... 380 zwar nicht seit Minuten, aber doch seit sehr vielen Sekunden ihren Kurs, ohne dass ich oder jemand anderes aus der Mannschaft eingreifen oder den Autopiloten zuschalten muss.
Die Tatsache, dass diese Yacht so gut ausbalanciert ist, verleitet mich dazu, das Rad auch beim weiteren Test immer mal wieder freizugeben. Einfach, um mich an der Kursstabilität zu erfreuen. Währenddessen bleiben Kompass, Windanzeige und Speedo unter steter Beobachtung. Da der Wind nach der Fotosession, die noch bei frischen vier bis fünf Beaufort stattfand, auf Windstärke drei abgeflaut ist, erreichen wir beim Test keine Spitzenwerte mehr. Hin und wieder springt die Logge zwar auf über sieben Knoten, doch im Mittel präsentiert sie Zahlen zwischen fünf und 6,5 Knoten, und zwar sowohl auf Am-Wind- als auch auf Halbwind-Kursen. Mit diesen Werten darf eine Elf-Meter-Yacht, die als reines Fahrtenschiff konzipiert ist, sehr zufrieden sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie mit der kleinsten Garderobe ausgestattet ist, die werftseitig angeboten wird. Gesetzt, beziehungsweise ausgerollt sind die nur wenig überlappende Genua und besagtes Rollgroßsegel, das mit vier Quadratmetern weniger Fläche als das Standardgroß auskommen muss.
Wer mehr Power möchte, sollte das Performancegroß mit einem deutlich ausgestellten Topp bestellen. Für meinen Geschmack dürfte die SO 380 gerne mit dieser Variante ausgestattet sein, denn die erhöhte Segelfläche würde ihr gut zu Gesichte stehen und natürlich ihre Leistung steigern.
Sicherheit an Deck
Was wir auf der Testyacht vorfinden, ist jedoch die komfortabelste Lösung, mit dem Vorteil sehr gechillten Segelns. Unterstützt wird der Relax-Modus durch elektrifizierte Winschen (die als Extras gelten, genau wie der Rollmast). An Backbord auf dem Kajütdach sitzt E-Winsch Nummer eins, die für die Fallen und Strecker zuständig ist.
Die Schoten werden über Winschen bedient, die direkt vor den Steuerrädern sitzen und von dort oder aus dem Crewcockpit heraus per Knopfdruck in Betrieb gesetzt werden können. Da die Großschot gespreizt gefahren wird und die Genuaschoten auf dieselben Winschen zulaufen, ist Vorplanung gefragt, bevor es über Stag geht. Im Einzelnen bedeutet das: Großschot abklemmen, von der Winsch nehmen, Genuaschot über die Winde legen und nach der Wende oder Halse wieder dichtsetzen. Was kompliziert klingt, wird schnell zur Routine, und da wir zu fünft an Bord sind, gibt es mehr als genug helfende Hände.
An Deck
1. Geschickt gelöst: Im Heck ist Platz für die Rettungsinsel, die von der Plattform oder aus dem Cockpit erreicht werden kann
2. Stauraum befindet sich auch in den Backskisten im Cockpit
3. Einer der beiden Steuerstände im Cockpit. Außen lässt sich ohne „Stufe“ das Laufdeck betreten
4. Die Großschot läuft mit einem Hahnepot auf dem Kajütdach und wird in das Cockpit umgelenkt
5. Gewöhnungsbedürftig: Der Gashebel sitzt am „Süll“, was dem Laufdeck-Konzept geschuldet ist
6. Fallen und Strecker sind ins Cockpit umge lenkt. Bei Nichtgebrauch sichern Klemmen
Die Diskussion möglicher Ausstattungspakete geht also entspannt weiter, auch bezüglich der Tiefgangsvariationen, die Jeanneau zur Verfügung stellt. Unsere Testyacht, Baunummer 22, ist mit dem Standardkiel ausgerüstet. Er reicht zwei Meter tief, hat eine recht schmale Flosse, die in eine Bombe ausläuft, Eigenschaften, die für die gewünschte Agilität sorgen. Dass sich keine Höhenrekorde feiern lassen, geht einerseits auf die Rollsegel zurück, andererseits auf die Mastverankerung ohne Achterstag. Unsere Test-SO 380 mag lieber etwas voller gefahren werden, was legitim ist, denn Rennen braucht sie nicht zu gewinnen.
Alternativ zum Standardkiel wird ein Kurzkiel angeboten, der den Tiefgang auf 1,56 Meter reduziert. Mit dem Schwenkkiel, der ebenfalls zur Auswahl steht, lassen sich flache Reviere besonders gut erkunden oder Wattengebiete, denn mit hochgehobenem Schwert ragt die SO 380 nur noch 1,32 Meter tief ins Wasser.
