... mir behaupten würde.
KAPITEL 2: DAS RESTHOUSE
Wir hatten erfahren, dass in Chilumba ein sogenanntes Resthouse zur Übernachtung von Reisenden existiert. Mithilfe unseres Fahrers erfragten wir den Weg. Es waren nur wenige Schritte. Das schlichte, kleine Steinhaus lag direkt an der Hauptstraße. Im Eingangsbereich wurden Getränke ausgeschenkt, auf den Tischen brannten Kerzen. Die einheimischen Gäste waren im schwachen Lichtschein kaum auszumachen, was dem Ganzen eine düstere und unheimliche Atmosphäre verlieh.
Der Manager führte uns zu zwei Räumen, in denen einzelne Betten die alleinige Einrichtung bildeten. Die Tür ließ nach unten einen armdicken Spalt frei. Peter und meine Frau tuschelten miteinander. Das Toilettenhäuschen draußen bestand aus drei gemauerten Seitenwänden und einem Loch im Untergrund. Leider gab es keine Tür mehr. Der Blick meiner Frau ließ keinen Zweifel auommen, Peter schloss sich stumm nickend an – hier bleiben wir nicht.
KAPITEL 3: DIE ORTSCHAFT HINTER DER SCHRANKE
Unser Fahrer schlug vor, bei Dr. Susan Oxborough, der englischen Ärztin in Chilumba, um eine Übernachtungsmöglichkeit zu bitten. Da wir zwei kleine Zelte dabeihatten, wäre es vielleicht möglich, in ihrem Garten zu kampieren. Unser Gastgeber in Malawi war Stuart Grant, der über Jahrzehnte die bedeutendste Fangstation am Malawisee aufgebaut hatte. Stuart war mit der Medizinerin gut bekannt und hatte uns vor unserer Fahrt nach Chilumba gebeten, sie zu besuchen und ihr einige Dinge zu übergeben. Warum also nicht gleich am ersten Abend diesen Pflichtbesuch absolvieren und in der Sicherheit ihres Anwesens übernachten?
Nach kurzer Fahrt ins Hinterland stoppte unser Wagen vor einer Schranke. Unser Fahrer wechselte ein paar Worte mit dem Wachmann, wir konnten passieren. Es gab uns ein Gefühl der Sicherheit. Wir wurden herzlich empfangen, saßen gemütlich im Schein von Öllampen auf der Terrasse und genossen jenes Gefühl, das Stuart immer mit „tropical nights“ umschrieben hatte. Ortsch aft untergebracht. Als ich wissen wollte, wo sich
Die Zivilisation hatte uns wieder und das Carlsberg- Bier schmeckte richtig gut. Und ja, natürlich, überhaupt kein Problem, sagte Susan, selbstverständlich könnten wir unsere Zelte vor ihrem Haus aufschlagen. Unsere Erleichterung war mit Händen zu greifen.
Es war letztlich meine Schuld, dass die Stimmung in unserer kleinen Reisegruppe kippte: Ich fragte Susan nach ihrer Arbeit. Sie lebte schon seit Jahren alleine in Chilumba und kümmerte sich um die medizinische Versorgung. Susan erklärte uns, dass sie sich vor allem um Leprakranke kümmere. Diese seien von der sonstigen Bevölkerung isoliert und in einer kleinen eigenen Ortschaft untergebracht. Als ich wissen wollte, wo sich diese S iedlung befinde, fragte sie verschmitzt zurück, ob wir denn nicht die Schranke mit dem Wachposten bemer kt hätten.
„Hier bleibe ich nicht“, sprach meine Frau. Gut, dass Susan kein Deutsch verstand.
KAPITEL 4: AM STRAND
Wir bedankten uns überschwänglich für die Gastfreundschaft und gaben an, doch besser gleich am Strand zelten zu wollen, weil wir ja morgen zeitig tauchen gehen wollten. Unser Fahrer war nicht sicher, ob das eine gute Idee sei, doch wir hatten nun keine andere Wahl mehr. Er schlug vor, zur Sicherheit möglichst dicht bei Chilumba, also sozusagen am Hauptstrand des Ortes zu bleiben. Die zwei kleinen Zelte waren rasch errichtet.
Ich war gerade eingeschlafen, als mich Peters Fluchen und klatschend-schlagende Geräusche wieder weckten. Da er ein Zelt für sich allein hatte, war es seine Aufgabe, unseren großen Essenskorb mit ins Zelt zu nehmen. Offenbar waren Kakerlaken in den Korb geklettert, die nun herauskamen und in seinem Schlafsack und auf ihm unterwegs waren. Ich versuchte ihn mit dem Hinweis zu beruhigen, dass Kakerlaken völlig ungefährlich seien und er sich wirklich keine Sorgen zu machen brauche. Meine Frau fand es sehr lustig und kicherte schadenfroh in ihr kleines Kissen.
Wenig später wurde ich erneut ziemlich energisch wachgerüttelt. „Draußen sind Menschen, die leuchten uns mit hellen Lampen an. Was wollen die von uns?“, flüsterte meine Frau. Wegen der Moskitos durfte ich den Reißverschluss des Zeltes nur ein kleines Stück öffnen. Im fahlen Mondlicht konnte ich erkennen, wie Fischer ihre Boote klarmachten. Sie hatten große Öllampen dabei, mit denen nachts Usispa, ein sardellenartiger, fingerlanger Schwarmfisch, angelockt und auf diese Weise leicht gefangen wird. „Es sind nur Fischer“, beruhigte ich meine Frau, „lass uns weiterschlafen.“
Meine Tiefschlafphase wurde nach gefühlt kurzer Zeit abrupt beendet. Die Stimmen waren wieder um uns herum, diesmal erheblich lauter und hektischer und auch viel mehr. Es war früher Morgen und schon recht hell. Ein kurzer Blick auf das lebhafte Treiben um uns herum zeigte: Es wurden Fische verkauft – wir hatten unsere Zelte direkt auf dem Fischmarkt von Chilumba aufgeschlagen!
Nachdem wir unser Zeltlager einen Strandabschnitt weiter nördlich aufgebaut hatten, verbrachten wir wunderbare Tage mit ausgesprochen freundlichen Menschen und erlebten eine fantastische Unterwasserwelt im Norden von Malawi. Aber das ist nochmal eine andere Geschichte…
Text & Fotos: Andreas Spreinat