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Kein Wunder also, dass die Karlsruherin dieses Jahr als Botschafterin für den Luxus-Juwelier Cartier und dessen Women’s Initiative fungiert. Wir haben mit Tijen Onaran darüber gesprochen, was passieren muss, damit Diversität in deutschen Führungsetagen Normalität wird – und ihr noch ein paar Gründungstipps entlockt…
Warum sind mächtige Frauen in der Wirtschaft immer noch die Ausnahme?
In Deutschland sind es aktuell gerade mal 18 Prozent Frauen, die ein eigenes Unternehmen gründen. Es wird oft gesagt, dass Frauen weniger Risiken eingehen und nicht mutig genug sind – aber das sind nur Stereotype! Statistiken zeigen, dass Frauen, wenn sie exakt dieselbe Idee pitchen wie Männer, es dreimal so schwer haben, an Kapital zu kommen.
Und 97 Prozent der Risikokapitalfirmen werden von Männern geführt…
Genau! Hier schlägt das Gleichheitsprinzip an. Männer investieren, und auch das ist wissenschaftlich belegt, in Männer. Klar sind die Chancen für eine Frau da eher gering.
Deshalb haben Sie Global Digital Women gegründet und engagieren sich für die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche.
Aktuell sind Global Digital Women und andere Initiativen wichtiger denn je.
Feminismus ist keine reine Frauensache! Wir brauchen nicht nur den Support anderer Frauen, sondern auch den der Männer. Das Commitment und Engagement eines jeden Einzelnen ist unerlässlich. Ich arbeite fleißig daran, dass es meinen Laden irgendwann nicht mehr gibt.
Was muss noch passieren, dass Sie Ihren Laden schließen können?
Wir brauchen endlich mehr Diversität in deutschen Führungsebenen! Aber ohne Ziel keine Entwicklung. Das heißt: Unternehmen müssen sich konkret Diversitätsziele setzen und sich fragen, wie sie die erreichen können. Kein Mensch bekommt Hautausschlag, wenn über wirtschaftliche Zielsetzungen gesprochen wird.
Aber warum wird so wenig darüber gesprochen?
Es geht um die Angst vor Machtverlust! Ein großes Problem sind aber auch die veralteten Strukturen innerhalb der Unternehmen. Da fehlt dann schnell das Ver- ständnis dafür, dass diversere Themen auch erfolgreich sein können. Mein Lieblingsbeispiel ist Barbie: Hätten die mit der Puppe so weitergemacht wie früher, gäbe es sie gar nicht mehr. Heute sehen wir Barbies mit Hijab, Schwarze oder auch welche im Rollstuhl.
Ihnen wurde eine Barbie gewidmet. Ist es das, was sie unter dem Wort „Empowerment“ verstehen: ein Vorbild für andere zu sein?
Für mich bedeutet Empowerment nicht nur, meine Geschichte zu erzählen, sondern durch sie andere darin zu bestärken, ihre eigene zu teilen.
Muss man sich dafür zwingend selbst promoten?
Es muss sich vor allem jeder gut positionieren. Ich sage immer: Man kann nicht nicht sichtbar sein. Es wird immer eine Fremdwahrnehmung geben, Menschen, die Sie in eine bestimmte Schublade packen wollen. Ich habe aber irgendwann beschlossen, dass ich die Agendasetterin sein will, ich will meine Geschichte erzählen und sie nicht von anderen erzählen lassen.
Ist das der Grund, weshalb Sie als Botschafterin für die Cartier Women’s Initiative arbeiten?
Was ich super beeindruckend finde, ist, dass es diese Initiative seit über 15 Jahren gibt, dass der CEO selbst vor Ort ist und dass nicht „einfach ein Award verliehen“ wird. Die Frauen bekommen Coaches, Mentoren, Netzwerke und am wichtigsten: Kapital! Frauen investieren hier in Frauen, das ist bitter nötig, wenn wir die anfangs erwähnten 18 Prozent nach oben schießen lassen wollen.
Haben Sie Tipps für Frauen, die vielleicht noch am Anfang stehen und überlegen zu gründen?
1. Pflegen Sie Ihr Netzwerk, bevor Sie es brauchen. 2. Halten Sie nicht an Ihrer Unternehmensidee fest. Ich habe meine bestimmt schon 500 Mal neu gedacht. 3. Wer nicht fragt, hat schon ein Nein kassiert. Gehen Sie auf die Party, die Party wird nicht zu Ihnen kommen!
Interview: Marigona Sulejmani
IMPACT-AWARDS
Seit mittlerweile 15 Jahren unterstützt der französische Luxusjuwelier Cartier mit seiner Women’s Initiative mutige Frauen aus aller Welt, die sich für die Lösung dringlicher lokaler und globaler Probleme engagieren. 262 Preisträgerinnen aus 62 Nationen durften sich bisher über Finanzmittel in Höhe von insgesamt sechs Millionen Dollar freuen.
Das Stipendienprogramm zielt darauf ab, die Stipendiaten mit den notwendigen Fähigkeiten auszustatten, damit sie ihr Unternehmen ausbauen und ihre Führungskapazitäten erweitern können. Sie bekommen Unterstützung in den Bereichen strategisches Finanzdenken, Einzelbetreuung bei der Entwicklung von Strategien, Medienpräsenz und internationale Vernetzungsmöglichkeiten. In diesem Jahr kam man unter der Schirmherrschaft von Cartier-CEO Cyrille Vigneron und seiner für den Mittleren Osten sowie Indien und Afrika zuständigen Kollegin Sophie Doireau zu einer ganz besonderen Zeremonie in Dubai zusammen. Statt neue Kandidatinnen auszuzeichnen, wurden neun Preisträgerinnen vergangener Jahre, deren Engagement besonders viel bewegen konnte, mit einem Impact Award geehrt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung: 100 000, 60 000 bzw. 30 000 Dollar sowie zusätzlich jeweils 10 000 Dollar an Humankapital für die Kategorien „Improving Lives“, „Preserving the Planet“ und „Creating Opportunities“.