Für die erwähnt ansprechenden Schiffsbewegungen und passablen Geschwindigkeiten sorgen die modernen Rumpflinien, die von Marc Lombard stammen. Er hat dem Schiff gerade aufragende Schiffsenden verpasst und ein schmales Unterwasserschiff. Breite kommt erst oberhalb der Wasserlinie in den Rumpf, mit Hilfe ausladender Chines, die bis in den Bug hineinlaufen. Das sorgt für Komfort nicht nur unter Deck, sondern auch im Cockpit. Dass man sich darüber hinaus sicher aufgehoben fühlt, geht auf ein so genanntes Walk-Around-Deck zurück, eine Decksgestaltung, die eher bei Motorbooten, denn auf Segelyachten zu finden ist.
Die Passage nach vorn ist durch das Jeanneau-Konzeptsehr gut abgesichert
Für die Sun Odyssey 380 bedeutet das: Ihr Laufdeck wird von der Schiffsmitte ausgehend nach achtern abgesenkt. Die Außenwand des Rumpfes bleibt stehen und wird dadurch zu einer richtigen Schanz. Zusammen mit dem obendrauf gesetzten Seezaun ist die Passage nach vorn sehr gut abgesichert; zumindest bis zu den Püttingen, denn auf Höhe der Wanten gleicht sich das Seitendeck dem des Vordecks wieder an.
Wer weiter aufs Vorschiff möchte, muss leider ein kleines Hindernis bezwingen, in Form von Unterwanten. Sie setzen sehr tief an und laufen in einem flachen Winkel auf den Mast zu, sodass man sich um sie herumwinden muss. Verursacht wird das durch die außen am Schiffsrumpf ansetzenden Püttinge und breite, nach achtern gepfeilte Salinge. Ziel dieser Verstagung ist es, ausreichend Stabilität in den Mast zu bringen, ohne ein Achterstag setzen zu müssen. Was wiederum der Vereinfachung des Segel-Trimms dient – und damit der Bequemlichkeit.
Komfort unter Deck
Entspannung wird auch unter Deck großgeschrieben. Dafür spricht unter anderem eine komfortable Saloneinrichtung, die eine Überraschung parat hält. Gegenüber der obligatorischen Sitzecke mit U-Sofa und rechteckigem Esstisch ist ein zweites Sofa aufgebaut. Das Neue hierbei: An seinem Kopfende gibt es eine Armlehne. Komplettiert mit einem Keilkissen wird aus dem Sofa eine gemütliche Tagesliege. Sie ist so lang, dass am achteren Ende sogar noch Platz für den Navigator bleibt, wenn er am Navitisch arbeiten möchte.
Mit Hilfe von Zusatzpolstern kann auch die gegenüberliegende Sitzecke zu einer Koje umfunktioniert werden. Ob man dieses Extrabett tatsächlich braucht, sei dahingestellt. Zumindest im Drei-Kabinen-Layout, mit dem unsere Testyacht ausgebaut ist, wird das eher selten vorkommen, denn mehr als sechs Personen werden sicher nicht auf einen Törn gehen wollen.
Für sechs Erwachsene sind die Tische groß genug, gibt es ausreichend Platz im Cockpit und findet man genügend Stauraum zum Unterbringen von Kleidung, Lebensmitteln und sonstigen Utensilien. Um das Stauen möglichst bedienerfreund-lich zu machen, hat sich Jeanneau ebenfalls Pfiffiges einfallen lassen. Zum Beispiel eine sehr große Schublade, die unterhalb des quer stehenden Salonsofas eingelassen ist. Um diesen großen Stauraum zu befüllen, braucht man nicht mehr mühsam Polster und Schappdeckel anzuheben, es reicht, einfach die Lade herauszuziehen.
Unter Deck
Unter Deck
1. Die Achterkabine bietet entlang des Rumpfes noch Ablagefächer
2. Blick in den Salon mit klassischer Aufteilung. Das weiße Hauptschott springt sofort ins Auge.
3. Der Salontisch lässt sich umklappen, um auch auf der Salonbank schlafen zu können
4. Kleiner, aber funktionaler Kartentisch
5. Blick in die Nasszelle
6. Die Pantry liegt an Backbord und ist L-förmig ausgeführt
Weitere Stauräume, die nicht sofort als solche erkennbar sind, liegen unter den Bodenbrettern. Darunter der „Weinkeller“ oder das Fach zum Stauen von Dosen und Wasserflaschen. Utensilien, die man zum Kochen braucht, können in der Pantry verschwinden. Ausgestattet mit Zweiflammenherd und Backofen, Kühlbox und Doppelspüle findet man in der über Eck angelegten Schiffsküche die üblichen Hängeschränke fürs Geschirr und Lebensmittel, die trocken und sicher gelagert werden müssen. Darüber hinaus gibt es Schrankraum fürs Besteck, für Töpfe und Pfannen und ein separates Abteil für den Mülleimer.