... vor zwei Jahren geht es mittlerweile wieder kurz und knackig zu: eFootball 2022 ist der neue Titel des japanischen Entwicklers und Publishers Konami. Zunächst als Free- 2Play-Variante mit wenig Umfang erschienen, soll am 11. November eine 40-Euro-Erweiterung inklusive Match Pass, Kreativteammodus und einigen Shop-Elementen folgen. Diese Zukunftspläne sind jedoch absolut belanglos, wenn wir uns den derzeitigen Zustand des PES-Nachfolgers ansehen.
KAUM UMFANG
Schon Wochen vor der Veröffentlichung kündigte Konami an, dass der Umfang von eFootball 2022 zum Release ein paar mehr Inhalte als eine Demo bietet. Unsere Meinung dazu unterscheidet sich jedoch von der des japanischen Unternehmens. Mit gerade einmal zwei Spielmodi, neun lizensierten Mannschaften, sechs Stadien und Gameplay, das sich im Vergleich zu den Vorgängern deutlich verschlechterte, ist eFootball 2022 nichts anderes als eine Probeversion. Einerseits können wir uns in Offline-Freundschaftsspiele gegen die K.I. oder einen Freund stürzen, anderseits steht uns der Onlinemodus Worldwide Clubs zur Verfügung. Dort spielen wir 1-gegen-1-Duelle gegen menschliche Spieler.
Zu den komplett lizenzierten Teams zählen die fünf europäischen Mannschaften Bayern München, Arsenal London, Manchester United, Juventus Turin und der FC Barcelona. Dazu kommen noch der FC Sao Paulo, Corinthians und Flamengo aus Brasilien, sowie River Plate aus Argentinien. Gespielt wird in den Arenen der europäischen Clubs und dem von Konami selbst entworfenem eFootball Stadium. Im Online-Modus stehen uns zwar mehrere Mannschaften zur Verfügung, doch ohne die offiziellen Lizenzen der jeweiligen Vereine. Wir spielen dort also beispielsweise mit Liverpool R gegen Chelsea B. Spieler wie Kylian Mbappé, Virgil van Dijk oder Timo Werner sind dennoch animiert und gut erkennbar. Warum diese Teams bei den Freundschaftsspielen nicht zur Verfügung stehen und wir nur mit den Lizenz-Clubs in eine Partie starten dürfen, bleibt allerdings ein Rätsel.
NOCH WENIGER UMFANG
Doch damit nicht genug. Auch in Sachen Spieleinstellungen bietet eFootball 2022 nur eine stark begrenzte Anzahl an Optionen. Es ist leichter aufzuzählen, welche Funktionen den Weg in das Spiel gefunden haben als andersherum. So stehen uns gerade einmal zwei von sechs Schwierigkeitsstufen zur Auswahl: Fortgeschritten und Superstar. Alle anderen sind zwar vorhanden, doch noch ausgegraut und nicht anwählbar. Dass sich Superstar als höchster Schwierigkeitsgrad zum Release viele Freunde macht, bezweifeln wir. Ähnliches gilt für die Spieldauer. Wir können lediglich eine Halbzeitlänge von fünf Minuten einstellen, obwohl sämtliche Optionen bis hin zu einer 30-Minuten-Hälfte bereits angezeigt werden. Graslänge (Kurz, Normal, Lang) und Spielfeldzustand (Trocken, Normal, Nass) lassen sich zwar verändern, zeigen allerdings keinerlei Auswirkungen. Auch Taktikeinstellungen können vor einer Partie nur in einem minimalen Maße angepasst werden.
KONAMI, SETZEN SECHS!
Kommen wir doch einmal zur Stärke früherer PES-Titel, dem eigentlichen Gameplay. Konami hat es zwischenzeitlich immer wieder geschafft, die Konkurrenz von Electronic Arts zu übertreffen, wenn es um die reine Simulation eines Fußballspiels ging. Selbst der Vorgänger eFootball Pro Evolution Soccer 2020 bot ein starkes Spielgefühl auf dem virtuellen Rasen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Mit dem Umstieg auf die Unreal Engine sollte sich neben der Grafik und der Präsentation vor allem das Gameplay verbessern. Das Vorhaben ging allerdings komplett daneben. eFootball 2022 spielt sich deutlich behäbiger als frühere Teile. Dazu reagieren Spieler viel zu spät oder auch einfach gar nicht auf bestimmte Befehle. Und das ist nicht einmal das Schlimmste.
