... liebsten jedes Wochenende auswärts schlafen. Was letztendlich zu diesem Umschwung geführt hat, weiß seine Mutter selbst nicht genau. Es war, als ob die Bereitschaft langsam in ihm gereift wäre.
Wenn das eigene Kind Gäste hat …
Kinder, die auswärts übernachten, bekommen irgendwann auch selber Gäste. Suchen Sie, vor allem beim ersten Mal, das Gespräch mit den Eltern des Kindes. Fragen Sie nach, ob es etwas Besonderes zu beachten gibt. Checken Sie ab, ob Sie alle aktuellen Telefonnummern der Eltern haben und ob diese problemlos zu erreichen sind. Treffen Sie gleich zu Beginn notwendige Absprachen mit beiden Kindern, z. B. dass am Ende gemeinsam das Kinderzimmer aufgeräumt wird. Erlauben Sie Besuche nur an Tagen, an denen Sie selbst sich nicht davon überfordert fühlen. Freundlich auf die Bedürfnisse des kleinen Gastes Rücksicht zu nehmen ist richtig. Aber: Wirbeln Sie nicht den gesamten Alltag durcheinander! Versuchen Sie stattdessen möglichst viel Ruhe in die Aktion zu bringen – freudige Aufregung herrscht meist ohnehin. Binden Sie das Gastkind in Ihre Abendrituale ein. Das sorgt zusätzlich für Ruhe und Enspannung.
Checkliste
Woran müssen Sie im Vorfeld denken?
Kind einbinden
Allein für eine Auswärtsnacht zu packen ist für Grundschulkinder noch zu schwierig. Optimal ist, gemeinsam eine Liste zu schreiben.
Grundausstattung
Packen Sie Kulturbeutel, Wechselkleidung und Schlafanzug ein. Achtung: Zahnspange nicht vergessen!
Kuscheltier & Co.
Natürlich muss das Lieblingsstofftier mit.
Auch eigenes Bettzeug und ein Talismann von Mama oder Papa sorgen für Geborgenheit.
Medikamente
Benötigt Ihr Kind Arzneimittel oder besondere Cremes, sollten Sie diese direkt den Gasteltern übergeben.
Kleine Geschenke
Eine Knabberei, ein Hörspiel oder ein kleines Vorlesebuch ist ein nettes Gastgeschenk.
Das Abnabeln ist ein kontinuierlicher Prozess
„Dass Kinder zunächst mit Verunsicherung auf Nächte ohne Mama und Papa reagieren, ist nicht ungewöhnlich“, sagt familie&co-Experte Michael Thiel. Er rät zu einer Vorbereitung in kleinen Schritten: „Ein guter Start wäre z. B., das Kind häufiger mal einen ganzen Tag zu den Großeltern oder einer befreundeten Familie zu schicken und nach einer Weile zu fragen, ob es vielleicht auch über Nacht dort bleiben möchte.“ Reagiere es mit Abwehr, solle man es keinesfalls überreden oder gar zwingen, so der Psychologe. Und auch, wenn das Kind zunächst einwilligt, bei Einbruch der Dunkelheit aber tränenreich nach Mama und Papa verlangt, sollte man keinerlei Druck aufbauen. „Lassen Sie, falls möglich, eine Hintertür offen, sodass das ,Experiment‘ wieder abgebrochen werden kann“, empfiehlt Michael Thiel. „Ziehen Sie die Angst des Kindes nicht ins Lächerliche. Signalisieren Sie: Das Ganze ist nicht schlimm. Du schaffst es diesmal noch nicht. Wir werden es einfach wieder probieren.“ Auch kleine Geschichten, in denen Mama und Papa von eigenen Ängsten erzählen, können helfen. Grundsätzlich gilt: Das Hineinwachsen in die Selbstständigkeit, das Abnabeln von den Eltern, ist ein Prozess, der sich über die gesamte Kindheit hinzieht. Eine Nacht ohne die engsten Bezugspersonen zu verbringen und dabei gelassen zu bleiben gehört zu den Meilensteinen dieser Entwicklung. Dass einige Kinder mehrere Anläufe benötigen, um diese Aufgabe zu bewältigen, ist also kein Wunder.
„Machen Sie sich klar, dass – wie bei allen großen Übergängen in der Kindheit – immer auch die Haltung der Eltern eine Rolle spielt“, so Thiel. Ebenso wie z. B. beim Kita-Start komme es darauf an, dass sie loslassen könnten und dem Kind etwas zutrauten: „Blicken Mama und Papa selbst mit Zittern und Zagen auf die neue Herausforderung, überträgt sich dies auch auf das Kind.“
Dass Eltern alle Bedenken beiseitewischen sollten, heißt das natürlich nicht. „Wie gut kenne ich die Gasteltern?“, „Passt die Umgebung für mein Kind?“, „Wird es gut beaufsichtigt?“ sind berechtigte Fragen, die Sie in Ruhe klären sollten.
Kuscheltier, Kissen & Co. schenken Geborgenheit
Danach geht es an die praktische Umsetzung: Was muss mit, damit das Kind sich im fremden Bett geborgen fühlt? Neben dem Kuscheltier kann ein Foto oder das eigene Kissen dabei helfen. Überlegen Sie auch, ob Sie die Gasteltern über gesundheitliche Besonderheiten oder Eigenheiten Ihres Kindes informieren sollten.
Unsere Checkliste (links) hilft, an alles Wichtige zu denken! So gut vorbereitet steht einem spannenden Erlebnis nichts mehr im Wege. Denn tatsächlich ist das aushäusige Schlafen für Kinder ja nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein großer Reiz. „Es ist die prickelnde Mischung aus Lust und Angst, die die Faszination ausmacht“, sagt Michael Thiel. „Tagsüber woanders ohne Eltern sein – das ist normal. Doch wenn es draußen dunkel wird, beginnt das Abenteuer und die Fantasie wird geweckt.“ Ein besonderer Faktor sei die zeitliche Unbegrenztheit: „Das Treffen mit dem Freund endet nicht wie gewohnt, sondern geht einfach weiter. Man kann die Nacht zum Tage machen und alles Mögliche anstellen.“
Neue Reize fördern die kindliche Entwicklung
Tatsächlich ist das Auswärtsübernachten aber auch eine wertvolle Förderung. „Kinder brauchen für ihre psychische und körperliche Entwicklung neue Reize“, erklärt der Psychologe. Gleichzeitig weiten neue Eindrücke den Horizont. Das Kind erlebt: Es kann auch alles ganz anders organisiert sein als zu Hause und trotzdem funktionieren. Das Erlebnis, mit der neuen Situation klarzukommen, stärkt die soziale Kompetenz – und vor allem das Selbstbewusstsein. Fragen Sie Leon!