Schon damals begleitete den Militär der Sekretär Prokopios von Caesarea, der zum bedeutendsten Chronisten der Feldzüge Belisars werden sollte. 532 schlug der General einen Aufstand gegen Justinian nieder. Tausende Widersacher des Kaisers ließ er im Hippodrom in Konstantinopel niedermetzeln. Im Jahr darauf erhielt er das nächste wichtige Kommando. Mit einer großen Flotte, an Bord 5000 Reiter und 10 000 Infanteristen, zog er in die alte römische Provinz Africa.
Dort besiegte Belisar für Justinian in Nordafrika die Vandalen. Der germanische Stamm war während der Völkerwanderung von Osteuropa durch das römische Imperium bis zur Iberischen Halbinsel gezogen und hatte 429 von dort nach Marokko übergesetzt. In Tunesien errichteten die Vandalen ein eigenes Reich, mit Karthago als Hauptstadt. Justinian versuchte, in langen Kriegen das Imperium Romanum wiederherzustellen. Seine Mission begann er in Nordafrika mit Belisars Invasion. In der Schlacht von Ad Decimum am 13. September 533 fügte Belisar dem König der Vandalen, Gelimer, zum ersten Mal eine schwere Niederlage zu. Danach waren die Germanen nur noch in der Defensive. Im Frühjahr 534 ergab sich der Herrscher der Vandalen dem oströmischen Feldherrn. Belisar brachte Gelimer als Gefangenen nach Konstantinopel. Dafür ehrt ihn Kaiser Justinian nun mit dem Triumphzug.
Lange Ruhe gönnt sein Kaiser Belisar nicht. Bereits 535 bekommt er ein neues Invasionsziel. Justinian lässt das Reich der Ostgoten in Italien von zwei Seiten her attackieren. Eine Armee mit gut 9000 Mann unter dem Kommando Belisars landet im Mai 535 in Catania auf Sizilien. Bereits ein halbes Jahr später steht die ganze Insel unter der Kontrolle Ostroms. Belisar setzt auf das Festland über, nimmt Süditalien ein und rückt gegen Neapel vor. Die ostgotischen Truppen in der Stadt leisten lange starken Widerstand. Belisar schließt mit seinen Truppen einen Ring um Neapel, um die Verteidiger auszuhungern. Sein Plan geht auf. Schließlich sind die Ostgoten so geschwächt, dass Belisar die Stadt einnehmen kann. Dabei gehen seine Krieger äußerst brutal vor.
Ein brillanter Zangenangriff soll das Heer der Goten in die Knie zwingen
Zuvor hatte eine zweite byzantinische Armee die Ostgoten in Dalmatien angegriffen und die Provinz erobert. Im folgenden Jahr rückt Belisar weiter vor. Im Dezember besetzen seine Krieger Rom. Aber nun wechselt das Kriegsglück. In Rom werden Belisars Truppen im Frühjahr 537 von den Ostgoten unter dem Kommando ihres neuen Königs Witigis belagert. Die Verteidiger halten mehr als ein Jahr aus, bis die Ostgoten abziehen müssen, da ihnen die Nahrungsmittel ausgegangen sind und eine oströmische Armee in Norditalien vorrückt.
Justinian geht die Eroberung Italiens nicht schnell genug. Er entsendet eine weitere Armee unter dem Befehl von Narses nach Italien. Belisar verärgert dieser Schritt. In dem Eunuchen Narses sieht er seinen schlimmsten Konkurrenten um die Gunst des Kaisers. Schließlich gilt sein Rivale ebenfalls als ein talentierter General. Nur ihre Zusammenarbeit funktioniert nicht. Die beiden Befehlshaber einigen sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen, sondern belauern sich gegenseitig, gönnen dem jeweils anderen keinen Erfolg. Ihre Eifersucht ermöglicht den Ostgoten, neue Truppen auszuheben. Byzanz kann seine faktische Überlegenheit zunächst nicht ausnutzen.
