... „Muhammad Ali“ (siehe Mediathek- Tipp) an die Sportikone. In vier Folgen mit insgesamt acht Stunden Laufzeit blickt der Dokufilmer Ken Burns auf Alis Leben.
Hiebe für einen Dieb
„Ali war eine enorm vielschichtige Persönlichkeit“, sagte Burns bei der Premiere seiner Doku im US-Sender PBS. „Er ist eine nahezu mythische Figur, deren Leben mit all ihren Stärken und Schwächen von der ganzen Welt beobachtet wurde.“
Dabei begann Alis Weg auf die internationale Bühne durch einen Zufall. Als er zwölf Jahre alt war und noch auf seinen Geburtsnamen Cassius Clay hörte, wurde ihm in seiner Heimatstadt Louisville sein geliebtes rotes Fahrrad gestohlen. Er meldete den Diebstahl bei dem Polizisten Joe Martin und kündigte an, den Dieb vermöbeln zu wollen. Martin war nicht nur Polizist, sondern auch Boxtrainer. Er riet dem Jungen, sich dafür erst einmal fit zu machen, und lud ihn ein, in seinem Boxkeller zu trainieren. Am nächsten Tag war Cassius da – und trainierte die nächsten sechs Jahre unter Martin. Schnell holte er alle nationalen Titel im Amateurboxen, 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom dann die Goldmedaille. Im selben Jahr wurde er Profiboxer. 1964 besiegte er in seinem ersten Weltmeisterschaftskampf den Favoriten Sonny Liston und schlug diesen ein Jahr später erneut.
Umstrittener Sprücheklopfer
Alis Stil war einzigartig. Er tänzelte elegant durch den Ring, wie man es nie zuvor gesehen hatte. Zugleich war er ein begnadeter Entertainer, in Interviews klopfte er Sprüche, stellte ein überbordendes Selbstbewusstsein zur Schau. „I am the Greatest!“ war sein Leitspruch: „Ich bin der Größte!“
»Er ist eine nahezu mythische Figur, deren Leben mit all ihren Stärken und Schwächen von der ganzen Welt beobachtet wurde.«
Ken Burns, Dokufilmer
Zustimmung, aber auch Ablehnung bekam er für seine Aktivitäten abseits des Boxrings. Als Schwarzer aus den Südstaaten erlebte er Rassismus am eigenen Leib und kritisierte diesen scharf. Dass er sich nicht dem friedfertigen Teil der Bürgerrechtsbewegung anschloss, sondern der islamistischen Hass-Gruppierung Nation of Islam, kam jedoch nicht überall gut an. 1964 gab er diesen Schritt bekannt und nannte sich nach seiner Konversion zum Islam Muhammad Ali.
Für seine Überzeugungen nahm Ali stets einiges in Kauf. 1967 verweigerte er den Wehrdienst und begründete dies auch mit seiner Ablehnung des Vietnamkriegs. Er wurde zu fünf Jahren Gefängnis und 10.000 Dollar Geldstrafe verurteilt, blieb aber gegen Kaution auf freiem Fuß. Allerdings wurde ihm der Weltmeistertitel aberkannt, die Boxlizenz für drei Jahre entzogen. Gegen das Gerichtsurteil ging Ali vor und wurde 1971 freigesprochen. Bereits 1970 hatte er seine Boxlizenz zurückbekommen. Mitte der 1970er-Jahre löste er sich auch wieder von der islamistischen Nation of Islam und warb stattdessen für Völkerfreundschaft, die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen sowie einen friedlichen Islam.
Einige seiner Kämpfe in den 70er-Jahren gehören zu den größten aller Zeiten, auch in Deutschland fesselten sie ein Millionenpublikum vor den TV-Geräten. Etwa der „Rumble in the Jungle“ gegen George Foreman 1974 in Zaire. Im Jahr 1981 beendete Muhammad Ali seine einzigartige Karriere. 1984 wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert, aber Ali blieb aktiv und eine Stimme, die im öffentlichen Leben der USA bei wichtigen Themen Gehör fand. Nach seinem Tod folgten am 10. Juni 2016 in Louisville 100.000 Menschen dem Trauerzug. Für sie und viele andere wird er für alle Zeiten der Größte sein.
SVEN SAKOWITZ