... Heringsdorf zu sehen: Der Engländer Rob Davies fliegt hier die Spitfire, TP280, des Hangar 10
Die Bf 109 G-6 ist am Samstag, dem 28. September, dem einzigen guten Flugtag an diesem Wochenende, bereit zum Abheben
Hangar-10-Pilot Klaus Plasa hat am Samstag die große Ehre, die Fw 190 der Öffentlichkeit in der Luft zu präsentieren
Zwei Bf 109 und eine Fw 190 fliegen in Formation über Wiesen und Wälder hinweg – wo gibt es das noch zu sehen? Genau: auf Usedom! Genauer: beim diesjährigen Hangar-10-Fly-In in Heringsdorf, am Wochenende vom 27. bis zum 29. September. Unangefochtener Star der Veranstaltung war dabei die Fw 190 A-8, D-FWAA. MeierMotors in Bremgarten hat die Maschine wiederaufgebaut und restauriert. Im April hatte sie dort ihren Erstflug bereits erfolgreich absolviert. Im Anschluss transportierten die Bremgartner sie, gerade rechtzeitig für das Fly-In, nach Heringsdorf.
Besondere Gäste
Doch zunächst zum Event selbst: Im Verlauf des Wochenendes kam beinahe die gesamte Hangar-10-Sammlung zum Einsatz (im Flug oderstatic display ), bestehend aus Focke-Wulf Fw 190 A-8, D-FWAA; Spitfire XVIII TP280, D-FSPT; Bf 109 G-14, D-FMGV; Bf 109 G-6, D-FMGS; TF51D Mustang, D-FUNN und Fieseler »Storch«, D-EVAS; Bf 108; Bücker Jungmann und Bestmann; außerdem zeigte sich die Bf 109 G-12, D-FMGZ, vom Flugmuseum Messerschmitt. Allerdings trafen nicht alle zuvor eingeplanten Flugzeuge in Heringsdorf ein; Grund war das Wetter am Freitag. Während am Samstag dann wieder feinstes Flugwetter vorherrschte, machte der Sonntagnachmittag mit Regen und starkem Wind jegliche Vorführungen zunichte. Die Sicht am Morgen erlaubte noch einige Formationsflüge, und Hangar-10-Chefpilot Klaus Plasa brachte den »Storch« der Sammlung kurz in die Luft.
Von links nach rechts: Hangar-10-Besitzer Volker Schülke, Weltkriegs-Fliegerass Erich Brunotte und Pilot Klaus Plasa. Brunotte flog auf dem Rücksitz der Bf 109 G-12 mit
Die zwei ehemaligen Kontrahenten vereint: Fw 190 und Spitfire fliegen in Formation
Bei dem Fly-In kam es immer wieder zu verschiedenen Konstellationen wie zum Beispiel aus zwei Bf 109 und der Fw 190, die wohl das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland in dieser Zusammensetzung flogen. Guido Voss hob mit seiner North-American T-6 als Fotoflugzeug ab, nachdem die T-6, G-TVIJ, von Rob Davies wegen schlechten Wetters in England bleiben musste.
Wie bedeutend Hangar 10 ist, zeigt das Flugmuseum Messerschmitt, das seine Piloten mittlerweile in Heringsdorf von Klaus Plasa in der Bf 109 G-12 schulen lässt. So konnte Volker Bau vom Flugmuseum Manching einen Checkflug für die Bf 109 G-14 absolvieren. Auch Mikael Carlson aus Schweden konnte während des Wochenendes seine Typenberechtigung für die Bf 109 G-6 erlangen.
»In den letzten Jahren lag der Schwerpunkt bei Hangar 10 beideutschen Flugzeugen.«
Ein weiterer bedeutender Gast war das frühere Luftwaffen-Fliegerass Feldwebel Erich Brunotte, der 1944/45 an der Ostfront bei der 13./JG 51 Bf 109 und Fw 190 geflogen hatte. Am 3. Mai 1945 hob Erich Brunotte zu seinem letzten Einsatz ab. Am Samstag nahm Klaus Plasa ihn auf einen Rundflug in der doppelsitzigen Bf 109 G-12 mit. Das war ein bewegender Augenblick: Nach 75 Jahren nahm Brunotte wieder in einer Bf 109 Platz, wenn auch »nur« auf dem Rücksitz.
Star des Wochenendes
In den letzten Jahren lag der Schwerpunkt bei Hangar 10 darauf, deutsche Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs zu restaurieren und in Betrieb zu nehmen. Die Gesellschaft tauscht ihren Bestand an flugfähigen Maschinen kontinuierlich aus, um Kapital für neue Projekte zu gewinnen. So gingen vor nicht allzu langer Zeit eine T-6 und eine Jakowlew Jak-9 an neue Besitzer.
Auch für die Fans der amerikanischen Luftfahrt war auf dem Fly-In etwas geboten. Rob Davies startet mit der TF51D, G-FUNN
In einem beispiellosen Kraftakt stellten Martin Glockner und sein Team das neueste Projekt von Hangar 10, die Fw 190 A-8, für das diesjährige Fly-In fertig und flogen sie ein. Mehrmals präsentierte Klaus Plasa dem Publikum die Maschine, die noch zehn Tage vorher mit einem Ölkühlerproblem in Bremgarten zu kämpfen hatte. Ein Überführungsflug von Bremgarten war wegen des Defekts nicht möglich gewesen, deswegen kam die Fw 190 zerlegt und auf der Straße nach Heringsdorf, wo man sie am 20. September wieder aufrüstete und Michael Rinner den Ölkühler gerade noch rechtzeitig für das Fly-In aufbauen konnte.
