Jan-Dieter Bruns: Sehr wichtig ist mir der freie und offene Pflanzenverkehr, sowohl innerhalb der EU als auch darüber hinaus. Daher sind für mich die derzeit vorrangigen Themen der Umgang mitXy-lella und der „Brexit“. Um diese Herausforderungen in der ENA gemeinsam lösen zu können, müssen wir viel miteinander reden und uns austauschen.
DB: Was muss im Kampf gegenXylella passieren? Die ENA hat zu dem Erreger ja im Februar ein Positionspapier verabschiedet…
Bruns: Im Vordergrund steht die Frage, wie wir Baumschulen den Erreger eingrenzen können. Grundlage dafür sind die EU-weit verbindlichen Maßnahmen, etwa zum Monitoring oder zur Meldepflicht.
Diese müssen natürlich konsequent umgesetzt werden. Außerdem müssen wir die Kunden der Baumschulen noch stärker einbinden, also den Endverkauf sowie planende und ausschreibende Stel-len und den Garten- und Landschaftsbau. Mir scheint, dass noch nicht alle Beteiligten den Ernst der Lage erkannt haben. Dabei ist auch die Rückverfolgbarkeit wichtig, wie im ENA-Positionspapier zuXylella ausgeführt:
Danach müssen alle Baumschulen, Groß- und Einzelhändler Proben jeder ein- oder ausgehenden Lieferung folgenderXylella -Wirtspflanzen für mindestens drei Jahre aufbewahren:Coffea, Lavandula dentata, Nerium oleander, Olea europaea, Polygala myrtifolia, Prunus dulcis .
Diese Hochrisikopflanzen dürfen erst nach einer umfangreichen Testung in den Handel gebracht werden. Sinnvollerweise wird nun innerhalb der EU-Kommission auch überlegt, bestimmte Pflanzen von außerhalb der EU gar nicht mehr einzuführen. Das könnte das Risiko einer weiteren Einschleppung zumindest minimieren.
Britische Kollegen haben zudem vorgeschlagen, dass in jeder Stufe der grünen Branche (Planung, Ausschreibung, Pflanzung und Endverkauf) ein Pflanzenschutzspezialist verantwortlich ist, umXylella und andere Schaderreger besser im Blick zu haben. Eine gute Idee, die sich auch relativ leicht umsetzen lässt. Viele Baumschulen haben einen solchen Beauftragten ohnehin schon.
DB: Welche Folgen könnte der bevorstehende Brexit für Baumschulen haben?
Bruns: Meine Sorge ist, dass das Vereinigte Königreich Importbeschränkungen einführt – beiXylella -Wirtspflanzen wie Oliven wird das schon diskutiert.
Ich befürchte, dass besonders für größere Gehölze mit Erdballen Quarantäneregelungen drohen – davon wären dann beispielweise Pflanzen für die Objektbegrünung betroffen, das heißt, dass diese Pflanzen erst eine Vegetationsperiode in einem englischen Baumschulbetrieb kultiviert werden müssen. Wurzelnackte Pflanzen und Pflanzen im Torfsubstrat dürfte es dagegen weniger treffen.
Der britische Gartenbau erhofft sich durch die mit dem Brexit verbundenen Maßnahmen auch eine Steigerung seiner eigenen Produktion.
Mit welchen Restriktionen wir jedoch konkret rechnen müssen, ist derzeit noch nicht klar, da heißt es abwarten.
Wir als ENA wollen dabei auf jeden Fall Einfluss nehmen mit dem Ziel, den freien Handel weiterhin zu ermöglichen. Mir kommt es darauf an, diese heiklen Themen fachlich fundiert zu diskutieren – und Emotionalität außen vor zu lassen.
DB: Welche Chancen erhoffen Sie sich durch den ENA-Beitritt der Türkei?
Bruns: Die Türkei entwickelt zunehmend ihre Eigenproduktion und strebt dabei die Qualitätsstandards der EU an – was ich sehr begrüße, denn je mehr Länder diese Standards einhalten, desto besser für den Handel mit Baumschulware in einem gehobenen Preisniveau.
Die türkischen Baumschuler sind nicht nur am Ausbau der Handelsbeziehungen interessiert, sondern auch am fachlichen Austausch. So suchen junge türkische Baumschulgärtner die Möglichkeit zu einem Praktikum in deutschen Baumschulen, um dazu zu lernen. Davon profitieren dann beide Seiten.
db
Das vollständige Interview mit Jan-Dieter Bruns finden Sie online auftaspo.de/tags/baumschule