... Spätestens, als 2016 ARMAGEDDON erschien, war klar, wie hartnäckig der Wille zur Veränderung an die Tür im Hause Equilibrium klopft. Nun hat er die Schwelle übertreten – gekommen, um zu bleiben.Den Trinkhymnen (‘Met’, ‘Wirtshausgaudi’ oder ‘Uns’rer Flöten Klang’) hat die Band abgeschworen, von Pagan Metal ist wenig geblieben. Mythen und Sagen machen Platz für Geschichten, die das echte Leben schreibt. Zudem gilt es, mit Skadi (Synths) und Skar (Klargesang, Live-Bass) zwei neue Gesichter im Band-Gebilde zu begrüßen. Zu viele Köche verderben den Brei? Wohl kaum. Vielmehr offenbaren sie neue Geschmacksnuancen, wie René im persönlichen Gespräch bestätigt: „Skadi hat durch ihren musikalischen Input und Einfl uss dazu beigetragen, dass einige Sachen auf RENEGADES moderner klingen. Selbiges gilt auch für Skar und seinen Klargesang.“
Statt wie gewohnt alle Songs im eigenen Heimstudio zu schreiben, musste der Gitarrist und Texter diesmal umdisponieren. „Mein Studio musste ein bisschen renoviert werden, weswegen ich in die Garage ausgewichen bin und dort angefangen habe. Das war für mich eine ganz neue Umgebung. Eigentlich dachte ich immer, ich würde ein perfektes Arbeitsumfeld benötigen: möglichst symmetrisch, sauber, die richtige Beleuchtung… Die Garage war das genaue Gegenteil: absolut Old School und totales Chaos. Irgendwie hat mir das geholfen, in mich zu gehen, mich nicht von außen beeinfl ussen zu lassen, sondern die Songs wirklich von innen heraus zu schreiben.“ Welche Neuerungen die Truppe außerdem vorgenommen hat, welche Rolle die englische Sprache auf RENEGADES spielt und was zur Hölle ein Rap-Part auf einem Equilibrium-Album verloren hat, verraten wir in unserer nächsten Ausgabe.
DIE HÖRPROBE: RENEGADES VÖ: 23. August
Renegades – A Lost Generation
Vom ersten Ton an steht fest: Das wird episch – jedoch anders als gewohnt! Mit voller Wucht schlagen die Growls von Sänger Robert „Robse“ Dahn nach kurzer instrumentaler Einleitung ins Trommelfell – etwas Altes ist geblieben. Eine heroische Bridge leitet zum eingängigen Refrain über. Neuzugang Skadi erhält viel Raum für ihre Synths, die durch starke Akzente herausstechen.
Tornado
Die fast totale Loslösung von jeglicher Folk- und Pagan-Attitüde.Der Refrain ruft Parallelen zu Scar Symmetry ins Gedächtnis; Melodic Death Metal lässt grüßen.Skar kredenzt mit seinem Klargesang den absoluten Ohrwurm- Refrain; dann ein aggressionsgeladener Mittelteil. Equilibrium haben viel zu sagen – und katapultieren das auch voller Inbrunst in die Welt. Die Wirtshausgaudi scheint endgültig vorbei zu sein.
Himmel und Feuer
Ein deutscher Text und zugleich der Exot des Albums! Wer hätte das vor Jahren vermutet? Mächtig im Sound, positiv und hoffnungsvoll klingend, erinnert ‘Himmel und Feuer’ am ehesten an frühere Werke der Band.
Path Of Destiny (feat. The Butcher Sisters)
Was geht hier bitte ab? Growls in der Strophe, Klargesang im Refrain, fast schon Metalcore-Attitüde – so weit, so gut. Doch dann die große Überraschung: Für den gen Ende einsetzenden Rap-Part haben sich Equilibrium mit den Butcher Sisters zusammengetan. Eine ungewöhnliche Kombination, an die es sich erst zu gewöhnen gilt.Dennoch einer der stärksten Songs des Albums!
Moonlight
Großartiger Refrain – eine neue Hymne voller epischer Momente ist geboren! ‘Moonlight’ ist von vorne bis hinten spannend. Im Ansatz folkige Zwischen-Parts schlagen den Bogen zu früheren Werken. Dabei bleibt die Nummer stets im modernen Gewand der Platte gekleidet.
Kawaakari – The Periphery Of The Mind
Eine Raserei beginnt! Robse fordernd, aggressiv und wütend. Schaukelt sich instrumental immer weiter hoch und gipfelt im Refrain, der wieder mit Klargesang aufwartet. Einmal mehr beweist Song-Schreiber René Berthiaume sein Händchen für maximale Eingängigkeit.
Final Tear
Weltuntergangsstimmung. Drums beschwören ein apokalyptisches Inferno herauf. Düstere Riffs sorgen für die richtige Ladung Dramatik. Ein Auszug aus einer Rede der Klima aktivistin Greta Thunberg fügt sich atmosphärisch perfekt in das Stück ein.
Hype Train (feat. Julie Elven)
Ein Duett mit Sängerin Julie Elven, deren Stimme unter anderem auch in Videospielen wie ‘Horizon Zero Dawn’ oder ‘World Of Warcraft – Legion’ zu hören ist. Das Konstrukt funktioniert.
Rise Of The Phoenix
Ähnlich, wie sich ein Phoenix allmählich aus der Asche erhebt und empor gen Himmel steigt, entwickelt sich auch diese Nummer. Ruhig beginnend, gewinnt sie immer mehr an Kraft. Gebührender Abschluss!
Fazit: Equilibrium entfachen neue Leidenschaft, sprengen jedwede Limitierungen und spielen auf RENEGADES genau die Musik, für die sie aktuell brennen. Stillstand tötet die Kreativität; Veränderung zeugt von Abenteuerlust. Ein zugegeben ungewohntes Abenteuer, doch der Mut wird belohnt. RENEGADES ist Freiheit, Hoffnung und macht schlichtweg verdammt viel Spaß!
Fotos: Equilibrium (PR)