-Seit Jahren eilt der Markt für Green Bonds von Rekord zu Rekord. Bei den Anleihen, deren Erlöse in nachhaltige Projekte aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG: Environmental, Social, Governance) fließen, hat sich das jährliche Neuemissionsvolumen weltweit laut Bloomberg zwischen 2015 und 2018 mehr als vervierfacht. Es liegt bei über 250 Milliarden US-Dollar. Allerdings geben nach wie vor der Finanzsektor und staatliche Stellen den Ton an. Etwa zwei Drittel der bislang eingesammelten Gelder flossen an diese beiden Gruppen. Corporates sind dagegen – gerade in Deutschland – noch sehr zurückhaltend damit, Nachhaltigkeitskriterien in ihre Finanzierungsstrukturen einzubauen. Zwar ist die positive Imagewirkung von ESG-Papieren auch bei deutschen Firmen unbestritten. Laut einer Umfrage der Zeitschrift „DerTreasurer” verbindet die Mehrheit der befragten Finanzverantwortlichen mit ihnen derzeit allerdings keine nennenswerten monetären Vorteile.
Angesichts extrem niedriger Zinsen und reich gefüllter Fördertöpfe mag dies kaum verwundern. Gleichwohl bieten ESG-Instrumente strategische Chancen. So ermöglichen sie es Unternehmen, ihre Finanzierungsbasis zu verbreitern. Gemäß einer Umfrage des Center for Financial Studies vom Mai 2019 glauben 70 Prozent der befragten Banken, dass Nachhaltigkeit für Anleger künftig ein wichtiges Kriterium sein wird. Viele Kapitalsammelstellen müssen einen steigenden Anteil der von ihnen verwalteten Gelder in nachhaltige Anlagen investieren. Parallel dazu wächst die Zahl der auf solche Investments spezialisierten Anbieter.
Aber auch immer mehr Kreditinstitute sind überzeugt, dass Klimarisiken über kurz oder lang zu finanziellen Belastungen werden können, zumal die Bankenaufsicht darauf drängt, ESG-Aspekte im Kreditprozess mittelfristig stärker zu gewichten. Sie denkt sogar über Eigenkapitalentlastungen für grüne Darlehen nach. Ein stärkerer Fokus auf ESG-Themen könnte bei Gesprächen mit Banken und Investoren also künftig vom schicken Accessoire zur Grundausstattung werden.
Um sich auf das neue Umfeld einzustellen, können durchaus auch vertraute Instrumente mit ESG-Kriterien zu zukunftsfähigen Lösungen kombiniert werden. So hat das österreichische Stromunternehmen Verbund vergangenes Jahr einen grünen Schuldschein aufgelegt, dessen Erlöse ausschließlich in die Revitalisierung eines Abschnitts ihres Hochspannungsnetzes fließen. Mit der Transaktion konnte Verbund die Nachhaltigkeit des finanzierten Projekts gegenüber seinen Stakeholdern unterstreichen und neue Investoren gewinnen, ohne auf die recht schlanke Schuldscheindokumentation verzichten zu müssen.
Bewährte Instrumente nutzen
Auch Kreditlinien oder Term Loans werden immer häufiger um ESG-Aspekte ergänzt. Hier ist die Mittelverwendung in der Regel nicht auf bestimmte Projekte beschränkt. Entscheidend ist vielmehr die Nachhaltigkeits-Performance des gesamten Unternehmens. Sie bestimmt die Kapitalkosten, allein oder in Verbindung mit klassischen Kreditkennzahlen. Dazu werden umweltbezogene oder soziale Ziele festgelegt und durch geeignete Indikatoren, wie etwa CO2-Ausstoß oder die Einstufung durch eine spezialisierte ESG-Ratingagentur, quantifiziert. Überschreitet das Unternehmen diese Ziele, profitiert es von niedrigeren Margen. Verfehlt es sie, werden höhere Zinsen fällig.
Bei beiden Varianten können Unternehmen auf Erfahrungen mit bewährten Finanzierungsvehikeln zurückgreifen und sich durch die systematische Einbeziehung von ESG-Kriterien Vorteile sichern. Das ist im doppelten Sinne nachhaltig.