... müssen für eine funktionierende Verdichter-/Expander-Lösung auf den Punkt ausgelegt sein. Neben der Funktion sind auch immer die Kosten relevant, damit die Anwender eine technisch und wirtschaftlich optimierte Gesamtlösung bei günstigen Betriebskosten erhalten.
ETO versus ATO
Die Produktkonfiguration für große Maschinen, die im Projektgeschäft vertrieben werden, ist dem Typ Engineer to Order (ETO) zuzuordnen. Das bedeutet, dass im Auftragsfall erheblicher Konstruktionsaufwand anfällt. Anders wäre das beim Typ Assemble to Order (ATO), wobei alle verwendeten Komponenten als vordefinierte Materialien bereits vor dem Auftrag existieren. ETO stellt weit höhere Anforderungen an das Wissensengineering und das CPQ-System. So ist es bei ETO normal, dass ein gewisser Anteil Komponenten des Liefer- und Leistungsumfanges nicht aus vorhandenen Konfiguratoren, sondern manuell projektiert werden muss. Für Budgetangebote allerdings, bei denen die detaillierten, teils sehr spezifischen Anforderungen zunächst noch gar nicht bekannt sind, können Angebote auch vollständig per Konfigurator erzeugt werden.
Wissensengineering – die Vision
Es ist ratsam, die Implementierung parallel zum Wissensengineering durchzuführen. Dadurch sinkt der Abstraktionsgrad und die Beteiligten bekommen frühzeitig im CPQ-Prozess einen Prototypen zu sehen, was auch meist für die Geschäftsführung ein wichtiger Meilenstein ist. Großmaschinen sowie deren Bestandteile zu typisieren, zu strukturieren, zu parametrisieren und als Baukästen zu organisieren, um danach die Früchte in Form einer durchgängigen CPQ-Lösung für Großanlagen zu ernten, das erscheint am Anfang unter Umständen sehr weit weg.
Für ein Subsystem, wie ein Messinstrumentenstrang für ein Sperrgassystem (Seal Gas System), lässt sich eine sinnvolle Breakdown-Struktur erarbeiten (siehe Bild rechts unten). Diese Baumstruktur enthält alle vorgedachten Bestandteile, also Alternativen, Optionen und Zubehör. Im CPQ-System Leego Builder von EAS werden solche Produktstruktur-Definitionen für Produktfamilien als Baukästen bezeichnet.
Agil zum CPQ-Prototyp
Mit partieller Implementierung schon früh in der CPQ-Einführung wird auch das Verständnis übermittelt, wohin das umfassende Wissensengineering führen soll und vor allem, wo der künftige Nutzen der CPQ-Lösung liegen wird. Denn zu Anfang sehen Mitarbeiter zwar die Aufwände sehr deutlich, aber erst später wird der umfassende Nutzen sichtbar und wirksam.
Bei der Atlas Copco Gas And Process war CPQ zu Anfang nur für die Kalkulation der Core Unit geplant. Ein Lernprozess führte jedoch dazu, dass bis heute viel mehr erreicht wurde, als zunächst gedacht war. Im Unternehmen denken die Verantwortlichen in Bezug auf die CPQ-Strategie heute nicht mehr in Jahren, sondern in Dekaden. In dieser beispielhaften Entwicklung zeigt sich, welch ein hohes Potential im Thema CPQ steckt.
Wenn der Anteil der Implementierung an 100 Prozent Gesamtaufwand gering ist, dann zeigt dies, dass das CPQ-Tool passend für das vorliegende Anwendungsszenario ist. Die Vorgehensweise bei der Aufbereitung der Daten und Logiken sowie das Design der CPQ-Lösung für das Großmaschinengeschäft wurde gemeinsam mit EAS auf Basis des CPQ-Systems Leego Builder erarbeitet.
Was zeigt dieses Projekt?
Im Projekt hat sich gezeigt, dass sich gerade zu Beginn der Einführung die internen Mitarbeiter des CPQ-Teams aus Anbieter- und Anwenderunternehmen auf die Fachlichkeit und die Strukturierung von Daten und Produkten – also auf das ‚Was‘ beziehungsweise auf das erwähnte Wissensengineering – konzentrieren sollen. In dieser frühen Phase soll die externe Projektunterstützung mit ihrer CPQ-Systemerfahrung das ‚Wie‘ in die Implementierung einbringen. Zudem sollten die Partner nach agiler Vorgehensweise frühzeitig einen Prototypen der CPQ-Lösung gestalten und zur Demonstration und Weiterentwicklung umsetzen.
Angebote für Verdichter-Systeme durchgängig erstellen
Zu Beginn der Projektierung erfolgt auf Basis elementarer Kundenanforderungen die aerodynamische Auslegung eines Verdichters/Expanders. Dazu dient ein komplexes, selbstentwickeltes Aero-Design-Programm. Durchgängig wird das CPQ-System an dieser Stelle dadurch in den Prozess eingebunden, so dass die Ausgabedaten des Aero-Design-Programms direkt in die CPQ-Software eingelesen werden, um so im entsprechenden Konfigurator alle auf dem Aero-Design basierenden Eingaben automatisch zu setzen. Dieses Beispiel verdeutlicht, was mit Durchgängigkeit im Angebotsprozess gemeint ist. Es steht stellvertretend für diverse andere Integrationen zu CRM- und ERP-Systemen sowie weiterer relevanter Software. Zu diesem Zweck sollte die genutzte CPQ-Software über Standardschnittstellen zu den gängigen CRM-, ERPund CAD-Systemen verfügen.
DER GRÖSSTE UNTERSCHIED IN DER ANGEBOTS-UND AUFTRAGSABWICKLUNG MIT CPQ IST DER, DASS DIE PROZESSE ZEITLICH NICHT WIE FRÜHER STRENG SEQUENTIELL ABLAUFEN MÜSSEN, SONDERN SICH ZEITLICH ÜBERLAPPEN KÖNNEN.
Die Früchte harter Arbeit
Das CPQ-System schafft heute straffere Abläufe bei Atlas Copco Gas And Process als vor dessen Einführung. Aber nicht nur das: Weitere Vorteile sind Fehlervermeidung, schnelle Änderungen, hohe Genauigkeit der Konfiguration und Kalkulation, ansprechende Angebote im Corporate Design und vieles mehr. Dank der Lösung hat sich die Anzahl der bearbeiteten Anfragen, bei gleicher Mitarbeiteranzahl, von etwa 6.000 Angeboten im Jahr 2012 auf 11.000 Angebote (2022) beinahe verdoppelt. «
JBI
M.Eng. (FH) Mario Heidemann ist CPQ-Entwicklungsingenieur bei der Atlas Copco Energas GmbH.
Dr.-Ing. Diethard Struck ist Geschäftsführer und Systemarchitekt bei der EAS Engineering Automation Systems GmbH.