... Mitspielers Cristiano Ronaldo (37), in dessen Schatten er lange stand, vorbei (17 Treffer 2013/14). Benzema, der den Henkelpott bereits zum fünften Mal gewann, erzielte allein zehn Tore in der K.o.-Runde. Der ehemalige Weltklassestürmer Thierry Henry (45) schwärmt: „Benzema ist nicht nur der beste, sondern auch der Stürmer.“ kompletteste Es ist gar nicht so lange her, da galten Mittelstürmer wie Benzema im Spitzenfußball fast schon als eine aussterbende Spezies. Im Zuge der Dominanz des spanischen Fußballs und des Kurzpass- und Ballbesitzspiels (ab ca. 2008) setzten immer mehr Top-Trainer vorne auf eine „falsche Neun“ oder einen flinken, quirligen Angreifer. Doch mittlerweile steht der klassische Strafraumstürmer, der über die Physis kommt und wie Benzema mit dem Rücken zum Tor spielen kann, wieder hoch im Kurs. Der beste Beleg dafür: der diesjährige Transfer-Sommer. Manchester City verpflichtete für 60 Mio. Euro Erling Haaland (22) von Borussia Dortmund. Der
Vorjahresfinalist FC Liverpool verstärkte sich mit dem uruguayischen Sturmtank Darwin Núñez (23) von Benfica Lissabon (Ablöse: 75 Mio. Euro), und der FC Barcelona sicherte sich nach monatelangen zähen Verhandlungen mit dem FC Bayern die Dienste von Robert Lewandowski (34). Kostenpunkt: 45 Mio. Euro. Im Winter hatte sich bereits der italienische Rekordmeister Juventus Turin (36 Titel) einen neuen Stürmerstar geschnappt, holte für knapp 82 Mio. Euro Dusan Vlahovic (22) vom AC Florenz. Europas Elite setzt wieder auf einen „echten“ Neuner in der Spitze.
Barça-Boss ist überzeugt, dass man mit Lewandowski um den Titel spielt
„Jede große Mannschaft braucht einen Stürmer, der Tore garantiert“, meint Barcelonas Präsident Joan Laporta (60). Der Klubboss ist überzeugt davon, dass die zuletzt kriselnden Katalanen mit Lewandowski wieder um den Titel in der Champions League spielen können. Laporta: „Lewandowski ist ein Maschinengewehr, er hat bereits zweimal den Goldenen Schuh gewonnen.“
Dass ein guter Mittel- stürmer jede Mannschaft bereichert, hat mittlerweile auch City-Coach Pep Guardiola (51) eingesehen. Der Katalane sorgte als Barça-Cheftrainer (von 2008 bis 2012) einst dafür, dass die „falsche Neun“ populär wurde. Mittlerweile will auch er nicht mehr auf einen Brecher verzichten. In den vergangenen Jahren scheiterte sein Team in der Königsklasse immer wieder an den eigenen Nerven, war in den entscheidenden Momenten nicht effektiv genug. Es fehlte ein eiskalter Vollstrecker. Mit Haaland hat Guardiola nun einen.
Für Englands Sturmlegende Alan Shearer (52) ist Haaland das Puzzlestück, das den Citizens für den Sieg in der Königsklasse noch gefehlt hat. „Sie waren schon ohne Haaland ein fantastisches Team, mit ihm sind sie jetzt nahezu perfekt aufgestellt“, sagt Shearer. „Ein Stürmer seiner Qualität wird pro Saison 40 oder mehr Treffer in einer Mannschaft wie City, die enorm viele Chancen kreiert, erzielen.“
Viele Tore erhofft sich auch Jürgen Klopp (55) von Núñez. Der Angreifer, der in der letzten Saison 34-mal für Benfica traf, ist 1,87 Meter groß und ein durch- trainierter Top-Athlet. Mit seiner Physis und Wucht soll er für mehr Biss im Angriffsspiel von Liverpool sorgen. Zuletzt hatte es den „Reds“ an Durchschlagskraft im letzten Drittel gefehlt. Auch deswegen ging im Mai das Finale gegen Real verloren (0:1).
