... Unternehmen setzt eine große Auswahl an bodenschonenden Fahrzeugen ein. Nico Willgeroth: „Unsere Fahrzeuge sind sehr wendig und brauchen wenig Platz. Sie haben große Räder, können den Reifendruck verändern, also den Bodendruck gering halten und vermeiden so Flurschäden.“
Umwelt-Service Willgeroth setzt fast nur Daimler-Fahrzeuge ein. Die bezieht man über die örtliche Unimog-Generalvertretung KLMV (Kommunal- und Baumaschinenvertrieb GmbH) mit Hauptsitz im oberfränkischen Oberkotzau. Neben sechs Unimogs sind das zwei Atego 4x4, ein Fuso Canter und ein Actros 3348 6x4 Abroller mit Dreiachstieflader für den Transport der ebenfalls von KLMV gelieferten Bagger sowie sonstiger Maschinen. Dazu kommt ein Jenz-Großhacker 561 mit einem 500 PS-Antrieb.
Die Atego 1223 4x4 tragen Hubarbeitsbühnen von Palfinger und arbeiten zur vollen Zufriedenheit des Unternehmens. Bei der Freihaltung von Trassen für Energieleitungen stoßen sie jedoch im Gelände an Grenzen.
GELÄNDEGÄNGIGKEIT UND GROßE REICHWEITE
Der für den Tagesbetrieb und technischen Bereich verantwortliche Nico Willgeroth: „Da drängte sich die Frage nach einem Unimog mit Hubarbeitsbühne auf.” Er wollte auf jeden Fall ein Produkt von Palfinger, dessen Eigenschaften er wegen der feinfühligen Reaktion auch in großer Höhe sehr schätzt.
Als Basis wählte Willgeroth den Geräteträger U219L 4x4 mit Radstand 3.600 Millimeter, 4-Zylindermotor mit 190 PS und der Reifengröße 425/75 R 20 Agrar. Weiter zählten die hohe Geländegängigkeit und Beweglichkeit und die dank langen Schraubenfedern große Achsverschränkung. Für den Aufbau ist das zulässige Gesamtgewicht von 10.500 Kilo wichtig. Die gute Gewichtsverteilung (VA 5,2 to, HA 6,0 to) aufgrund des zwischen den Achsen platzierten Antriebsstrangs ist ein weiterer Trumpf. In Kombination mit der individuell einstellbaren Arbeitsdrehzahl und der perfekten Drehmomentsübertragung der Portalachsen ist der Unimog im Gelände höchst sicher unterwegs.
HERAUSFORDERUNG FÜR PALFINGER
Kaum war die Bestellung mit der Unimog-Vertretung KLMV besprochen, gab es ein Problem. Die gewählte Hubarbeitsbühne war von Palfinger für den Unimog nicht lieferbar, das Segment „Unimog“ nicht erschlossen. KLMV setzte sich mit dem Bereich Sonderfahrzeuge der Daimler Truck AG, zu dem auch Unimog zählt, in Verbindung. Schließlich ist Palfinger zertifizierter Lkw-Aufbaupartner. Nach Gesprächen zwischen Willgeroth, KLMV sowie Spezialisten von Daimler Truck und Palfinger wurde der Auftrag an Mercedes-Benz Special Trucks erteilt.
Der U219L ging dann als Fahrgestell in ein Palfingerwerk im sächsischen Löbau. Palfinger, wie zuvor Mercedes Special Trucks, musste viele Änderungen und Neuentwicklungen für die Anpassung an den Geräteträger vornehmen. Mitte Juni 2021 stand das Fahrzeug zur Vorstellung auf der Ausstellung De- moPark in Eisenach bereit. Die fiel aber wegen der Covid-Pandemie ins Wasser.
VORFÜHRUNG IM PRAXISEINSATZ
Im Juli stellte Palfinger dann mit Daimler Truck den U219L als neue Fahrzeugvariante bei dem Kunden in Rodewisch in einem ersten Praxiseinsatz in einem Waldgebiet bei einer Trassenfreihaltung vor. Der U219L wiegt mit Hubarbeitsbühne und Fahrer 8.880 Kilo. Über der Fahrerkabine ist ein Schutzgitter montiert. In Transportstellung beträgt die Gesamtlänge 7,95 Meter (Breite 2,40 u. Höhe 3,65 m).
Die Hubarbeitsbühne P250BK hat eine Arbeitshöhe von 25,30 und eine Korbbodenhöhe von 23,30 Metern. Die Drehbereiche betragen 500° für den Drehtisch und 185° für den Korbarm. Der Arbeitsplatz misst (B xTx H) 1,40 x 0,70 x 1,10 Meter, hat +/- 90° Drehbereich und trägt maximal 230 Kilo. Die Ausfahrbreite der Hydraulikabstützungen beträgt 2,32 Meter, die zulässige Aufstellgenauigkeit 5°.
Nico Willgeroth und Mitarbeiter Mischa Langer sind schon mit dem Fahrzeug vertraut. Langer steuert es durch eine abschüssige Wiese unter eine abgeschaltete Energieleitung, um deren Trasse von in das Profil ragenden Ästen hoher Bäume freizumachen. Nach dem Auslegen der Unterlegbohlen fährt Willgeroth die vier Senkrechtstützen mit 1.300 Millimetern Hub aus und hebt das Fahrzeug an bis die Räder frei in der Luft hängen. Die permanente Bodendruck-überwachung sichert den Stand der Abstützzylinder. Bei schräger Aufstellung, wie hier, ist die Standsicherheit mit 5° Aufstellgenauigkeit und stufenloser Anpassung der Reichweite gegeben.
Langer fährt den Arbeitskorb weit aus und beginnt mit der Kettensäge in das Leitungsprofil ragende Äste zu entfernen. Der vierfache Ausschub erlaubt 25 Meter Reichweite, wobei Sicherheitseinrichtungen fortwährend die Standfestigkeit überwachen. Gespannt verfolgen die Kunden, die Geschäftsführung von KLMV unter Reinhold Degelmann sowie Thorsten Heinzelmann von Daimler Truck AG und Frank Bürschgens von Palfinger Platforms GmbH diesen ersten Einsatz.
Im folgenden Gespräch zeigt sich Nico Willgeroth von der Qualität des U219L mit der Hubarbeitsbühne P250BK voll überzeugt. Doch noch können sie das Fahrzeug nicht einsetzen. Nach den aufwendigen Entwicklungsarbeiten hat Palfinger das Segment „Hubarbeitsbühnen auf Unimog“ für sich entdeckt und wird es bis zum Spätjahr für Vorführzwecke verwenden, bevor es an die Vogtländer übergeben wird.