... Frauen überleben den Krebs. Wie erklärt sich dieser Erfolg?
Diese erfreuliche Tatsache verdanken wir dem medizinischen Fortschritt der letzten 20 Jahre. Wir wissen viel mehr über die verschiedenen Tumore, können sie gezielter bekämpfen und die Therapien individueller und schonender gestalten. Zahlreiche neue Medikamente wurden zugelassen und auch die Diagnose hat sich entscheidend verbessert. So werden durch das Mammografie-Screening mittlerweile mehr Tumore in sehr frühen Stadien entdeckt und damit steigen die Heilungschancen.
Viele bemängeln die Strahlenbelastung bei der Mammografie …
Neue Geräte arbeiten zwar strahlungsärmer, aber die Belastung summiert sich, wenn Frauen zwischen 50 und 69 alle zwei Jahre zur Mammografie gehen. Daher wird in Studien getestet, ob man auf ein risikoadaptiertes Screening umsteigen sollte. Das heißt: Frauen mit erhöhtem Risiko werden in kürzeren Abständen untersucht, bei Bedarf schon vor dem 50. Geburtstag.
Was tut sich sonst noch in Bezug auf eine sichere Diagnose?
Als Ergänzung zur Mammografie wird an einer Verbesserung anderer bildgebender Verfahren wie MRT und Ultraschall gearbeitet. Zusätzlich laufen Studien mit Künstlicher Intelligenz (KI), um die Auswertung der Bilder und die Befunde sicherer zu machen. Am Brustzentrum der Uni-Klinik Heidelberg erprobt man KI auch, um zu klären, ob nach einer Chemotherapie überhaupt noch eine Operation erforderlich ist. Per KI lässt sich besser erkennen, ob der Tumor komplett verschwunden ist und Betroffenen der Eingriff erspart bleiben kann – darauf deuten jedenfalls erste Studienergebnisse hin. Insgesamt geht es ja darum, die Behandlung zielgerichteter und schonender zu gestalten.
Welche Neuerungen machen Therapien effektiver und schonender?
Kürzlich wurde ein Mittel gegen Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassen und in die Leitlinien aufgenommen. Bei einem besonders aggressiven Mammakarzinom kann nun eine Immuntherapie, kombiniert mit einer Chemo, erfolgreich eingesetzt werden. Sie aktiviert das körpereigene Abwehrsystem für den Kampf gegen den Krebs. Bei manchen Tumorarten können Patientinnen mittlerweile auf eine strapaziöse Chemotherapie verzichten. Tests, die dafür geeignete Patientinnen ermitteln, sind seit kurzem Kassenleistung. Das bedeutet einen großen Fortschritt. Ebenso wie neue Bestrahlungstechniken, die bei einigen Patientinnen die Therapie verkürzen oder erleichtern können.
Trotz allem durchleiden Betroffene schwere Zeiten. Was kann ihnen helfen?
Um die körperlich und seelisch belastende Phase besser zu überstehen, bieten sich begleitende Maßnahmen und Therapien an (siehe Übersicht rechts und Buchtipp). Allerdings ist die Auswahl groß und nicht alle Angebote halten, was sie versprechen. So gibt es beispielsweise keine Diät, die den Krebs aushungert oder gar heilt. Auch vor extra Vitaminen, etwa hochdosiertem Vitamin C, sowie Johanniskraut als Stimmungsaufheller sollte man sich in Acht nehmen. Hochdosierte Vitamine können den Erfolg einer Chemo beeinträchtigen, Johanniskraut verstärkt die Nebenwirkungen dieser Therapie.
Was raten Sie allen Frauen in Bezug auf Vorbeugung und Behandlung von Krebs?
Bleiben Sie sportlich aktiv oder werden Sie es! Studien zeigen, dass Sport während der Chemo die Lebensqualität erhöht, das Rückfallrisiko senkt und für alle einen Schutzeffekt hat. Frauen sollten Übergewicht vermeiden – vor allem nach der Menopause gilt es als Risikofaktor.
UNSER BUCH-TIPP:
Ricarda Kinnen, Dr. med. Jens Wurster: „Diagnose Brustkrebs“.
Selbstbestimmt die Heilungschancen fördern. 18 Euro. Irisiana