... Accuphase sowohl bei End- wie auch bei Vollverstärkern eine zweigleisige Strategie. Es gibt Schallwandler da draußen, denen sich mit etwas weniger Ruhestrom und mehr Ausgangsleistung besser beikommen lässt. Und um dem Jubiläums-Class-A-Modell E-800 ein adäquates Gerät aus dem Class-AB-Lager, ebenfalls noch unter der 50-Jahres-Geburtstagsfahne, an die Seite stellen zu können, gibt‘s jetzt den E-5000 für 13900 Euro.
Klassenunterschiede
Und der ist eine Hausnummer, soviel kann ich Ihnen schon jetzt versprechen. De fakto handelt es sich bei ihm um den leistungsfähigsten Vollverstärker, den die Japaner jemals auf Kiel gelegt haben. Bei den Leistungsangaben ist man wie immer dezent zurückhaltend, unsere Messtechnik jedoch spricht eine deutlich Sprache: 250 Watt Dauerleistung an acht und 400 Watt an vier Ohm – das ist für einen Vollverstärker mal eine Ansage. Das hat Folgen für die Physis des Gerätes: Mit einer Bauhöhe von 211 Millimetern überragt der E-5000 das bisherige AB-Spitzenmodell E-480 um 30 Millimeter in der Höhe und muss sich diesbezüglich nur dem E-800 unterordnen – um 28 Millimeter. Und ja, ich bin mir ganz sicher, dass diese von weithin sichtbare Abstufung nicht nur technischen Gegebenheiten geschuldet, sondern pure Absicht ist.
Im Prospekt des Gerätes vermisse ich schmerzlich das sonst bei Accuphase obligatorische Blockschaltbild. Kein anderer Hersteller hat sich in der Vergangenheit getraut, die Hosen in technischer Hinsicht so weit herunterzulassen wie die Japaner. Trotzdem herrscht kein Mangel an Detailinformationen: Der Endstufenpart fußt dem Vernehmen nach auf dem der mächtigen Stereoendstufe P-7300, die interessanterweise nominell weniger Ausgangsleistung an „normalen“ Lautsprecherimpedanzen hat und nur bei unrealistisch niederohmigen Lasten noch Vorteile haben soll.
Bedienung
In Sachen Bedienung und Ausstattung folgt der Neue selbstverständlich der über viele Jahre bewährten Accuphase-Tradition. Wie immer sind es Nuancen, in denen sich neu entwickelte Geräte von ihren Vorgängern unterscheiden, da macht der E-5000 keinen Unterschied. Es sind solche Kleinigkeiten wie die nunmehr goldfarben glänzenden „Kragen“ um Lautstärkesteller und Eingangswahlschalter, die noch einen Hauch mehr Luxus vermitteln. Oder die brandneuen Zeigerinstrumente, die die Aussteuerung im unteren Pegelbereich jetzt noch deutlicher ablesbar machen als in der Vergangenheit. Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Wenn ich die Ausgangsleistung des Gerätes an einem Acht-Ohm-Widerstand auf exakt ein Watt einstelle (unser Audio Precision-Analyzer ist da unbestechlich), dann zeigen beide Instrumente des E-5000 ein Watt an. Und zwar exakt. Das ist in der Praxis nicht wichtig, verleiht aber dieses ungemein beruhigende Gefühl von Präzision bis ins letzte Detail, wie man es nur bei Accuphase findet.
Große Accuphase-Vollverstärker sind traditionell bestens geeignet, auch umfangreiche Gerätekonfigurationen zu verwalten. Im Falle des E-5000 heißt das: Neun Quellgeräte, zwei davon symmetrisch plus ein Aufnahmegerät sind anschließbar. Natürlich gibt es Anschlüsse für den Vorverstärkeraus- und den Endstufeneingang. Symmetrisch wie unsymmetrisch – ist doch klar.
Und natürlich gibt’s alles, was die herrlich aufgeräumte Front stören könnte unter der sanft öffnenden Abdeckklappe: Klangregler, Lautsprecherwahlschalter, jede nur erdenkliche Betriebsartenwahl und die Parametrierung für die optionalen Eingangsmodule: aktuelle stehen das Phonomodul AD-50, der D/A-Wandler DAC-60 und das Line-Modul AD-10 zur Verfügung. Und natürlich gibt’s eine bestens in der Hand liegende Fernbedienung, mit der sich ein großer Teil des Geboten vom Sessel aus befehligen lässt. All das bewegt sich selbstverständlich auf dem Niveau, das auch der E-800 bietet.
Technik
Auch in technischer Hinsicht gibt es Parallelen zwischen beiden Geräten: Beide sind weitgehend vollsymmetrisch aufgebaut und verlassen sich auf sehr ähnliche Schaltungstopologien. Nach der Eingangsumschaltung (natürlich mit feinen Relais direkt vor Ort) bereitet eine diskret aufgebaute Instrumentenverstärkeranordnung den Weg für die einmalig aufwändige elektronische AAVA-Lautstärkeregelung, die hier gleich doppelt zum Zuge kommt. Deshalb generiert sie auch gleich symmetrische Ausgangssignale, mit denen es weiter zur (natürlich überbrückbaren) Klangregelstufe, einem Pufferverstärker und schließlich zu Endstufe geht. Jene ist wie üblich komplett kanalgetrennt aufgebaut. Jedes der mit seinem Kühlkörper eine kompakte Einheit bildende Module ist mit zehn bipolaren Endstufentransistoren bestückt, die überhaupt kein Problem damit haben, die geforderten Leistungsfluten bereit zu stellen. Die erforderlichen Energien stellt ein absolut geräuschfrei arbeitender dämpfend vergossener Ringkerntrafo zur Verfügung, zwei imposante 40000-Mikrofarad-Elkos besorgen Siebung und Glättung der Betriebsspannungen.
