verspricht man sich schlicht mehr Absatz als von einem Zweitürer. Diesen zusätzlich noch zu bauen, wäre kein Problem. Nur Adaption und Homologation müssten für ein B8 Coupé komplett neu gemacht werden. Das rechnet sich nicht. Schließlich baut Alpina über die gesamte Palette pro Jahr nur rund 2000 Autos. Das ist intern zwar eine enorme Leistung und neuer Firmenrekord, im Vergleich zu anderen Herstellern sind das aber immer noch homöopathische Dosen.
Das B8 Gran Coupé ist wirklich nicht für die Rennstrecke gebaut; besonders nicht für den engen und welligen Sachsenring. Seine Zeit holt der Alpina vor allem in den wenigen Vollgaspassagen über den bulligen Schub des 4,4-Liter-Achtzylinders. In engen Bereichen wie dem Omega kommt die Vorderachse schnell an ihre Grenzen, wobei das Einlenkverhalten noch zu gefallen weiß. Erst am Kurvenausgang, wenn wieder Vorwärtsdrang mit Seitenführung verknüpft werden müsste, geht der P Zero mit Alpina-Kennung in die Knie – kein Wunder, bei gemessenen über 2,1 Tonnen Leergewicht. In Relation gesetzt, ist der B8 jedoch schneller als ein Panamera Turbo.
Über die geschwungenen Landstraßen Mittelfrankens steuern wir auf unseren Messflughafen im malerischen Rothenburg ob der Tauber zu. Und „steuern“ trifft es eigentlich ganz gut. Ja, der Wankausgleich hält die Fuhre in Kurven nahezu in der Waage, doch Dynamik will nicht aufkommen – auch nicht im Sportmodus, auf den die Beschreibung „zurückhaltend aggressiv“ passt.
Sobald es aus einer engen Ecke jedoch auf die nächste Gerade geht, fällt uns nur noch ein Wort ein: „Heidewitzka“. Wahnsinn, wie der 4,4-Liter an allen vieren zerrt, unnachgiebig seine Kraft entwickelt und der Vorwärtsdrang nie zu enden scheint. Das zeigen auch unsere Messwerte: Mit 3,2 Sekunden auf Tempo 100 feilt der exakt 2115 Kilogramm schwere B8 zwei Zehntel von der Werksangabe ab. Tempo 200 liegt nach 10,7 Sekunden an, und das Spiel geht noch bis 324 km/h so weiter. Auf unserer Verbrauchsrunde begnügt er sich mit 12,3 Litern – nur 0,4 Liter über Werksangabe.
Auf dem Weg zum Sachsenring ist er dann in seinem Element. Autobahn, hohe Reisetempi, lange Wellen glattbügeln. Das mag er; die Rennstrecke weniger.
Fazit
Alexander Bernt
Ein M8 Competition Gran Coupé ist noch mal über 6000 Euro teurer, zudem fehlt ihm die Eleganz des B8. Alpina trifft die Ansprüche dieser Fahrzeugklasse auf den Punkt. Unaufgeregt, aber jederzeit bereit.