Die Vermessung der Donau
Fast meint man, die Verzweiflung aus den wenigen Zeilen lesen zu können, mit denen Luigi Ferdinando Marsigli seine Lage beschreibt. Der junge italienische Adelige in habsburgischen Diensten hat sich rund 100 Kilometer südöstlich von Wien in ein Feuchtgebiet am Ufer der Donau gewagt. In unzählige Arme und Kanäle zerfällt der Strom hier, unterbrochen nur von flachen Inseln. »Diese Inseln sind Teile einer Falle oder eines Labyrinths«, warnt Marsigli. »Sie werden beinahe völlig von Sümpfen bedeckt, in denen man sich leicht verirren kann, denn während man den rechten Wegsucht, findet man sich ringsum von Wasser gefangen, und man kann ihnen nur unter Einsatz seines Lebens entrinnen.« Marsigli kommt mit dem Schrecken davon. Doch wenn die Donau schon hier so gefährlich ist, was hat er dann erst in den weiter entfernten Gegenden zu erwarten, die schon lange kein Mitteleuropäer mehr ...