... gezieltem Bremseingriff unterbinden. Eine Gesichtserkennung regelt die Einstellung der Sitze, ein Kamerasystem gaukelt einen Röntgenblick über die vordere Haube hinweg vor. Ganz klar also: Der CX-60 ist komplex, voll vernetzt, üppigst über Fahrassistenz abgesichert und dank 2,87 Meter Radstand besonders geräumig gestaltet. Klingt ja nach einem perfekten Alleskönner. Sagen wir so: perfekt besonders.
! Neue Klasse, neues Antriebskonzept – Mazda wächst mit dem CX-60 Plug-in über sich hinaus
Denn für einen Alleskönner ist der reale Verbrauch zu hoch. Auf unserer Testrunde mit schnellem Autobahnanteil trinkt der 2.5er des CX satte 9,4 Liter Super auf 100 Kilometer. Schade zudem: Das SUV erlaubt beim Stromtanken allenfalls eine Ladeleistung von 7,2 kW – so dauert die Füllung der leeren Akkus zweieinhalb Stunden. Dafür fühlt sich der Antriebsmix aus E- und Otto-Maschine angenehm kräftig an. Klar, die 2,1 Tonnen Leergewicht können auch 500 Newtonmeter Drehmoment nicht ganz kaschieren. Doch gut sechs Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 können sich in dieser Klasse absolut sehen lassen. Bei voller Beschleunigung sind die Motoren reichlich zu hören, unter leichter Last geht es dafür angenehm dezent unter seichtem Summton voran. Das stetige Sirren aus dem elektrischen Pfad irritiert jedoch. Zudem haben wir im rein elektrischen Modus sowie bei Fahrten mit mäßiger Beschleunigung festgestellt, dass die Gangwechsel zarter vonstatten gehen dürften. Immer mal wieder sind unflätige Rucke aus der Automatik zu spüren. Das können andere Typen aus der 50 000-Euro-Liga besser.
MONITOR
Wenige Menüs, Bedienung über Touchscreen oder den zentralen Drehdrücksteller – so findet man sich schnell und gut zurecht – leider selten geworden.
Auf Straßen mit Frostaufbrüchen oder Kanten arbeitet die Federung zudem unwillig, die großen 20-Zoll-Räder überrollen solche Absätze mit steifer Unlust – ein stetiges Beben im Innenraum ist die Folge. Viel tragischer: Derbe Bodenwellen bringen den 60er völlig aus dem Tritt. Hier federt der Wagen hinten viel zu stark und zu schnell aus, schwingt nach, mag sich kaum beruhigen, verliert relativ bald sogar den Bodenkontakt. Eine fatale Eigenschaft, sobald sich solche Wellen in eine Kurve verlagern. Somit kassiert der CX-60 einen dicken Punktabzug im Kapitel Fahrsicherheit und Mazda eine klare Empfehlung von uns: Bitte bringt die Stoßdämpfer auf Zack! Beim Ausweichen hält ein blitzschnelles, angenehm wohldosiertes ESP den 2,1-Tonner zwar in der Spur. Lastwechselreaktionen in Kurven führen jedoch zu einem unnötig weitwinkelig auskeilenden Heck.
Die Lenkung arbeitet dabei amerikanisch-gefühlsarm, etwas teigig in der Rückstellung und bei hohen Geschwindigkeiten fast zu spitz. Dazu kommt: Unsere Anreißversuche haben ergeben, dass der CX-60 zu bemerkenswert starkem Lenkungspendeln neigt. Heißt: Versehentliche Richtungsimpulse auf der Autobahn können ungeübte Fahrer in durchaus bedrohliche Situationen bringen.
DAS SAGT MAZDA
Wir haben Mazda mit dem auffälligen Fahrverhalten des CX-60 konfrontiert. Der Hersteller kam mit einem zweiten Testwagen zu unserem Testgelände, um sich vor Ort selbst ein genaues Bild davon zu machen. Mazdas Stellungnahme:
„Die Entwicklungsstandards und Testverfahren von Mazda orientieren sich hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen an den Anforderungen des Marktes und der zuständigen Behörden. Diese Entwicklungsstandards und Testverfahren sind vergleichbar mit den Testprozessen von AUTO BILD. Im Detailvergleich kommt es bei den Testprozessen von AUTO BILD nach Kenntnis von Mazda jedoch zu extremeren Fahrmanövern und Betriebsbedingungen, die Fahrzeuge an ihre Grenzen bringen. Wir nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, dass einzelne solcher extremen Fahrmanöver zu einem von AUTO BILD nicht erwarteten Fahrverhalten des Mazda CX-60 PHEV geführt haben, was zu einem Punktabzug für diesen Teil des Tests führte. Mazda nimmt dieses Feedback sehr ernst und wird die Testprozesse von AUTO BILD im Rahmen der kontinuierlichen Produktverbesserung des Mazda CX-60 und zukünftiger Fahrzeuge noch stärker berücksichtigen, um den Mazda-Kunden weiterhin das bestmögliche Fahrerlebnis zu bieten.“
Jochen Münzinger, Direktor Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Mazda Motors Deutschland GmbH
! Derbe Wellen bringen den CX-60 völlig aus dem Tritt. Mazda, bitte bringt die Stoßdämpfer auf Zack!
Kleiner Trost: Zuvorkommender verhält sich der große Mazda seinen Passagieren gegenüber. Denn der Trick, japanische Wohlfühl-Philosophien in den Innenraum zu holen, passt bestens. Tatsächlich hat man sich im eingerichtet, zwischen den drei Displays orientiert und gerne an die sauber geformten Rückenlehnen der Vordersitze angeschmiegt. Speziell das logische Bediensystem – inklusive angenehm eindeutiger Klimaregelung – gefällt uns sehr. Auch gibt es eine feste Taste, die das Fahrmodus-Menü vorwählt. So findet man schnell wichtige Einstellungen wie den Safe-Modus, der während der Fahrt die Batteriekapazität einregelt und auf Wunsch hält. Im Fond geht es passend zur Außenlänge ebenfalls geräumig zu – jedoch hat Mazda die Hinterbank lieblos ausgeformt.
Fassen wir an dieser Stelle zusammen: ein modernes, großes Auto mit viel Technik an Bord, von schlauer Assistenz gezähmt, zügig zu bewegen, leise und luxuriös. Also unbezahlbar? Jein. Den „einfachen“ CX-60 Plug-in-Hybrid (Prime Line) verkauft Mazda für 47 390 Euro. Damit könnten wir sehr gut leben, ein BMW X3 xDrive30e mit 292 PS startet bei 62 150 Euro. Allerdings sollte der CX-60 mit weiteren Paketen bei Assistenz und Luxus aufgerüstet werden – macht 4400 Euro zusätzlich. Das üppig ausstaffierte Topmodell Takumi gibt es dann ab 56 250 Euro.
FAZIT
JAN HORN, BEREND SANDERS
Ganz neu, ganz anders, nicht ganz so gut – denn das mäßig abgestimmte Fahrwerk geht zulasten der Fahrsicherheit. Der Verbrauch des neuen XL-SUV sollte zudem niedriger sein, der Fahrkomfort gerne höher. Die Bedienung gibt endlich mal keine Rätsel auf, das Ambiente stimmt.