... umweltschädlich und grausam ist. Auch wenn ich seit 40 Jahren Vegetarier bin, weiß ich natürlich, dass Schwein zu unseren wichtigsten Lebensmitteln gehört. Aber wir zwängen sie in riesige Tierfabriken und ignorieren, dass sie feinfühlige Lebewesen sind. Mit empfindlichen Nasen, für die es eine Quälerei ist, in ihren Exkrementen stehen zu müssen.
„SCHWEINE SIND NUR DRECKIG, WENN WIR SIE IN DER MASSENTIERHALTUNG EINPFERCHEN. SIE SIND EXTREM REINLICH, FAST PENIBEL.“
So wie Hanna …
Hanna war mal irgendwo die Zuchtsau Nummer 624, jetzt lebt sie auf einem Gnadenhof in Mecklenburg-Vorpommern, den ganzen Tag an der sauberen Luft, mit frischem Gras und freiem Auslauf. Wenn wir ihre Sprache verstünden, dann würde sie uns sagen, dass sie glücklich ist. Aber wir sind ja saudoof.
Weil wir denken, Schweine seien dreckig?
Schweine sind nur dreckig, wenn wir sie in der Massentierhaltung einpferchen. Sie sind extrem reinlich, und benutzen ähnlich wie Katzen eine‚Toilette’. Sie lernen schneller als Hunde. Und sind uns in ihrer DNA so ähnlich, dass man ihre Organe sogar in Menschen transplantieren kann, soeben geschehen bei einer Herztransplantation in den USA.
Das Schwein ist eines der ältesten Nutztiere der Menschheit.
Richtig. Aber früher haben wir mit diesen Tieren zusammengelebt. Mittlerweile liegen sie abgeschirmt und eingezwängt im Kastenstand, wir haben verdrängt, wie einfühlsam und intelligent sie sind. Heute betrachten wir sie bestenfalls als Schnitzel auf vier Beinen. Wir waren für unseren Film bei Intelligenz-Experimenten dabei, die uns sprachlos gemacht haben: Wie schnell Schweine lernen. Was sie uns alles abgucken. Wie sie Dinge nachmachen, obwohl sie die nur einmal bei uns beobachtet haben. Wir haben im „Clever Pig Lab“ der Wiener Universität gesehen, wie ein Schwein ein Puzzle zusammensetzt. Du musst ein Schwein nicht trainieren, es muss nicht üben. Es guckt dir einfach zu und kapiert, wie man eine Aufgabe löst. Und Fakt ist: Sie können sich unsere Gesichter genau merken.
Das Wort „Nutztier“ gefällt dir gar nicht …
Was ich nicht verstehe: Unsere„Haustiere“ wie Hunde und Katzen verwöhnen wir, weil wir sie lieben. Schweine gehören wie Milchkühe zu den sogenannten „Nutztieren“, die zur Befriedigung unseres Appetits grausam gequält werden. Sie sind intelligent, sozial und neugierig, gelten als Glückssymbol. Ihr Grunzen ist laut neuester Forschung eine subtile Sprache. Trotzdem misshandeln wir sie im Kastenstand, der schon seit den 1990ern illegal ist, in stinkenden Fabriken und kaufen sie als billiges Nahrungsmittel. Diesem Widerspruch wollten wir nachgehen. Wir brechen täglich millionenfach Tierschutzgesetze, die im BGB verankert sind! Mahatma Gandhi hat mal sinngemäß gesagt: Der Zivilisationsgrad einer Gesellschaft misst sich daran, wie sie mit ihren Tieren umgeht. Und da schneidet Deutschland miserabel ab.
Du bist neben der Schauspielerei ein glühend politischer Mensch, seit langem Mitglied der Grünen. Warum dann nicht ab in die Politik?
Ehrlich: Ich glaube, dass ich mit meiner TV-Arbeit mehr erreichen kann, als wenn ich mich in Parteigremien mit diversen Koalitionspartnern herumschlagen muss.
Meinst du, unter dem neuen grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wird sich im Tierschutz etwas verbessern?
Ein bisschen was bestimmt, ja. Ich kenne ihn ein wenig, und ich weiß, der will kämpfen. Özdemir wird sich mit der mächtigen Fleischlobby anlegen. Allein die fünf größten Fleischverarbeiter in Deutschland setzen pro Jahr über 40 Milliarden Euro um. Das ist ein bisschen wie David gegen Goliath, aber ich traue Cem Özdemir das zu. Schlimmstenfalls beißt er sich die Zähne aus, aber er wird es versuchen. Der lässt sich nicht so herumschubsen wie seine Vorgängerin.
Weniger Fleisch – die einfachste Lösung?
Schon wegen des CO2-Ausstoßes der Fleischindustrie wäre das ein Riesengewinn. Oder das neue Stammzellenfleisch aus der Petrischale, für das kein Tier mehr geschlachtet werden muss. Die USA und Israel sind da weiter als wir; bei Blindverkostungen in New York konnten die Kunden den Unterschied zwischen Stammzellenfleisch und ‚echtem’ Fleisch nicht mehr feststellen. Und dieses neue Fleisch wird demnächst sogar ohne Stammzellen von echten Tieren produziert, sodass kein Tier mehr leiden muss. Und es wird immer erschwinglicher.
Aber bis dahin?
Konventionelles Fleisch wird teurer werden, wir werden irgendwann nicht mehr die verminderte, sondern volle Mehrwertsteuer darauf zahlen. Dann kommen wir vielleicht wieder dahin, wie es früher war. Bei meiner Großmutter war es selbstverständlich, dass man unter der Woche Spaghetti mit Tomatensoße oder Pellkartoffeln mit Quark aß – um sich dann auf den Sonntagsbraten zu freuen. Kasseler mit Sauerkraut, Tafelspitz oder Sauerbraten bei Oma.
Mochtest du das damals?
Es war unfassbar lecker! Fleisch essen muss wieder ein Event werden, was Besonderes, auf das man sich freut, statt es dreimal am Tag als Billigprodukt zu essen, als Aufschnitt oder Würstchen. Meine Lieblings-Statistik ist: Franzosen geben 24 Prozent ihres Einkommens für Essen aus, Italiener 23 Prozent, Deutsche knapp 11 Prozent. Wir geben Geld lieber für teure Autos, Handys und TV-Geräte aus. Aber hast du bei Tisch, Wein und Kerzenschein schon mal einen unglücklichen Italiener oder Franzosen erlebt?