... ohne dass wir es bewusst steuern oder beeinflussen. Generell handelt es sich bei Zellen um eine biologische Einheit und den kleinsten Grundbaustein eines Organismus. Etwa 40 Billionen hat ein erwachsener Mensch und jede ist ein eigener Mikrokosmos – sie ist umgeben von einer Membran, gefüllt mit Flüssigkeit und hat die Fähigkeit zu fühlen, zu atmen, zu kommunizieren und vieles mehr. Wir Menschen verfügen über rund 200 verschiedene Zelltypen, und auch wenn sie später im Körper unterschiedliche Aufgaben übernehmen, ist der Aufbau im Prinzip bei allen gleich. Unterschiede gibt es z. B. in Sachen Lebensdauer und Größe. So existieren Lippenzellen nur rund zwei Wochen, Knochenzellen bringen es hingegen auf 20 bis 30 Jahre und die größte Zelle ist übrigens die Eizelle der Frau. Den Mittelpunkt einer Zelle bildet der Kern, der sogenannte Nukleus. Er enthält die Erbinformationen und ist von einer Hülle umgeben. Das Zytoplasma ist der Hauptbestandteil jeder Zelle. Dabei handelt es sich um eine wässrige Substanz, die neben Stoffen wie Kohlenhydraten, Aminosäuren und Mineralsalzen auch die Zellorganellen enthält. Das sind u. a. die Mitochondrien, in denen Stoffwechselprozesse ablaufen, und die Ribosomen, welche die Proteinbiosynthese, also die Herstellung von Proteinen, übernehmen. Für Form und eine gewisse Stabilität sorgt letztlich die Zellmembran. Sie übernimmt auch eine Art Kontrolle, welche Stoffe zwischen Zelle und »Außenwelt« ausgetauscht werden. Diese Fähigkeit bezeichnet man als Permeabilität. Um unterschiedliche Gewebestrukturen wie Haut, Knochen, Organe, Muskeln und Bindegewebe zu bilden, schließen sich unsere menschlichen Zellen zu funktionellen Einheiten zusammen. Sie kommen aber auch in flüssigen Körperbestandteilen wie etwa im Knochenmark, in der Lymphe und im Blut vor. Faszinierend ist, dass jede Zelle ihre Bestimmung ganz genau kennt. Niemals würde einer Muskelzelle einfallen, zu einer Nervenzelle zu werden. Somit sind die Funktionsbereiche im menschlichen Körper zwar klar voneinander abgegrenzt, dennoch bilden sie ein eingespieltes Team. Und dieses erneuert sich ständig. Pro Sekunde stirbt eine unvorstellbare Zahl von 50 Millionen Zellen ab, zeitgleich werden aber auch fast genauso viele wieder neu gebildet. Die Bilanz ist also unterm Strich fast ausgeglichen – aber eben nur fast, und das ist auch der Grund dafür, dass der menschliche Körper altert.
Chlorophyllhaltige Smoothies unterstützen beim Entgiften.
«ETWA 50 BILLIONEN ZELLEN BILDEN EINEN MENSCHLICHEN KÖRPER.«
Unterstützung für die Zellen
Auch wenn eine Zelle zu alt wird, mutiert oder beschädigt ist und dadurch ihre lebenswichtigen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, führt das zu Problemen. Neben dem biologischen Altern trägt unser moderner Lebenswandel oftmals dazu bei. Der begünstigt nämlich die Entstehung von oxidativem Stress. Dabei handelt es sich um einen Zustand, bei dem freie Radikale im Körper überhandnehmen. Diese reaktionsfreudigen Gesellen sind eigentlich normale Bestandteile des Stoffwechsels. Neben körperlichem und psychischem Stress verstärken Rauchen, übermäßiger Alkohol-und Zuckerkonsum, Schlafmangel sowie Umweltgifte und Abgase die Bildung von freien Radikalen. Zu viele von ihnen können Schäden an den Zellen verursachen – wenn wir diesen nicht unter die Arme greifen. Und das ist gar nicht so schwierig. Damit unsere Zellen ihren Job gut machen können, müssen wir beispielsweise ausreichend Wasser trinken. Ohne genügend Flüssigkeit nimmt die Zellatmung ab und unsere kleinsten Einheiten können Schadstoffen und Krankheitserregern nichts mehr entgegensetzen. Wasser ist nicht nur ein ideales Lösungsmittel für alle lebenswichtigen Substanzen wie z. B. Sauerstoff und Nährstoffe.
