Foto: Sammlung Huber
Die 21. Heeresgruppe von Feldmarschall Montgomery überschritt bereits den Rhein, als am 23. März 1945 ein großes deutsches U-Boot Kiel mit unbekanntem Ziel verließ. Das Boot der Klasse XB war ein modifizierter Unterwasser-Minenleger mit einer Länge von 90 Metern.
Seine letzte Fahrt gehört zu den geheimnisvollsten Unternehmungen der Deutschen Kriegsmarine, denn die 240-Tonnen-Fracht war höchst brisant: Das Boot transportierte eine halbe Tonne Uranoxid, spaltbares Material für den Bau einer Atombombe, sowie mehrere Tonnen Quecksilber. Ferner sollen ein zerlegter Düsenjäger Me 262 mit Bauplänen und -teilen des Raketenabfangjägers Me 163 sowie der Rakete V 2 und neueste deutsche Radartechnik in den umgerüsteten Minenschächten verstaut gewesen sein.
Brisante Fracht
Ziel war Japan mit dem Auftrag, die wertvollste Kriegstechnik des untergehenden „Dritten Reiches“ zum fernöstlichen Verbündeten zu bringen. Als Begleiter waren elf hochrangige Passagiere an Bord, unter ihnen der General der Flieger und künftige Luftwaffenattaché Tokios Ulrich Kessler samt Stab und Technikern, zwei Spezialisten für Fla- und Unterwasser-Waffen, zwei Messerschmitt-Ingenieure, ein Niederfrequenzspezialist sowie zwei japanische Fregattenkapitäne.
Die Geheimoperation von U 234 war auf neun Monate angelegt – eine lange Zeit, aber ausreichend Proviant und Treibstoff in zusätzlichen Tanks hatte das Boot gebunkert. Außerdem waren die modernste Radartechnik und eine weiterentwickelte Schnorchelanlage an Bord, um auch getaucht die Dieselmotoren laufen lassen zu können. Damit war U 234 das modernste U-Boot der Kriegsmarine.
Doch sein Auftrag wurde von den militärischen Umständen überholt. U 234 war sechs Wochen auf See, als der Befehl kam, sich der nächsten alliierten Marine-Einheit zu ergeben. Die Wehrmacht hatte kapituliert. Daraufhin müssen sich dramatische Szenen an Bord abgespielt haben, denn nicht alle wollten dem Befehl Folge leisten, am wenigsten die japanischen Offiziere. Der Kommandant, Kapitänleutnant Johann-Heinrich Fehler, blieb aber Herr der Lage und ergab sich am 15. Mai 1945 dem amerikanischen Geleitzerstörer USS Sutton in der Nähe der Flämischen Kappe, ca. 560 Kilometer östlich der Stadt St. Johns auf Neufundland.
Material für Little Boy?
Das Kriegstagebuch des US-Kriegsschiffs hielt fest: „At 0807 the U-234 was stopped and at 0823 the SUTTON’s armed guard, consisting of three officers and thirteen men, boarded her.“ Das Boot wurde nach Portsmouth geschleppt, ausgeräumt und zwei Jahre später bei Torpedotests versenkt. Die Besatzung ging in Gefangenschaft. Ob aus dem deutschen Uran tatsächlich die Hiroshima-Bombe entstand, bleibt vermutlich für immer unbekannt.
IM GESPRÄCH: Schiff-Classic-Autor und Beirat Stephan-Thomas Klose traf Herbert Huber im Haus seiner Tochter in Berlin-Lichtenrade
Foto: Ulrike Huber-Schmidt