... zahlreiche Krankheiten. Auch wer an einer chronischen Erkrankung wie Diabetes, Bluthochdruck oder Bronchitis leidet, profitiert vom tierischen Trainingspartner. Denn die regelmäßigen Gassirunden und die damit verbundene körperliche Aktivität können dazu führen, dass sich die Krankheit auf einem konstanten Niveau einpendelt und sich nicht weiter verschlimmert. Doch nicht nur Hunde haben einen messbaren Einfluss auf die Gesundheit ihrer Besitzer. Katzen tragen durch ihr wohliges Schnurren ebenfalls dazu bei, dass wir uns sofort besser fühlen: Die Herzfrequenz und der Blutdruck sinken, Ärger und Stress werden ein-chern und welche Studien die positiven Auswirkungen der Katzenhaltung untermauern.
Insbesondere Hundebesitzer kennen noch eine ganz andere „Folgeerscheinung“ ihres tierischen Lieblings: fach weggekuschelt. Diesen therapeutischen Effekt hat auch unsere Autorin Nina Ruge beobachtet und ihre Kolumne dieses Mal ihren Perserkatzen gewidmet. Auf Seite 82 lesen Sie, wie Neko und Tora ihr Leben berei-
“Haustiere kuscheln Ärger und Stress einfach weg”
Denn mit einem Hund an der Seite bleiben Herrchen und Frauchen meist nicht lange allein. Ob im Wartezimmer beim Tierarzt, auf der Hundewiese oder in der Hundeschule – wer einen Vierbeiner dabeihat, kommt schnell mit anderen ins Gespräch.
Hilfe bei Einsamkeit
Helga Widder, die Präsidentin des Europäischen Dachverbands für tiergestützte Therapie, berichtet : „Hunde bescheren uns vermehrte soziale Kontakte. Die Menschen reden in Anwesenheit eines Tieres leichter und lieber miteinander, es macht Spaß und fördert das Wohlbefinden.“ Natürlich können auch andere Haustiere als Eisbrecher im sozialen Miteinander fungieren – etwa wenn die Katze durch den Nachbargarten schleicht und von der Nachbarin begeistert gestreichelt wird oder der geräumige Kaninchenstall auf dem Balkon die neugierigen Blicke der Passanten auf sich zieht. In Seniorenheimen sind große Volieren im Gemeinschaftsraum und Vogelfutterstationen im Garten regelmäßig Anziehungspunkte für die Bewohnerinnen und Bewohner. Sie tauen in Gegenwart von Welli, Nymphensittich und Co. noch einmal richtig auf und beginnen, miteinander zu plaudern. Eine Untersuchung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt konnte bestätigen, dass durch die Vogelbeobachtung die Lebenszufriedenheit Pflegebedürftiger steigt: Die Mobilität und die kognitiven Fähigkeiten werden gefördert, ebenso das soziale Wohlbefinden.
Es ist kein Geheimnis: Tiere können Einsamkeit lindern. Sie trösten stumm über den Tod des Partners hinweg und bringen neues Leben ins Haus, wenn die erwachsenen Kinder das Nest verlassen haben. Hunde, Katzen und Meerschweinchen werten nicht, sie sind einfach da und hören geduldig zu. Davon können Depressive wie Scheidungskinder gleichermaßen profitieren. Denn ein Haustier vermittelt das Gefühl, gebraucht zu werden und muss versorgt werden – selbst wenn die eigene Traurigkeit manchmal übermächtig zu sein scheint. Für kranke und einsame Menschen sind ihre Tiere oftmals der einzige Grund, morgens aufzustehen. Die Nähe, der Hautkontakt und das weiche Fell können selbst in dunklen Stunden ein Gefühl der Zuversicht schenken. Helga Widder erklärt: „Erwiesen ist, dass durch das Streicheln und Berühren eines Tieres und dessen Fell vermehrt das ,Wohlfühlhormon‘ Oxytocin ausgeschüttet wird – übrigens auch beim Tier, wenn es sich wohlfühlt.“
Unsere Expertin
Helga Widder
Helga Widder ist seit über 30 Jahren im Be-reich tiergestützte Therapie tätig. Sie ist Trägerin des Silbernen Verdienstzeichens des Landes Wien und züchtet hobbymäßig ungarische Pulis. Weitere Infos unter www.esaat.org
Tiere als Co-Therapeuten
