... Ähnliches schon im Schrank hat, wäre zwar vernünftig… aber das sind viele Reisen, Restaurantbesuche und manche Hobbys ja auch nicht. Wo also anfangen mit der Nachhaltigkeit? Wie kann man angesagte Klamotten ökologisch sinnvoll konsumieren?
Darauf hat Anna Greil eine Antwort. Die Tirolerin hat vorige Woche mit „uptraded“ eine Kleidertausch-App gelauncht, die Fast Fashion den Garaus machen soll. Das Besondere: Käuferin und Klamotte finden mit der Swipe-und-Match-Mechanik, die einige von uns (zwinker, zwinker) von Dating-Apps wie Tinder kennen, zusammen. Rechts wischen bedeutet „like“, links wischen bedeutet „dislike“ – und über allem steht die spannende Frage: Finde ich hier eine neue Jeans-Liebe oder wenigstens einen heißen Flirt mit knappen Sommershorts? Anna erklärt, was bei einem gegenseitigen Like passiert: Das, was bei Tinder „Perfect Match“ heißt, führt hier zum „Fit“, einem unverbindlichen Tauschvorschlag. „Es öffnet sich ein Chat, und ich kann dann mit der anderen Person schreiben und abklären, ob wir unsere Kleider tauschen wollen und wenn ja, wann und wo wir uns treffen oder ob wir sie lieber versenden wollen.“
Gegenüber bereits etablierten Secondhand-Börsen wie Vinted oder ebay hat Annas App mehrere Vorteile: „uptraded“, erklärt die gerade mal 22-jährige Firmenchefin, „kann man mit ,hochgetauscht‘ übersetzen.“ Der Name trifft’s, denn: „Für mich haben die Kleidungsstücke, die ich dort anbiete, einen ziemlich geringen Wert. Sonst würde ich sie ja nicht loswerden wollen. Jeder von uns hat solche Fehlkäufe, die im Schrank verstauben. Aber für jemand anderen können diese Sachen richtig viel wert sein. Von dem Tausch profitieren also beide: Denn ich werde etwas los, was mir nicht mehr so wichtig ist, und bekomme dagegen etwas, das mein Herz höher schlagen lässt.“
Leuchtet ein! Anna findet „uptraded“ „auch effizienter, weil man in einer einzigen Aktion nicht nur Ausgemustertes loswird, sondern auch ein potenziell neues Lieblingsteil bekommt – und es geht bei uns sozialer zu“, sagt sie. Die Kommunikation, das habe sie in zahlreichen Prototypen mit Hunderten Userinnen schon gemerkt, reiche übers stumpfe Verhandeln und Überweisen oder den nüchternen Austausch von Kontaktdaten weit hinaus.
Zwei Jahre hat die ehemalige Business-und-Management-Studentin an der App gearbeitet. Der Weg zum Launch war steinig, dabei blieb ihr wichtigster Vertrauter auf der Strecke. Annas Kumpel und Mitgründer Bruno ist nicht mehr mit an Bord, weil es auf der „persönlichen Ebene nicht mehr geklappt hat“. Sie sagt: „Das war unser gemeinsames Baby – und plötzlich stand ich, um in diesem Bild zu bleiben, als alleinerziehende Mutter da. Das war hart.“ Das einstige Dream-Team hatte zu Beginn alle denkbaren Worst Cases durchgespielt: dass ihnen das Geld ausgeht oder so. Aber dass sie es nicht gemeinsam ins Ziel schaffen, war ein Schock – der Anna über sich hinauswachsen ließ! „Früher hatte ich Bruno als Rückhalt, sein Support war sehr wichtig für mich. Als das plötzlich wegfiel, musste ich allein performen. Ich wurde sprichwörtlich ins kalte Wasser geschmissen. Es war eine anstrengende und aufreibende Phase. Aber die ist jetzt überwunden!“
Dass Anna mit ihrer Idee die Welt ein bisschen besser macht, erfüllt sie mit Stolz. Aber als Öko-Aktivistin will sie sich nicht bezeichnen lassen. Denn: „Ich assoziiere mit dem Begriff Öko Verzicht und Einschränkung. Ich möchte aber ungern verzichten – auch nicht, wenn’s um Fashion geht.“ Dieses Schwarz-Weiß-Denken ist nichts für sie. „Ich finde es nicht verwerflich, wenn man Spaß an Mode hat – aber man sollte auch an die Konsequenzen denken. Ich möchte dem Planeten so wenig Schaden wie möglich zufügen.“ Der Nachhaltigkeitsgedanke hat auch in anderen Bereichen eingesetzt: „Ich esse jetzt mehr vegetarisch“, sagt Anna, „und steige öfter in den Zug. Ich denke, es hilft schon, wenn jeder kleine Schritte macht.“ Beispielsweise, sich bei „uptraded“ in abgelegte Schätzchen neu zu verlieben… ■