... schlimm.“ Doch, es ist schlimm! Das Mädchen hat Durst – ein nicht verhandelbares körperliches Grundbedürfnis. Die Beispiele zeigen den Zwiespalt des Kindes, das widersprüchliche Signale erhält: Da sind auf der einen Seite die reellen Körperempfindungen und Emotionen. Auf der anderen Seite steht die Botschaft „Was Du fühlst ist falsch oder zumindest nicht wichtig.“ So lernen schon die Kleinsten, den eigenen Empfindungen zu misstrauen, sie zu unterdrücken und auszublenden. Sie wollen ja schließlich dem Bild der Eltern als liebes oder tapferes Kind entsprechen und dafür Zuwendung erhalten. In Schule, Studium und Arbeitswelt Deine setztGesundheit sich diese Erfahrung 3/22_20/05 fort. Der Mensch erhält Anerkennung, wenn er verlässlich seine Pflicht erfüllt wie eine gut geölte Maschine. Es gilt als Tugend, körperliches und seelisches Leid klaglos zu ertragen.
So lernen schon die Kleinsten, den eigenen Empfindungen zu misstrauen, sie zu unterdrücken und auszublenden.
Der Umgang mit Symptomen
Erziehung und Grundhaltung der Gesellschaft belohnen also die Gefühllosigkeit, das Taffsein. In der Folge sind wir Menschen häufig durch unsere Körperempfindungen verwirrt und überfordert. Wir spüren zwar die Symptome, lehnen sie aber als lästig oder störend ab. Brav und tapfer wie wir sind, ignorieren wir die Signale des Körpers, indem wir uns ablenken und durchhalten: Wir arbeiten bis zur Erschöpfung und sinken abends fix und fertig aufs Sofa. Dort betäuben wir uns mit Alkohol, Nikotin, Cannabis oder anderen Nervengiften. Sind wir von starken Emotionen aufgewühlt, dann schlucken wir sie nach dringend eine Pause, dann putschen wir uns mit Kaffee oder Cola auf. Laufen uns im wahrsten Sinne des Wortes die Köpfe heiß, die Gedanken kreisen und wir finden keinen Schlaf, dann lassen wir uns vom Fernsehen berieseln.
Entgegen der weitverbreiteten Kräften hinunter und verwenden den Körper wie eine unterirdische Mülldeponie. Fühlen wir uns schlapp und bräuchten Ansicht, die Zeit heile alle Wunden, nehmen die Symptome mit dem Alter zu. Die Beschwerden werden zum Dauerzustand und ab irgendeinem Zeitpunkt ist Ignorieren nicht mehr möglich. Dann erklären wir das Symptom kurzerhand zum Feind, den es zu bekämpfen gilt. Sobald unerwünschte Körperempfindungen wie zum Beispiel Schmerzen auftreten, wird als Erstreflex mit einem symptom-unterdrückenden Pharmaprodukt zurückgeschossen. Mit circa 150 Millionen Packungen jährlich sind Schmerzmittel in Deutschland die am häufigsten verkauften Arzneien. Jede/r Deutsche nimmt im Schnitt circa 50 Stück pro Jahr ein. Hilft auch das nicht, dann kommt die Allzweckwaffe ins Spiel: eine Operation. Sie soll die Beschwerden ganz einfach wegschneiden. Doch auch dieser Kahlschlag löst häufig das unter den Symptomen liegende Problem nicht.
Wenn die Seele weint und der Mund schweigt, dann spricht der Körper
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass ein großer Teil der Menschen in den Kliniken und Krankenhäusern der westlichen Welt statt der medizinischen Versorgung eigentlich psychische Betreuung bräuchte. Oder anders ausgedrückt: Wenn die Seele weint und der Mund schweigt, dann a A spricht der Körper. Das kann zu langanhaltenden körperlichen Beschwerden führen, für die es keine nachweisbare Ursache zu geben scheint und die sich trotz teilweise intensiver Behandlung nicht nachhaltig bessern. Falls es für Ihre Symptome keine offensichtliche Erklärung und keine standardisierte Behandlungsmethode gibt, dann wird Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit an eine Fachpraxis überweisen. Wenn auch dort kein Ergebnis erzielt werden kann, erfolgt die nächste Untersuchung durch eine noch spezialisiertere Instanz und so geht es weiter. Mit stets kleinerem Blickfeld und teureren Geräten wird nach der einen Ursache für Ihre Erkrankung gesucht. Dabei gerät nicht nur der Mensch als Ganzes immer mehr aus dem Fokus, sondern auch und vor allem psychische Aspekte, die den Beschwerden zu Grunde liegen könnten. Diese für psychotherapiebedürftige Menschen mühsame Odyssee durch die Welt der hochschulwissenschaftlich orientierten Spezialist/innen dauert oftmals mehrere Jahre.
