... Retire Rich“. Durchhalten bis 65 oder gar 67 Jahren wollen die wenigsten. Es gibt nur einen Haken: Wer früh aussteigen möchte, muss sich das leisten können - oder früh anfangen zu planen. „Wer genug hat vom Arbeiten, sollte sich schon mit Ende 40, Anfang 50 fragen: Wie viele Jahre vorgezogenen Ruhestand kann ich mir finanziell erlauben - und wie gehe ich das an?“, rät Wolfgang Thaysen, selbstständiger Rentenberater aus Bonn. Und verrät sechs Strategien.
Altersteilzeit? Dieses Modell kennen viele kleine Firmen gar nicht. Aber das können Sie ändern!
1 Profis fragen
Jeder, der von einem früheren Abschied aus dem Job träumt, sollte sich vorher gut beraten lassen, empfiehlt Wolfgang Thaysen. Und zwar am besten schon Jahre vorher. Ein zu schneller Rückzug kann sonst in der Pleite enden. Und auf eigene Faust planen und rechnen ist bei der komplexen Materie praktisch unmöglich. Eine erste Orientierung bietet die Deutsche Rentenversicherung: Dort kann man einen Termin für ein kostenloses persönliches Gespräch vereinbaren (deutscherentenversicherung.de). Maßgeschneiderte Beratung bekommt man bei selbstständigen Rentenberatern gegen Gebühr (Adressen unter rentenberater.de), eine Investition, die sich in den meisten Fällen lohnt. Wie viel Rente es später für welchen Beitrag gibt, lässt sich vorab selbst checken unter ihre-vorsorge.de. Diese Profis verraten auch, wie es ist, sich mit Mitte 50 selbstständig zu machen - und freiwillig in die Rentenkasse einzuzahlen. Neue Perspektiven und Ideen findet man zum Beispiel auf goodjobs.eu/de.
2 Altersteilzeit anfragen
Bei Angestellten kann der Rückzug auf Raten eine schlaue Lösung sein - allerdings nur, wenn die Chefin mitspielt. Die Strategie: Ab 55 Jahren kann man um eine Reduzierung der Arbeitszeit bitten. Schafft man es, die Vorgesetzten von einem Altersteilzeitmodell zu überzeugen, könnte man in der ersten, aktiven Phase wie gewohnt arbeiten, bekäme aber nur noch halb so viel Gehalt. Die Firma stockt es um mindestens 20 Prozent auf und zahlt außerdem noch einen Teil der Rentenversicherungsbeiträge. In der zweiten Phase hört man auf zu arbeiten, bekommt aber weiter Lohn, bis das gesetzliche Rentenalter erreicht ist. Eine Alternative: die Firma um ein Lebensarbeitszeitkonto bitten. Darauf können Überstunden, Erfolgsbeteiligungen oder Sonderzahlungen angespart werden. Mit diesem „Guthaben“ wäre dann ein früherer Rückzug von bis zu zwei Jahren drin. „Kleinere Unternehmen kennen das Modell meist gar nicht“, sagt Thaysen. Einfach mal nachhaken.
3 Gut investieren
Angenommen, man ist um die 50 und erbt. Kriegt Boni vom Chef oder bald eine Lebensversicherung ausbezahlt: Dieses Geld könnte man verjubeln - oder klug nutzen, um ohne Einbußen mit 63 in Frührente zu gehen. Was kaum jemand weiß: Wer angestellt und mindestens 50 Jahre alt ist, darf freiwillig in sein Rentenkonto investieren. Entweder auf einen Schlag oder in Raten. „Das kann sich wirklich lohnen“, sagt Merten Larisch, Altersvorsorgeexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Um 100 Euro Abschlag im Alter auszugleichen, muss man derzeit über 22 000 Euro an die Rentenkasse überweisen - und spart damit auch Steuern. Selbst wenn man es sich anders überlegt und doch bis zum Schluss arbeitet, kann man profitieren: Sonderzahlungen erhöhen die Altersrente. Aber: Wer freiwillig einzahlt, wettet auf ein langes Leben. Es braucht oft 20 Jahre, bis sich die Investition rechnet. Außerdem ist das Eingezahlte nicht vererbbar. Und wenn man sich scheiden lässt, geht die Hälfte der erworbenen Anwartschaften an den Ex.
4 Früh starten, früher aufhören
Die momentan günstigste Art, bis zu zwei Jahre eher in Rente zu gehen, steht nur Menschen offen, die früh ins Arbeitsleben gestartet sind. Wer mindestens 45 Versicherungsjahre durchhält und vor 1953 geboren wurde, durfte mit 63 Jahren ohne Abschlag vorzeitig in Ruhestand gehen. Für die Übrigen steigt das Renteneintrittsalter in kleinen Schritten auf 65 Jahre an. Noch ein Haken: Diese Frührente ist zwar ohne Abzug zu haben - weil aber weniger Beitragspunkte gesammelt werden, gibt es etwas weniger Geld, als regulär möglich wäre.
5 Bedachter leben
Wer mindestens 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt hat, darf zwar mit 63 Jahren aufhören zu arbeiten. Aber: Für jeden vorgezogenen Monat wird die Rente um 0,3 Prozent gekürzt; pro Jahr sind das 3,6 Prozent weniger. „Da kann viel Geld verloren gehen, und das lebenslang“, betont Thaysen. Wer mit 66 Jahren eine reguläre Altersrente von 1421 Euro brutto im Monat haben könnte, muss bei der Frührente ab 63 mit aktuell 1179 Euro auskommen. Und daran ändert sich dann auch nichts mehr. „Bitte gut überlegen, ob Sie sich im Alter finanziell einschränken möchten“, meint Rentenberater Thaysen. Wie teuer der Rückzug mit 63 ist, hängt auch vom Geburtsjahrgang ab.
6 Ein Rechen-Exempel
Wer schon mit Anfang 50 aussteigen will, muss viel Geld auf der Seite haben. Zum Beispiel weil man geerbt hat, Tesla- Aktien besitzt oder gerade noch einige von Biontech gekauft hat. Ist kein großes Polster da, bedeutet das leider: Zähne zusammenbeißen, noch ein paar Jahre durchhalten und gewinnbringend sparen, zum Beispiel mithilfe eines Nebenjobs - wenigstens bis kurz vor dem 60. Geburtstag. Dann stehen die Chancen besser. Angenommen, man will den Traum vom vorgezogenen Ruhestand mit 58, 59 umsetzen, obwohl man eigentlich noch bis zum 67. Lebensjahr arbeiten müsste - dann ist von der Rentenkasse noch kein Cent zu erwarten. Deswegen muss man in jedem Fall Vermögen haben, bzw. Immobilienbesitzer sein. Allein um die Finanzlücke von rund 100 000 Euro zu überbrücken, müsste man zuvor 15 Jahre lang monatlich 406 Euro mit vier Prozent Rendite angelegt haben. Dazu kommt: Die Altersrente wird etwa um ein Drittel kleiner ausfallen. Wer früher aufhört, zahlt ja auch spürbar weniger ein.
Die vorgezogene Rente lieber nicht auf eigene Faust angehen - man verliert zu schnell den Durchblick
FOTOS Diane Villadsen
FOTOS: DIANE VILLADSEN/STOCKSY
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