Als Extrazellularflüssigkeit erreicht es alle Zellen, und die gelösten Substanzen können entsprechend von allen Zellen genutzt werden. Umgekehrt lassen sich auf diesem Wege auch Substanzen aus den Zellen heraustransportieren. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der pH-Wert. Er wird über Kanäle in der Zellmembran gesteuert. Sind diese geöffnet, erhöht sich der pH-Wert in der intrazellulären Flüssigkeit auf 7,4. Verantwortlich hierfür sind einströmende Kalziumionen. Nach dem Schließen der Kanäle verarbeitet die Zelle alle aufgenommenen Nährstoffe, dadurch sinkt der pH-Wert in den sauren Bereich. Jetzt startet ein Prozess, um den bestehenden Spannungsunterschied zwischen der Flüssigkeit außerhalb und der innerhalb der Zellen wieder auszugleichen. Dieser Zyklus wiederholt sich ununterbrochen, solange Störfaktoren ausbleiben.
Genau die sieht die Naturheilkunde aber in unserer heutigen Ernährung mit ihrem hohen Anteil an Fleisch-, Milch-und Weißmehlprodukten. »Innerhalb nur weniger Jahrzehnte haben sich unsere ursprünglich basenüberschüssigen Ernährungs-und Lebensgewohnheiten in säureüberschüssige umgekehrt«, sagt Dr. h. c. Peter Jentschura. Der Autor der Bestseller »Gesundheit durch Entschlackung« und »Zivilisatoselos leben« betreibt seit über 40 Jahren Grundlagenforschung in Sachen Säure-Basen-Haushalt und propagiert eine basische Kost. Denn je weiter der pH-Wert in den zellulären Flüssigkeiten ins Saure abgleitet, desto problematischer wird dies für Stoffwechselprozesse. Sie laufen in einem sauren Milieu schwerer ab. Übersäuerung führt auch zu sauerstoffarmen Bedingungen in den Zellen. Dadurch wird die vorhandene Glukose nicht zu Kohlendioxid und Wasser verbrannt, sondern z. B. zu Milchsäure abgebaut, wodurch der pH-Wert noch weiter sinkt. In der Schulmedizin sieht man das Thema »Übersäuerung« eher skeptisch und geht davon aus, dass ein gesunder Körper einen Überschuss an Säure selbst kompensieren kann. Doch gilt dies auch, wenn die Säurebelastung monate-oder jahrelang besteht? Dann lassen sich gesundheitliche Folgen nicht ausschließen. Das belegt unter anderem eine Untersuchung, bei der Forschende der Universität Bonn um den Ernährungswissenschaftler Thomas Remer mehr als 30 Jahre lang Ernährung, Stoffwechsel, Wachstum und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersucht haben. Die bei der sogenannten Donald-Studie gewonnenen Daten, so Remer, legten nahe, dass eine derartige Ernährung zu erhöhten Blutdruckwerten und auch einer geringeren Knochenstabilität führen kann.