Was will mein Körper mir sagen?
Die gute Nachricht lautet: Wenn Ihre Seele beim Körper anklopft und Sie darauf aufmerksam macht, dass in Ihrem Leben etwas aus der Balance geraten ist, dann gibt es einen alternativen Weg. Statt das Symptom zu bekämpfen haben Sie die Möglichkeit, sich ihm zuzuwenden und seine Botschaft zu entschlüsseln. Das ist zugegebener Maßen nicht immer ganz einfach. Sich den Themen zu öffnen, die häufig schon eine ganze Weile unter der Oberfläche schlummern, erfordert Mut und Überwindung. Es gibt ja schließlich einen triftigen Grund dafür, dass Sie bisher ignoriert haben, was Ihre Seele Ihnen mittels Körper sagen will. Meist ist es die Angst vor Leid und Kummer. Diese Befürchtung ist sicher nicht ganz unberechtigt. Die Auseinandersetzung mit seelischen Belastungen kann schmerzhaft und das Ändern von Gewohnheiten mühsam sein. Vielleicht macht die folgende Geschichte Ihnen Mut, trotzdem diesen Weg zu beschreiten. Die Khoisan im südlichen Afrika, besser bekannt unter der von holländischen Siedlern gewählten Bezeichnung Buschmänner, laufen bei ihrer traditionellen Ausdauerjagd den Tieren so lange hinterher, bis diese erschöpft zusammenbrechen. Beim Weg durch die trockene Savanne kann es schnell geschehen, dass einer der Männer in einen spitzen Dorn tritt, der tief im Fleisch des Fußes stecken bleibt. Lässt er ihn dort, quält er ihn nicht nur bei jedem Schritt, sondern die Wunde würde sich mit hoher Wahrscheinlichkeit entzünden, eventuell zum Ver- lust des Fußes oder im schlimmsten Fall des Lebens führen. Deshalb gibt es für den Khoisan nur eine Option: den Dorn so schnell wie möglich entfernen. Wegen der Widerhaken verursacht das Herausziehen einen höllischen Schmerz, aber danach kann die Wunde versorgt werden und dadurch heilen.
Es gilt als Tugend, körperliches und seelisches Leid klaglos zu ertragen.
Buchtipp
Bärbel Rockstroh und Sebastian Rockstroh: Deine Gesundheit „Horch, da klopft die Seele an! Der ganzheitliche Weg zur Gesundheit“, Tredition, ISBN: 978-3-347-18880-8, 14,95 Euro.
Die Symbolkraft der Beschwerden
Auch in unseren Breitengraden kennen wir die Weisheit „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Bezogen auf Ihre Gesundheit bedeutet das im ersten Schritt, die Symbolsprache des Körpers zu entschlüsseln. In einer ganzheitlichen Therapie ist dies bei der Diagnostik die wesentliche n Aufgabe und oft der alles entscheidende Unterschied zu einer r schulmedizinischen Behandlung. Auch Sie selbst können Ursachenforschung in diesem Sinne betreiben. Dabei hilft einerseits der Volksmund, der mit seinen Redewendungen oft wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen von Beschwerden gibt. Andererseits empfiehlt es sich, die Metapher des Symptoms genau unter die Lupe zu nehmen und zur Miss Marple oder zum Sherlock Holmes der eigenen zu werden. Sindkioskdie Indizien gesammelt, dann ist die Symbolik manchmal geradezu offensichtlich, wie diese Beispiele zeigen:
Blasen-und Nierenbeschwerden
● Volksmund
● Das geht mir an die Nieren.
