„Wir haben beim E-Auto nicht mehr, sondern nur andere Gefahren“, sagt Tanja Hellmann. Das sieht auch ihr Kollege so, der Berliner Berufsfeuerwehrmann Dr. Rolf Erbe: „Der Mensch hat immer Angst vor Neuem. Wenn Sie heute den Verbrenner erfinden würden, wäre der nicht zulassungsfähig. Da fahren Sie mit 200 km/h bis zu 100 Liter brennbare Flüssigkeit durch die Gegend.“
VORURTEIL 2: DIE FEUER- WEHR IST ÜBERFORDERT
Was richtig ist: „Es wird noch locker fünf Jahre dauern, bis alle Feuerwehrleute für Elektroauto- Einsätze geschult sind“, sagt Tanja Hellmann. Kein Wunder, denn neben 33 000 Berufsfeuerwehrleuten gibt es rund eine Million ehrenamtliche Helfer in Deutschland. Dr. Erbe: „Wir haben immer das Problem, dass die Industrie etwas entwickelt – und wir als Feuerwehr hinterherhängen.“
Man sei aber auf einem guten Weg. Wichtig sei: Die Feuerwehren müssten besser an die Batterien kommen – für die (wenigen) Fälle, wenn auch die brennt. Die Experten fordern daher einheitliche Deaktivierungsfunktio nen. Eine Art Not-Aus, wenn man so will. „Jeder macht da seins“, sagt Dr. Erbe. Tanja Hellmann: „Und wir müssten die Batteriedaten auslesen können. Die Fahrzeughersteller haben dafür Schnittstellen, wir nicht.“
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VORURTEIL 3: E-AUTOS LASSEN SICH NICHT LÖSCHEN
Stimmt nicht! Es dauert nur länger. „Um einen Verbrenner zu löschen, brauchen wir etwa 15 bis 30 Minuten“, sagt Tanja Hellmann. „Für ein Elektroauto benötigen wir die vierfache Zeit, weil wir an die Batterie nicht herankommen.“ Übrigens: Früher war ein Pkw in nur fünf Minuten gelöscht – als die Autos noch nicht so üppig ausgestattet waren.
Allerdings können gelöschte E-Autos in Ausnahmefällen erneut Feuer fangen. Daher gelten in diesem Fall besondere Sicherheitsregeln: „Gelöschte E-Autos werden nicht unterm Carport oder in der Nähe von brennbaren Materialien stehengelassen“, sagt Hellmann. Sondern so isoliert, dass ein eventuelles Feuer nicht übergreifen kann.
VORURTEIL 4: E-AUTOS BRENNEN HÄUFIGER
„Wenn heute ein E-Auto brennt, ist das sofort eine Schlagzeile“, sagt Tanja Hellmann. „Aber erste Statistiken zeigen, dass E-Autos im Verhältnis deutlich weniger brennen.“ Der Meinung ist auch Feuerwehrmann Arne Grützmann, der das Rescue Training Center in Schleswig-Holstein betreibt und Kameraden im Umgang mit E-Fahrzeugen schult. „Bei uns in der Region gibt es jede Woche Unfälle, bei denen ein Diesel oder Benziner brennt. Darüber berichtet niemand.“
„Viel gefährlicher als ein Elektroauto ist ein Flüssiggas-Fahr- zeug für uns als Feuerwehr.“
Dr . Rolf Erbe
VORURTEIL 5: ERSTHELFER KÖNNEN EINEN STROM- SCHLAG BEKOMMEN
„Da ist ein Sechser im Lotto wahrscheinlicher“, sagt Tanja Hellmann. Auch für die Feuerwehr gilt: „Wir können Verletzte aus einem E-Auto genauso retten wie aus einem herkömmlichen Fahrzeug. Unsere Einsatztaktik ist völlig identisch.“
Tanja Hellmann fährt inzwischen übrigens auch E-Auto. Und ist dabei ziemlich Feuer und Flamme.