Ausgerechnet die Bayern gehen ohne einen Strafraumstürmer ins Rennen um den Henkelpott. Die FCB-Führungsriege um Oliver Kahn (53) entschied sich in Absprache mit Coach Julian Nagelsmann (35), keinen direkten Nachfolger für Lewandowski zu holen. Bayerns Königstransfer Sadio Mané (30) spielte in Liverpool zwar immer wieder in der Spitze, ist gleichwohl kein klassischer Neuner. „Es wird einen neuen FC Bayern geben“, kündigte Nagelsmann in der Sommervorbe- reitung an und überraschte zum Saisonstart mit einem 4-2-2-2-System, bei dem es vorne keinen Zielspieler gibt, sondern alle Offensivakteure gleichermaßen für das Toreschießen verantwortlich sind. Die ersten Eindrücke waren vielversprechend. In den ersten vier Pflichtspielen erzielten die Münchner 20 Treffer. Ein abschließendes Urteil über die neue taktische Ausrichtung wird man sich aber erst im Frühjahr bilden können, wenn die Bayern-Offensive in der Champions League auf die stärksten Abwehrreihen der Welt trifft.
Auf lange Sicht hätte Nagelsmann gern wieder einen zentralen Angreifer
Auf lange Sicht hätte Nagelsmann gern wieder einen zentralen Angreifer zur Verfügung. Jüngst flirtete der Bayern-Trainer mit Englands National- mann- schaftskapitän Harry Kane (29), bezeichnete den Stürmer von Tottenham Hotspur als „brillanten Spieler“. Spurs-Coach Antonio Conte (53) war darüber wenig begeistert, nannte die Anbändelungsversuche von Nagelsmann „respektlos“. Conte will die Spurs in der europäischen Spitze etablieren und Kane daher unbedingt langfristig halten. Seinem Team ist in dieser Saison durchaus eine Überraschung zuzutrauen.
Überraschen wollen auch die anderen deutschen Starter. Durch den sensationellen Europa-League-Triumph der Frankfurter Eintracht ist die Bundesliga erstmals mit fünf Teams in der Champions League vertreten. Bis auf die Bayern steht bei allen deutschen Klubs mindestens ein Mittelstürmer im Kader: Frankfurt hat Randal
Kolo Muani (23) und Lucas Alario (29), RB Leipzig André Silva (26), Bayer Leverkusen Patrik Schick (26) und Dortmund Anthony Modeste (34). Letzteren holte der BVB als Ersatz für seinen an Hodenkrebs erkrankten diesjährigen Rekordeinkauf Sébastien Haller (28).
Auffällig: Keiner der Angreifer stammt aus Deutschland. Das ist kein Zufall. Der DFB hat die Ausbildung von Mittelstürmern über Jahre vernachlässigt. Nun fehlt Deutschland ein Neuner von Weltklasseformat. Bei der WM in Katar wird Bundestrainer Hansi Flick (57) entweder auf Tempostürmer Timo Werner (26/Leipzig) oder Spielmacher
Keiner der Mittelstürmer stammt aus Deutschland. Das ist kein Zufall
Kai Havertz (23) in der Spitze setzen. Letzterer spielt beim FC Chelsea unter Thomas Tuchel (49) öfter als falscher Neuner. Tuchel ist einer der wenigen Top-Trainer, die auf einen Stoßstürmer verzich- ten. Jüngst ließ er sogar Chelseas Rekordeinkauf Romelu Lukaku (29) nach nur einem Jahr zurück zu Inter Mailand ziehen.
Ein großes Fragezeichen steht in dieser Saison hinter Paris Saint-Germain. Nasser Al-Khelaifi (48), der Präsident des Scheich-Klubs, holte mit Christophe Galtier (56) in diesem Sommer einen neuen Coach. Galtier ist einer der größten Fachmänner Frankreichs, schnappte Paris 2021 mit dem OSC Lille sensationell die Meisterschaft weg. Nun soll der einstige Störenfried PSG zum langersehnten ersten Triumph in der Champions League führen. Mit Weltstars wie Lionel Messi (35), Neymar (30) und Kylian Mbappé (23) hat der Franzose allerdings noch nie zusam- mengearbeitet. Auf höchstem Niveau besitzt Galtier so gut wie keine Erfahrung. Al-Khelaifi sieht darin kein Problem. „Wir sind stolz, ihn zu haben und glauben an ihn“, sagt der Katarer und verkündet: „Bei uns beginnt eine neue Ära.“
Zum ersten Mal seit 2002 eine Champions League ohne Ronaldo
Zu Ende geht eine Ära derweil in der Champions League: Die Königsklasse wird erstmals seit der Spielzeit 2002/03 ohne Cristiano Ronaldo stattfinden. Der Portugiese, der mit 140 Toren Rekordtorschütze des Wettbewerbs ist, konnte sich mit Manchester United nicht qualifizieren. Sein Ex-Kollege Benzema ist indes bereit, Real zum erneuten Triumph zu schießen. Dann vermutlich schon als Weltfußballer.