● Symbolik
● Blasenentzündung: brennendes Bedürfnis, Abwasser (seelischen Müll) loszulassen Blasen-und Nierensteine: verhärtete Gefühle; Themen, die zerlegt (= geklärt) werden wollen
Erkältung
● Volksmund
● jemanden nicht riechen können, die Nase gestrichen voll haben verschnupft sein, jemandem etwas husten,
● Symbolik
● Schnupfen: etwas ist ins Stocken geraten, will herausgespült werden Husten: etwas will heraus, will ausgesprochen werden
Halsschmerzen: nicht mehr alles schlucken wollen
Gallenbeschwerden
● Volksmund
● Gift und Galle spucken mir läuft die Galle über
● Symbolik
● Gallensteine: den Stein des Anstoßes hinaustreiben wollen; Verklemmung mit Nachdruck lösen
Hören Sie auf, ein tapferer Junge oder ein braves Mädchen zu sein.
Herz-und Kreislaufbeschwerden
Volksmund: sich etwas zu Herzen nehmen; das hat mir einen Stich ins Herz versetzt.
● Symbolik
● Bluthochdruck: sich unter Druck setzen Schwindel: sich im Kreis drehen; das Leben läuft zu schnell
Migräne
● Volksmund
● sich das Hirn zermartern; mir platzt der Schädel.
● Symbolik
● viel zu viel im Kopf haben; zu viele Sorgen Überlastung des Gehirns; Körper und Gefühle kommen zu kurz
Rücken-und Nackenbeschwerden
● Volksmund
● Nackenschläge einstecken; mir sitzt die Angst im Nacken. Ich trage die Last der Welt auf meinen Schultern. Deine Das Leben Gesundheit hat ihn gebeugt.Rutsch mir den Buckel runter.
● Symbolik
● eine (Be)Last(ung) ist zu groß, zu schwer
Verdauungsbeschwerden
● Volksmund
● etwas ist auf den Magen geschlagen den Ärger in sich hineinfressen etwas liegt schwer im Magen Schiss haben/die Hosen gestrichen voll haben/sich vor Angst in die Hosen machen
● Symbolik
● Durchfall: Chancen verstreichen lassen; die Angebote des Lebens nicht annehmen Verstopfung: zu sehr an etwas festhalten; nicht loslassen können Bauchschmerzen: Kloß im Bauch = Angst vor einer Aufgabe, die zu groß ist
Diese wenigen Beispiele sollen Ihnen Mut machen, von der behandelten zur handelnden Person zu werden. Hören Sie auf, ein tapferer Junge oder ein braves Mädchen zu sein. Nehmen Sie Ihren Körper mit seinen Signalen ernst, wenden Sie sich den Symptomen zu und verstehen Sie Ihre Beschwerden als psycho-somatischen Hilferuf. Sie sind keine Feinde, die es zu bekämpfen gilt. Im Gegenteil. Sie sind freundlich gesonnene Helfer, die Sie auf Belastungen in Ihrem Leben aufmerksam machen.
Ganz pragmatisch bedeutet das: Statt des Griffs zur Tablette könnten Sie bei den nächsten Beschwerden innehalten. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und fragen Sie sich: Welche Botschaft will mir meine Seele durch die körperlichen Symptome vermitteln? Was belastet mich? Was ärgert mich oder macht mir Angst, Sorgen, Kummer? Was fehlt mir? Wonach sehne ich mich? Was wäre gerade mein größter Wunsch?
Wenn Sie Antworten auf diese Fragen gefunden haben, dann suchen Sie im nächsten Schritt nach Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren, das Bedürfnis zu befriedigen, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Falls es Ihnen gelingt, die Botschaft Ihrer Seele zu entschlüsseln und sich entsprechend zu verhalten, dann können Beschwerden auf nahezu wundersame Weise ebenso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Sie wären jedenfalls nicht der erste Mensch auf der Welt, dessen Erkältungsanflug sich in Wohlgefallen auflöst, nachdem er sein stressiges Wochenendprogramm abgesagt und durch eine Auszeit mit wohltuendem „3 x B“, also Badewanne, Bett und Buch, ersetzt hat.
Bärbel Rockstroh und Sebastian Rockstroh sind HeilpraktikerIn für Psychotherapie und TraumatherapeutIn. Sie arbeiten gemeinsam im Vitarium, ihrer Naturheilpraxis für 360°-Coaching und ganzheitliche Therapie. In der südlich von Freiburg gelegenen Schwarzwald-Idylle haben sie ein Haus der Heilung geschaffen, in dem sie Menschen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum auf ihrem Weg zur Gesundheit begleiten. Info unter: www.vitarium-rockstroh.de