Aufwendige Restaurierung
Die Maschine entstand bei MeierMotors in Bremgarten aus einer Reihe von Originalteilen und weiteren Stücken, die 2010 nach Bremgarten gelangten. Momentan hat die Fw 190 einen 14-Zylinder-Ash-82T unter der Haube, die Gesellschaft besitzt jedoch einen originalen BMW 801, den zurzeit Michael Rinner in Österreich aufbaut. 2020 soll er seinen Platz in der Focke-Wulf erhalten. Das Flugzeug trägt einen Tagestarnanstrich in RLM 74/75/76 mit einem roten Rumpfband und stellt die »Gelbe 4« des JG 1 »Ösau« dar.
Die Restaurierungsarbeiten begannen 2014: Das MeierMotors-Team entlackte und zerlegte die Maschine bis in die Grundbestandteile, danach baute es sie wieder in den Nullstunden-Zustand auf. Nach den umfangreichen Blecharbeiten ersetzte es alle elektrischen, hydraulischen sowie die Kraftstoffsysteme vollständig. Die Spezialisten von MeierMotors bauten die Rumpfstruktur und die Tragflächen nach originalen Fw-190-Zeichnungen auf, dazu integrierten sie viele Originalteile, darunter fast die gesamte Cockpitausstattung sowie die Instrumentierung.
Innovatives Motormanagement
Die eigens angepassten Auspuffstutzen des Ash-Motors wurden abgeflacht, was die Kühlung verbessert und für einen wunderbaren Sound sorgt. Die Ölkühler sitzen in der Flügelwurzel, ein Lufteinlass in der Flügelvorderkante versorgt diese mit Frischluft. Michael Rinner und seine Mannschaft trieben einigen Aufwand, um die Ölkühler originalgetreu aufzubauen, damit der Antrieb mit den korrekten Temperaturen läuft.
In der letzten Zeit entwickelte man bei Hangar 10 unter der Leitung von Michael Rinner und der Dachsel Flugmotoren GmbH zudem eine Reihe von innovativen Motormanagementsystemen. Rinner und seine Werkstatt in Kärnten sind inzwischen weltweite Experten für Daimler-Benz-V12-Triebwerke. Heinz Dachsel hat sich auf die Teststand-Erprobung von Flugzeugantrieben spezialisiert, wofür er das frühere Hans Häusler Flugmotorenwerk bei München kaufte, das im Jahr 1936 als Motorenteststelle entstanden war. Für 2020 sieht der Aufgabenkalender
Neues Glanzstück der Sammlung
Die Fw 190 A-8, D-FWAA, war der Höhepunkt des Fly-In über Usedom – was sie so besonders macht, ist nicht nur die Tatsache, dass sie äußerlich perfekt restauriert ist. Auch ihre inneren Werte wissen zu begeistern.
MeierMotors legt Wert auf Authentizität. Fast das gesamte Cockpit und die Instrumente bestehen aus Originalteilen
Blick in das Herz der Maschine: Zu sehen sind unter anderem das Abgassystem, …
… die Motorhalterung und die Ölkühler
Schnittiges Duo: Fw 190 und Bf 109 G-6 am 28. September. Am Steuer der »190« sitzt Klaus Plasa, der schwedische Pilot Mikael Carlson lenkt die Messerschmitt
Vorbild für die Fw 190 ist die »Gelbe 4« des JG 1. Das Geschwader entstand im Mai 1939 und existierte bis Mai 1945. Es wurde nach seinem sechsten Kommodore, Walter Oesau, benannt
Neben den bekannten Größen der Luftfahrt waren auch einige »Exoten« zu sehen, so zum Beispiel diese Bf 108 mit besonderer Lackierung
Für 2020 sieht der Aufgabenkalender bei Hangar 10 ausgiebige Testflüge mit der Focke-Wulf Fw 190 vor, wobei die neuen Leistungsmess-und -managementsysteme verwendet werden sollen. Diese Geräte sind bereits bei allen drei von Hangar 10 restaurierten Messerschmitt Bf 109 zum Einsatz gekommen und sollen im Frühjahr 2020 auch in der Fw 190 Einzug finden.
Einzigartig in der Warbird-Szene
Michael Stock von Stock Flight Systems hat das gesamte System konzipiert und gebaut. Für die Sammlung von detaillierten Flugleistungsdaten erhält die Fw 190 eine Sonde an der linken Tragfläche, mit der es möglich ist, Anstellwinkel, Fluggeschwindigkeit, Höhe, Lufttemperatur und Gierwinkel zu ermitteln. Diese Werte dienen dazu, die Flugeigenschaften und Leistungswerte in den verschiedensten Manövern zu errechnen. Zusätzlich zu dieser Sonde werden alle Bedienelemente mit Sensoren versehen und alle Instrumentenanzeigen mit Kameras dokumentiert.
Die Fw 190 ist ein gutes Beispiel für die Philosophie von Hangar 10, historische Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg in den Originalzustand zu restaurieren unter Einsatz der neuesten Digitaltechnologie, um eine höchstmögliche Flugsicherheit zu gewährleisten. Die Kombination von 75 Jahre alten Motoren und Steuersystemen mit einem digitalen Flugmanagement-und Aufzeichnungssystem ist heute einzigartig in der gesamten Warbird-Szene.
Im nächsten Jahr wächst die Gesellschaft in Heringsdorf bestimmt wieder um einige neue, aufregende Projekte – und wir sind dann wieder für Sie vor Ort.
Fotos Richard Paver