Hinter der Front residiert die reichlich Platz beanspruchende Lautstärkeregelung, die dort zudem gut geschützt vor allen möglichen Rauschquellen ihrn Dienst versieht. Hinter dem Laustärkeknopf arbeitet der wohl aufwändigste Drehimpulsgeber, den die HiFi-Welt je gesehen hat. Sein „Drehgefühl“ ist dafür allerdings auch einzigartig.
Accuphase E-5000
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»DerE-5000istderneueMaßstabinSachen Souveränität und Geradlinigkeit. In Verbindung mit seiner Fähigkeit, extrem weite Räume aufzuspannen, gehört er zweifellos zu den besten Verstärkern am Markt.
Messtechnik-Kommentar
Gewohnte Perfektion: Der E-5000 verstärkt exakt kanalgleich, und das bis über 100 Kilohertz. An acht Ohm leistet der saubere 250 Watt, an vier Ohm derer 400. Bei fünf Watt am, Ausgang (acht Ohm) schafft er fast 100 Dezibel(A) Fremdspannungsabstand, die Kanaltrennung liegt nur unwesentlich darunter. Die Werte für Vier-Ohm-Betrieb sind praktisch identisch. Bei einem Watt beträgt der Klirrfaktor an acht und vier Ohm ausgezeichnete 0,016 Prozent. Die Stromaufnahme im Leerlauf beträgt 87 Watt.
Die Accuphase-Ingenieure legen traditionell großen Wert auf maximalen Dämpfungsfaktor bei ihren Endstufen. Dafür lassen Sie sich Einiges einfallen. Auch im E-5000 werkeln keine Relais in der Schutzschaltung mehr, das Ausgangssignal wird schon seit einiger Zeit mit winzigen SMD-MosFets geschaltet. In der neuesten Ausführung beträgt deren Innenwiderstand nur noch winzige 1,9 Milliohm.
Die große Revolution im Schaltungsdesign gibt’s also nicht, aber die war auch nicht erforderlich. Vielmehr ist es die Summe vieler kleiner Verbesserungen, die dem E-5000 zur Spitzenposition in seiner Gattung verhelfen sollen.
Klang
Wenn es einen Lautsprecher gibt, für den man einen Verstärker mit solchen Leistungsdaten braucht, dann ist das die altehrwürdige Dynaudio Consequence aus den frühen Achtzigern. Die passive Fünfwegekonstruktion mit zwei Zwölf-Zoll-Bässen in Compound-Anordnung gilt so ziemlich als das Leistungshungrigste, was der Markt seinerzeit hervorgebracht hat. Zufällig stand uns ein Paar dieser Herausforderungen zur Verfügung und natürlich musste der E-5000 zeigen, ob er die Däninnen adäquat versogen kann. Das Ergebnis war nicht weniger als ein Schock. Nachdem alles, was ich zum Vergleich im Hause gefunden hatte, mit den Dynaudios nicht viel mehr als gepflegte Langeweile zustande brachte, war der E-5000 eine hochdosierte Adrenalinspritze. Ich hätte nie gedacht, wie ungeheuer wuchtig und energisch diese Tieftonanordnung zur Sache gehen kann. Was Kontrabasslegende Ray Brown mit seinen Freunden von LA4 über diese Anordnung für eine Authentizität zu erzeugen schafft – alle Achtung. Grollend, wuchtig, stabil, aber trotzdem flüssig und fein, viel überzeugender habe ich diesen Auftritt noch nicht gehört.
Bühne. Die zweite große Auffälligkeit, die der E-5000 zu erzeugen in der Lage ist. In einem Maße, dass es sich audrängt, auch ohne den akribischen „inneren Zollstock“ zu bemühen. Autorität in allen Raumdimensionen, perfekte Loslösung von der Lautsprecherebene – das macht der große Accuphase mit links. Dabei bleibt das Klangbild stets tonal präzise, souverän und geradlinig. In der festen Überzeugung, dass das Ganze an Wandlern mit reichlich Wirkungsgrad kippen würde, habe ich ein Paar Zwei-Wege-Feldspulenlautsprecher mit 15-Zoll-Tieftönern von Wolf von Langa angeschlossen. Kippen? Von wegen. Soviel Energie, Durchsetzungsvermögen und pralle Lebendigkeit habe ich bis jetzt mit nichts Anderem aus der 96-Dezibel-Box herausbekommen. Für den nach oben heraus mit nicht allzu viel Pegel gesegneten Hornhochtöner war der energische E-5000 genau das richtige Mittel, wie ich mittlerweile weiß.
Gut zu wissen, dass mit dem E-5000 nunmehr ein Werkzeug für diejenigen zur Verfügung steht, bei denen die Rechnung mit dem einmalig geschmeidigen und offenen E-800 nicht perfekt aufgeht.
Holger Barske