Zum TOD von ALFRED BIOLEK
Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
LEBENSLUST Alfred Biolek war ein heiterer Mensch, der die niveauvolle Unterhaltung liebteEr hat die deutsche Fernsehunterhaltung seit den 70er-Jahren geprägt. Vor allem mit „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“ und „Alfredissimo!“ setzte Alfred Biolek Maßstäbe. Dabei war er Quereinsteiger und Spätstarter und fand als Jurist erst über Umwege zu seiner Berufung. Als er 1978 mit „Bio’s Bahnhof“ bekannt wurde, war er bereits Mitte 40.
Toleranz und Humor waren ihm besonders wichtig. „Von Beruf Menschenfreund“, so hat ihn Elke Heidenreich beschrieben. Die Wurzeln dafür sah er in seiner glücklichen Kindheit. Geboren 1934 in Freistadt in der Tschechoslowakei, erlebte er seine liebevollen Eltern als gesellige Gastgeber, die es liebten zu feiern. Nach Krieg und Vertreibung wurde er wie sein Vater Jurist, fing 1963 als Justiziar beim neu gegrün deten ZDF an, wo er durch sein Unterhaltungstalent auffiel. Als sich eine Gelegenheit bot, wechselte er zur „Drehscheibe“ und gab „Tips für Autofahrer“.
Anfang der 70er-Jahre spürte er einen neuen, freien Geist im Land. „Ich habe mir die Haare wachsen lassen, eine Lederjacke angezogen und meine Krawatten weggeworfen“, sagte er 2014 in seinem letzten Interview mit HÖRZU zu seinem 80. Geburtstag. Es war ein Akt der Befreiung. Er kündigte beim Zweiten, holte die anar- chistische britische Comedytruppe Monty Python nach Deutschland und produ zierte ab 1974 bis 1976 die Show „Am laufenden Band“ mit Rudi Carrell. Aber er wollte unbedingt selbst vor die Kamera.
Er liebte die Show
1976 bekam er die Chance: Er produzierte und moderierte mit Dieter Thoma die Talkshow „Kölner Treff“. Zwei Jahre später konnte er in seiner ersten eigenen Show „Bio’s Bahnhof“ seine Talente voll entfalten. Er moderierte, plauderte, sang und tanzte mit seinen Gästen. Es kamen Weltstars, aber er präsentierte auch Neuentdeckungen wie Kate Bush und Sting, die bei Bio ihre ersten TV-Auftritte hatten. „Der schönste Moment war, als mir Sammy Davis Junior sagte, er habe noch nie eine Show mit so einer gelungenen musika- lischen Mischung erlebt“, erzählte er. Ab 1991 moderierte er zwölf Jahre lang die Talkshow „Boulevard Bio“ mit einer bunten Palette an Gästen und Themen. Er scheute keine Tabus, da wurde auch über Tod und Holocaust gesprochen. Biolek war der Meinung, dass „man das Ernste durchaus neben das Leichte stellen kann“. Unterhaltung mit Haltung und Niveau.
Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
BIO?S BAHNHOF Biolek begrüßte in der Show Weltstars wie Soullegende Ray Charles (r.)Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
BOULEVARD BIO Seltener Gast: 1996 kam sogar Bundeskanzler Helmut Kohl in Bioleks erfolgreiche TalkshowBildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
ALFREDISSIMO! Von 1994 bis 2007 hieß es: Kochen mit Biolek (hier mit Hape Kerkeling)Bildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
INTERVIEW Alfred Biolek 2014 mit HÖRZU- Redakteur Thomas KunzeBildquelle: HÖRZU, Ausgabe 32/2021
GOLDENE KAMERA Alfred Biolek erhielt die Auszeichnung zweimal: 1994 für seine Talkshow ?Boulevard Bio?, 2008 fürs Lebenswerk (Foto)Als Gesprächspartner war er empathisch und zugewandt. Er ließ seine Gäste immer gut aussehen und stellte sich selbst nie in den Vordergrund. Auch seine Kochsendung „Alfredissimo!“ zeichnete sich durch Bioleks Leichtigkeit aus. Er war ein lebensfroher Genussmensch.
2010 folgte ein Schicksalsschlag: Nach einem schweren Sturz lag er mit Kopfverletzungen im Koma. Danach zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück. Im letzten Interview mit HÖRZU blickte er positiv auf ein erfülltes Leben zurück: „Ich habe immer das getan, was mir Spaß gemacht hat. Es waren schöne Zeiten, die ich genossen habe.“ Am Ende fehlte die Kraft, den Tod hat er nicht gefürchtet. Am 23. Juli ist Alfred Biolek in Köln im Alter von 87 Jahren friedlich eingeschlafen.
THOMAS KUNZE