» EPIGENETIK ZEIGT, DASS KLEINE DINGE IM LEBEN EINESMENSCHEN GROSSE WIRKUNG ENTFALTEN.«
Ob Gemüse, Früchte oder pflanzliche Proteine – mit unserer Ernährung können wir durchaus Einfluss auf die Vitaliät der Zellen nehmen. Vor allem spermidinreiche Nahrung scheinen die kleinen Kerle zu mögen, zumindest legen das Untersuchungen eines internationalen Forscherteams unter Federführung der Medizin-Uni Innsbruck nahe. Das Polyamin ist insbesondere in Weizenkeimen, Käse, Sojakeimen und Pilzen enthalten. Im Rahmen des Tiroler K-Projekts VASCage zeigte sich, dass Spermidin die Fähigkeit besitzt, die Autophagie anzuregen. Dabei handelt es sich um einen elementaren Selbstreinigungsprozess der Zelle, ohne ihn und die Zellteilung gibt es keine Zellerneuerung.
Kreislauf des Lebens
Für ihre ständige Erneuerung brauchen die Zellen viele Bestandteile wie Sauerstoff, Nähr-und Vitalstoffe. Doch wie immer gilt – wo Neues entsteht, muss Altes weichen und gründlich beseitigt werden. Der Abtransport der verbrauchten oder zu beseitigenden Stoffwechselendprodukte sollte möglichst reibungslos erfolgen. Experten sehen in diesen Prozess der körpereigenen Müllabfuhr, der Autophagie, den Schlüssel zu einer nachhaltig besseren Gesundheit und Vitalität sowie eine der wohl wirksamsten Waffen gegen den Alterungs-prozess. Dabei werden Stoffwechselreste aber nicht nur abgebaut, sondern teilweise sogar wiederverwertet, denn auch unser Körper arbeitet gerne möglichst ressourcenschonend.
Recycling im Körpeer
Bekannt wurde dieser tolle körpereigene Recyclingprozess durch den Zellbiologen Yoshinori Ohsumi. Für seine Forschungen auf diesem Gebiet erhielt er 2016 den Medizinnobelpreis. Zuerst legt die Zelle eine spezielle Hülle um die Bestandteile, die abgebaut werden sollen. Diese verbindet sich mit den Lysosomen. Dabei handelt es sich um Bläschen, die Enzyme enthalten, welche die in der Hülle eingeschlossenen Bestandteile aufspalten und zerlegen. So entstehen beispielsweise Aminosäuren und Lipide, die ihrerseits wieder verbaut oder zur Energiegewinnung genutzt werden können. Alle Stoffe, die keinen Nutzen mehr haben, werden abtransportiert und ausgeschieden. Die körpereigene »Müllabfuhr« funktioniert übrigens am besten, wenn der Insulinspiegel möglichst lange konstant niedrig bleibt, beispielsweise durch intensiven Sport oder Fasten, entweder im Intervall oder besser gleich mehrere Tage. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass ständiges Essen nachteilig für die Selbstreinigungskräfte des Körpers ist.
Weitere spannende Erkenntnisse zu unseren Zellen könnte zukünftig die noch junge Forschungsdisziplin Epigenetik liefern. Sie gilt als das Bindeglied zwischen Umwelteinflüssen und Genen. Demnach haben unsere Zellen wohl ein Gedächtnis – sie merken sich, ob wir Stress haben, wie wir uns ernähren und wie viel Sport wir treiben. Das heißt, die kleinsten Einheiten des Körpers reagieren permanent auf das, was sich um sie herum verändert. Sie passen sich an und folgen damit dem Wandel in unserem Leben. Epigenetische Prozesse entscheiden darüber, welche Gene abgelesen werden und damit einen Einfluss auf den Körper haben und welche stumm geschaltet sind. Es wird vermutet, dass sogar unsere Gedanken einen Einfluss haben. Wir sind also unseren Genen nicht hilflos ausgeliefert. Die Forschung zeigt, dass sich die Programmierung der Zellen ändern lässt und Veränderungen im Alltag auch auf zellulärer Ebene Wirkung zeigen. Und das ist doch wahrhaft magisch.
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Der Stoffwechsel-Kalender
Susanne Hackel
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