Die Kollisionsabfrage in Zweikämpfen ist gelinde gesagt ein Witz. Im Duell um den Ball kommt es pro Partie häufiger vor, dass der Ballbesitz in einer einzigen Situation mehrmals wechselt. Sobald wir in der Verteidigung versuchen, unseren Gegner abzudrängen, stoppen beide Spieler außerdem gerne komplett ab oder verhaken sich ineinander. Zudem erkennen die Akteure auf dem Platz hin und wieder nicht, wenn sich der Ball direkt neben ihnen befindet und laufen einfach daran vorbei. Diese groben Fehler geschehen in einer solchen Häufigkeit, dass von Beginn an kein Spielspaß aufkommt. Hinzu kommen noch Probleme beim Anwählen der Spieler, nicht funktionierende Befehle und eine Künstliche Intelligenz, die ihrem Namen keine Ehre macht.
ABSTIEG IN DIE BEDEUTUNGSLOSIGKEIT
Selbst in Sachen Optik lässt eFootball 2022 zu wünschen übrig. Sogar der zwei Jahre alte Vorgänger sieht besser aus als das, was Konami mit dem aktuellen Titel bietet. Zumindest vor den Partien legt die Fußball-Simulation atmosphärisch ein wenig zu. Wir sehen Spieler beim Aufwärmprogramm oder in Szenen aus der Kabine, wie sich die Mannschaften auf die bevorstehende Begegnung einstimmen. Doch das war es auch schon an positiven Auswirkungen der neuen Engine. Der Rasen wirkt wie eine unscharfe Fläche ohne einzelne Grashalme. Zudem verschwinden die Zuschauer im Hintergrund zu einem großen, grauen
Pixelbrei. Und auch die 22 Akteure auf dem Platz glänzen nicht gerade mit ihrem Erscheinungsbild und damit meinen wir ausnahmsweise nicht fragwürdige Frisuren mancher Kicker. In Nahaufnahmen vor dem Spiel oder Replays stechen uns sofort die hölzernen Animationen und emotionslosen Gesichter der Spieler ins Auge. Vielleicht verzichtet Konami auch aus diesem Grund bisher auf eine manuelle Wiederholungsfunktion. Außerdem wirken vor allem die Arme der Akteure in manchen Einstellungen äußerst unproportional zum restlichen Körper. Eine richtige Stadionatmosphäre kommt auch nicht so wirklich auf. Zwar trällern die Fans immer wieder Gesänge von der Tribüne, doch aufgrund der geringen Anzahl an Mannschaften sind auch diese sehr eingeschränkt. Gleiches gilt für die Kommentatoren: Mit Marco Hagemann und Hansi Küpper setzt eFootball 2022 wieder auf das altbekannte PES-Duo, doch die Sprüche der beiden wiederholen sich bereits nach dem zweiten Spiel.
Auf der älteren Konsolengeneration hatten wir in unserem Test zu allem Überfluss auch noch mit ständigen Rucklern zu kämpfen. Dazu kommen lange Wartezeiten und zahlreiche Verbindungsabbrüche im Online-Modus. Es bleibt abzuwarten, ob es Konami schafft, das Ruder durch Updates noch einmal herumzureißen. Bei den vielen Fehlern, dem schwachen Gameplay und dem sehr geringen Umfang bezweifeln wir, dass eFootball 2022 eine ernsthafte Konkurrenz für FIFA darstellen kann. Deutlich wahrscheinlicher dagegen ist, dass Pro Evolution Soccer die nächste Marke nach Metal Gear Solid, Silent Hill und Castlevania wird, die Konami selbst zu Grabe trägt.