... Hautanhängsel hat man auch schon bei Sauropoden gefunden, pf lanzenfressenden Dinosauriern“, erklärt sie. „Aus den Hautschuppen entwickelten sich schließlich Federn, die zu Beginn dieser Entwicklung die Haut eher wie ein Flaum bedeckten. Ähnlich dem Federkleid von jungem Gef lügel“, so die Paläontologin. Bei kleineren Sauriern habe der Flaum vor allem der Wärmeisolation gedient, so wie heute bei Säugetieren das Fell. „Verlässlich lassen sich Federn den Coelurosauriern zuordnen, einer großen Gruppe der Raubsaurier, zu denen auch der Tyrannosaurus Rex zählt. Bei ihm kann man allerdings davon ausgehen, dass er nicht kontinuierlich mit Federn bedeckt war, da so große Tiere eher Wärme abgeben mussten, statt sie zu halten.“ Seine Befiederung auf Nacken und Rücken habe wohl eher Signalwirkung gehabt und sollte wahrscheinlich Rivalen abschrecken und Weibchen beeindrucken. „Die Weiterentwicklung der Befiederung führte zur Ausbildung von Deckfedern an Schwanz und Armen respektive Schwingen, die Signalwirkung hatten oder zum Paarungstanz eingesetzt wurden“, so Dr. Schwarz weiter. „Dementsprechend sind Coelurosaurier, zu denen auch der T-Rex und der Velociraptor zählen, mit heutigen Vögeln auch am engsten verwandt.“ (Grafik: Seite 25) Künstler Joschua Knüppe ergänzt: „Der Velociraptor mit seinem langen, schmalen Kopf und schnabelähnlichen Kiefer hatte bereits Schwungfedern und Flügel, das belegen Funde in China.“
„Die Belege für die Befiederung haben das Bild von Sauriern revolutioniert.“
Joschua Knüppe, Paleo-Artist
Prof. Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie erläutert in der Arte-Doku weiter: Auch wenn ein Dino wie der Velociraptor damit nicht fliegen konnte, „benutzte er seine Arme mit den Konturfedern wie heutige flugunfähige Vögel, um beim schnellen Rennen Richtungswechsel zu erleichtern oder die Balance zu halten. Das kann letztlich auch zu einem kurzen Aufflattern geführt haben und über dieses Zwischenstadium zum Flug.“
Nicht nur die Entdeckung ihres Federkleids ist revolutionär. Auch das Geheimnis um den Riesenwuchs der Giganten beginnt sich zu lüften: „Bohrungen in den Knochen weisen zum einen darauf hin, dass ihr Stoffwechsel sowohl Ähnlichkeiten mit dem von Reptilien, aber auch mit jenem von Vögeln und Säugetieren hat“, verrät Schwarz. „Dinosaurier wuchsen in jungen Jahren sehr schnell, im Alter dann aber nur noch deutlich verlangsamt.“ „Beim Schlupf aus den Eiern hatten selbst die Nachkommen eines 26 Meter langen Giraffatitans, dessen Eier etwa so groß wie ein Handball waren, vielleicht die Größe eines Chihuahuas“, enthüllt Schwarz.
„Einen Mechanismus wie das Luftsacksystem findet man auch bei heutigen Vögeln.“
Daniela Schwarz, Paläontologin im Museum für Naturkunde in Berlin
„Über Sauropoden weiß man heute, dass sie bei Weitem nicht so plump waren, wie man sie früher dargestellt hat“, klärt Daniela Schwarz über die Pflanzenfresser auf. Ein Wissen, das die Paläontologin mit dem Einsatz moderner Technologien wie der Computertomografie erlangt hat. „Ohne das Material zu zerstören, entdeckte ich in meiner Forschung dabei Aushöhlungen in den Wirbelknochen: Tatsächlich werden die von außen sehr massiv wirkenden Knochen wie Fachwerkhäuser nur durch tragende Wände stabilisiert, weshalb sie im Computertomografen durchlöchert wie ein Schweizer Käse aussehen.“ Verursacht werden diese Hohlräume „von einem Luftsacksystem, dessen Membranen sich in die Knochen fressen und sie aushöhlen“, erklärt Schwarz. „Dieses Luftsacksystem entdeckte man auch bei Flugsauriern, und einen ganz ähnlichen Mechanismus findet man ebenso heute bei Vögeln.“ Die großen Sauropoden konnten auf diese Weise ihr Gewicht stark vermindern, was gerade bei ihren langen Hälsen wichtig war, deren Gewicht sich so um ein Drittel reduzierte. „Da sich diese Luftsäcke mit blasebalgartigen Gebilden auch in den Rumpf ausdehnen, mussten wir ursprüngliche Gewichtsannahmen neu berechnen“, gibt Schwarz zu. „Während wir zuvor davon ausgingen, dass der Giraffatitan hier im Museum für Naturkunde in Berlin 80 Tonnen Lebendgewicht auf die Waage brachte, müssen wir heute davon ausgehen, dass es ,nur‘ 25 bis 38 Tonnen waren.“
Dino-Hotspot Tansania
Immer wieder reist die Berliner Expertin zum Fundort zahlreicher Skelett-Teile des Giraffatitan: nach Tansania. Zuletzt war sie im Herbst 2021 dort im Tendaguru-Gebiet, wo ein richtiger Dinosaurier-Hotspot liegt. Seit 1909 graben deutsche Forscher hier erfolgreich nach Relikten der Urzeitriesen. Zu Beginn stand Tansania als Kolonie Deutsch-Ostafrika noch unter der Herrschaft des Kaiserreichs: Was die Kolonialherren damals entdeckten, verschifften sie umgehend in die ferne Heimat, wo ihre Funde heute im Museum für Naturkunde in Berlin zu bestaunen sind. „Ein Verhaltensmuster der Kolonialzeit, das heute nicht mehr gilt“, betont Dr. Daniela Schwarz. „Wir arbeiten im Tendaguru in Kooperationen mit den Kolleginnen und Kollegen in Tansania und nehmen Funde selbstverständlich nicht mehr einfach mit.“
SABINE KREMPL