Im März 539 erobern die Goten sogar Mailand zurück. Wenige Monate später ruft Justinian schließlich Narses an seinen Hof zurück. General Belisar ist damit seit dem Frühjahr 539 alleiniger Oberbefehlshaber der oströmischen Truppen in Italien. Er geht nun entschlossen gegen die Gegner vor.
Ende 539 schließt Belisar den König der Goten und dessen Heer in Ravenna ein. Verzweifelt bietet ihm Witigis an, Byzanz die Hälfte Italiens abzutreten. Aber der oströmische Heerführer geht darauf nicht ein, er kontrolliert schließlich bereits weite Teile Italiens. Dann schlagen ostgotische Fürsten Belisar vor, ihn zu ihrem Anführer zu wählen und Witigis abzusetzen. Damit hätte Belisar sich zum weströmischen Imperator ausrufen können.
General Belisar steht am Scheideweg: Herrscher oder weiterhin Heerführer
Aber Belisar bleibt gegenüber Justinian loyal. Möglicherweise ist er zum Schein auf das Angebot eingegangen. Sicher ist jedenfalls, dass Belisar im Mai 540 kampflos in Ravenna einzieht. Witigis lässt er als Gefangenen nach Konstantinopel verschleppen, samt dessen Gattin und einem erheblichen Goldschatz.
Für Belisar ist der Krieg in Italien damit nicht vorbei. Die Ostgoten leisten weiterhin Widerstand gegen Byzanz. Weitere Jahre zieht Belisar gegen die Feinde des Reiches in den Kampf. Er bekämpft einen Usurpator in Nordafrika, der Justinian herausgefordert hat, und muss dann erneut die Sassaniden im Südosten abwehren. Im Byzantinischen Reich bricht währenddessen die Justinianische Pest aus und wütet jahrelang. Der Schwarze Tod rafft Abertausende dahin und schwächt das oströmische Imperium.
Und Belisar trifft weiteres Ungemach. Trotz seiner militärischen Erfolge verliert er das Vertrauen Justinians. Vermutlich ist Belisar einfach zu erfolgreich, zu einflussreich und zu wohlhabend geworden – oder das Angebot der Goten, ihn zum König zu wählen, hat Justinian misstrauisch gemacht. Der Monarch entzieht Belisar den Titel als »magister militum«. Auch wenn er damit nicht mehr »Heermeister« ist, muss er dennoch erneut für den Kaiser Krieg führen.
Justinian entsendet den General abermals nach Italien, wo die Ostgoten weite Teile des Landes zurückerobert haben. Belisar wird zum Generalissimus befördert, aber seine enge Freundschaft zum Kaiser ist vorbei. Er nimmt 547 abermals Rom ein. Dennoch verläuft sein zweiter Italien-Feldzug nicht besonders erfolgreich. Ihm fehlt es an Soldaten und Nachschub aus Byzanz. Lange bleibt er nicht in Italien, denn abermals ruft ihn eine Kriegsdrohung der Sassaniden an die persische Grenze.
Einen letzten großen Erfolg erzielt Belisar als General 559. Er verteidigt Konstantinopel gegen einen Angriff der Kutriguren, eines Reitervolkes vom Schwarzen Meer. Drei Jahre später gibt es erneut Vorwürfe gegen den Heerführer, er wolle die Macht ergreifen. Er wird beschuldigt, sich an einer Verschwörung gegen Justinian beteiligt zu haben. Aus diesem Zwischenfall entwickelt sich später die barocke Legende vom verstoßenen Belisar, der als blinder Bettler endet. Er wird festgenommen, erhält aber nur Hausarrest als Strafe und wird bereits im Sommer 563 rehabilitiert. Zwei Jahre später stirbt einer der größten Heerführer in der Geschichte des Byzantinischen Reiches – vermutlich in Konstantinopel.
LESETIPP
Ian Hughes: »Belisarius. The Last Roman General«. Pen & Sword 2014, ca. € 20,–