Die tiergestützte Therapie nutzt die gesundheitsfördernde Wirkung der Vierbeiner auf uns Menschen für alternativmedizinische Behandlungsverfahren. Eingesetzt werden beispielsweise Hunde, Katzen, Ziegen, Pferde und Alpakas, um unter anderem psychiatrische und neurologische Erkrankungen zu lindern. Helga Widder ist Gründungsmitglied des Vereins Tiere als Therapie (TAT) und bereits seit 1988 im Bereich tiergestützte Therapie tätig. Als Präsidentin der European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) weiß sie um die zahlreichen Möglichkeiten, die diese Therapieform bietet: „Gute Erfolge werden zum Beispiel bei der Förderung von Grob- und Feinmotorik, bei depressiven
“Tiere geben uns das Gefühl, gebraucht zu werden”
Erkrankungen, bei der Förderung der Kommunikation und ganz allgemein bei der Steigerung der Lebensfreude erzielt.“ Sie ergänzt: „Ich habe anderthalb Jahre auf einer Wachkomastation gearbeitet, selbst hier waren beeindruckende Ergebnisse festzustellen. Tiere haben offensichtlich Zugänge, die wir Menschen nicht haben.“
Ein Erlebnis ist der Expertin für tiergestützte Therapie besonders im Gedächtnis geblieben: „Vor Kurzem wurde ein TAT-Team von der Kinderpalliativstation im Wiener Allgemeinen Krankenhaus angefordert – für ein achtjähriges Mädchen, das sieben Jahre ihres Lebens im Krankenhaus war. Ihr sehnlichster Wunsch war es, einmal einen Hund streicheln zu dürfen. Ein erfahrenes Team mit einem großen, liebenswerten Hund war rasch zur Stelle und das Kind war sichtlich überglücklich. 14 Tage später ist es gestorben. Wir waren alle sehr froh, dass wir dem kranken Mädchen seinen letzten großen Wunsch noch erfüllen durften.“
Tierwohl im Vordergrund
Helga Widder hat unzählige Einsätze mit acht Generationen Hunden und zwei Katzen geleitet. Sie weiß, welche Vierbeiner sich besonders für die tiergestützte Therapie eignen. „Schwerpunktmäßig werden bei ESAAT Hunde und deren Halterinnen und Halter ausgebildet. Menschenfreundlichkeit, Nervenstärke, Gesundheit, Verträglichkeit und Kontrollierbarkeit sind bei den Tieren sehr wichtig – einige dieser Eigenschaften können auch bei den Menschen nicht schaden“, erklärt sie augenzwinkernd. „Selbstverständlich steht das Wohl der Tiere immer im Vordergrund. Die Tiere sind unsere Partnerinnen und Partner, sie dürfen keinesfalls ,benutzt‘ werden.“
Das Tierwohl sollten auch diejenigen im Hinterkopf behalten, die darüber nachdenken, einen Hund oder eine Katze zu adoptieren. Denn Haustiere sind nur ein Garant für mehr Wohlbefinden, wenn die Haltungsbedingungen stimmen, besagt eine psychologische Studie der Ruhr-Universität Bochum. Demnach wirken sich tierische Mitbewohner nur dann positiv auf die Stimmung und Lebenszufriedenheit aus, wenn sie für den Besitzer keine finanzielle Belastung darstellen. Das heißt konkret: Wer aufgrund hoher Kosten für Futter und Tierarztbesuche unter nagenden Geldsorgen leidet, profitiert wenig bisnicht von den Gesundheitseffekten, die Tiere auf Menschen haben können. Ein Grund mehr, die Anschaffung von Simba, Hasso oder Fritzi im Vorfeld gut zu durchdenken. Einem Tier ein Zuhause zu schenken, bedeutet nun mal, Verantwortung zu übernehmen. Im Gegenzug werden wir mit bedingungsloser Liebe überschüttet und im Idealfall mit bester Gesundheit bis ins hohe Alter belohnt.
“Tiere schenken uns ihre bedingungslose Liebe”
Was bedeutet tiergestützte Inter vention?
Tiergestützte Intervention ist der Oberbegriff für tiergestützte Therapie, tiergestützte Pädagogik und andere tiergestützte Aktivitäten. Bezeichnet werden damit alle Einsätze, bei denen Tiere wie Hunde, Pferde und Ziegen dabei helfen, positive Effekte zu erzielen. Die tiergestützte Intervention fußt auf fundierten Konzepten und wird stets durch qualifizierte Fachkräfte durchgeführt.