... Mantel war voller Ruß, seine Pluderhose eingerissen.
Der lange weiße Bart hing ihm quer über den Kopf.
»Helft mir!«, jammerte er. Mister und Misses Jones eilten zu ihm und hievten ihn in einen Sessel. Dann betrachteten sie sein Bein. Es war grün und blau und dick geschwollen. »Das ist mindestens verstaucht«, sagte Mister Jones, der Oberarzt in einem Krankenhaus war.
»Vielleicht sogar gebrochen«, ergänzte seine Frau, der das Krankenhaus gehörte. »So können Sie auf jeden Fall nicht mehr arbeiten.
»Nicht mehr arbeiten?«, rief der Weihnachtsmann entsetzt. »Aber heute ist Weihnachten! Ich hab den Wagen mit Geschenken voll! Die müssen verteilt werden!«
»Haben Sie denn niemanden, der Sie vertreten kann?«, fragte Misses Jones.
Der Weihnachtsmann runzelte die Stirn. »Die Zwerge und Wichtel sind total überarbeitet; packen seit Monaten Geschenke ein. Außerdem glaub ich nicht, dass einer von denen weiß, wie man einen Rentier-Schlitten steuert.«
»Aber ich weiß das«, sagte Kevin, und alle starrten ihn mit großen Augen an.
Der Weihnachtsmann kreuzte die Arme vor der Brust. »Ach, und woher?«, fragte er und zog die linke Augenbraue hoch.
»Ich habe geübt«, sagte Kevin. »Hundert Nächte lang. Seit ich es nicht mehr erwarten kann, dass endlich Weihnachten ist. In Gedanken fahre ich jede Nacht mit dem Rentier-Schlitten, lenke ihn über Häuser und Berge und springe über tiefe Schluchten.«
Kevin machte vor, wie er den Schlitten lenkte.
Der Weihnachtsmann nickte ernst. »Das sind tatsächlich die richtigen Bewegungen«, sagte er und klatschte in die Hände.
»Herzlichen Glückwunsch, Junge: Du hast den Job!« »Äh, Augenblick«, warfen seine Eltern ein. »Unser Kevin kann doch nicht alleine Geschenke ausfahren. Er ist doch erst fünf!« »Natürlich nicht«, sagte der Weihnachtsmann. »Ihr helft ihm dabei! Kevin steuert den Schlitten, ihr verteilt die Gaben.
So bekommt jedes Kind sein Geschenk. Und das soll ja auch so sein: Denn heute ist schließlich Weihnachten!«
Hundert Millionen Geschenke später kamen Kevin und seine Eltern wieder nach Hause. Und waren völlig erschöpft. »Alles verteilt«, sagte Mister Jones. »Bis auf diese drei hier. Da stehen keine Namen drauf.«
»Weil mir die Namensschilder ausgegangen sind«, erklärte der Weihnachtsmann.
»Deshalb wollte ich sie auch als erstes austeilen. Und zwar an Emily, Jason und an … Kevin.
Mit großen Augen nahmen die Kinder ihre Geschenke entgegen. Dann gingen sie ins Esszimmer, wo der Weihnachtsmann »ho-ho-ho« Bratkartoffeln, Rotkohl und Tofutruthahn zubereitet hatte. Und es wurde noch ein richtig schönes Western-Weihnachtsfest – bei Familie Jones im fernen Texas. Yipiiiiieeeh....
Christian Gailus ist schon alt. Weil er aber lieber jung sein will, schreibt er am liebsten Kindergeschichten. Denn in denen passieren die tollsten Sachen: Tiere können reden, Menschen springen über Berge und feuerspeiende Drachen – na, speien eben Feuer. www.christian-gailus.de.
André Rösler , Jahrgang 1970, hat in Pforzheim Gestaltung studiert. Seither macht er in seinem Atelier in Karlsruhe Bilder, Bücher und Sachen. Er zeichnet mit der rechten Hand, hat eine zauberhafte Tochter und unterrichtet Illustration in Würzburg. www.der-roesler.de