... Übernachtungen als im Vorjahr meldet Statistik Austria für das erste Halbjahr 2021. Besonders hart getroffen hat es den Städtetourismus. Insbesondere Wien, vor Corona eines der beliebtesten Reiseziele in Europa, erlitt schwere Einbußen: 75 Prozent weniger Gäste waren es 2020, und auch in diesem Jahr kamen gut zwei Drittel weniger Touristen als vor der Pandemie.
Der Immobilienmarkt hingegen zeigt sich krisenfest. Die Wirtschaftskammer Österreich meldet in ihrem Immobilienspiegel für 2020 bei Bestandsimmobilien einen landesweiten Preisanstieg von knapp 4,6 Prozent für Eigentumswohnungen und 4,5 Prozent für Häuser.
Nicht jedes Home hat ein Office
Georg Edlauer, Obmann des Fachverbandes der Immobilien-und Vermögenstreuhänder in der Wirtschafskammer Österreich (WKÖ), stellte bei einer Pressekonferenz im Sommer fest, dass Corona die schon länger steigenden Eigentumspreise im Land noch einmal dynamisiert hat. Er hat beobachtet, dass „Covid das Thema Wohnen neu und intensiv ins Bewusstsein gerückt“ hat, und ergänzt treffend: „Jeder hat ein Home, aber nicht jeder hat dort ein Office.“ Hinzu kommt die neu erwachte Sehnsucht nach dem eigenen Ferienhaus am See oder in den Bergen. Die pandemiebedingten Reisebeschränkungen bescherten Zweitwohnsitzinhabern die Freiheit zum Tapetenwechsel trotz Lockdown.
Österreich steht bei den Deutschen ganz oben auf der Wunschliste, denn der südliche Nachbar punktet mit einer idyllischen Landschaft, einem breiten Sport- und Freizeitangebot und perfekter Infrastruktur. Hinzu kommt die gemeinsame Sprache, was die Alpenrepublik auch zum attraktiven Alterswohnsitz macht. Das Kaufinteresse aus dem Ausland trifft vor Ort auf hohe einheimische Nachfrage, was die Preise weiter nach oben klettern lässt.
Das Maklerhaus Engel & Völkers kommt in seinem Marktbericht Wohnimmobilien 2021 zu ähnlichen Ergebnissen. Vor allem die touristischen Schwergewichte Tirol, Salzburg und Vorarlberg heben sich gemeinsam mit der Hauptstadt Wien preislich immer deutlicher von den restlichen Bundesländern ab.
„In Wien hat man keine Beschränkung im Erwerb, dafür hohe Lebensqualität. Zudem muss man keinen Hauptwohnsitz begründen.“
MARLIES MUHR, Muhr Immobilien, Wien
„Kärnten war immer schon ein beliebter Freizeitwohnsitz, jetzt nutzen es viele als alternativen Wohnort für mobiles Arbeiten.“
MAG. ALEXANDER TISCHLER, ATV-Immobilien, Treffen
„Trotz der Pandemie haben sich die Nachfrage und das Preisniveau in und um Salzburg erstaunlich rasant weiterentwickelt.“
DR. BERNDT KRETSCHMER, Stiller & Hohla, Salzburg
„Die außergewöhnliche und kontinuierliche Wertsteigerung in Kitzbühel und Umgebung spricht weiterhin für ein gutes Investment.“
DR. INA KLOSS, CORICON Properties, Kitzbühel
„Die Nachfrage übersteigt weiterhin das Angebot, insbesondere in Salzburg sind Wohnimmobilien auch als Anlage sehr gefragt.“
KATRIN KÖSSLER, VON POLL IMMOBILIEN Salzburg
„Der ländliche Raum gewinnt an Beliebtheit. Die Kunden wünschen sich Sicherheit und Natur. Die Preise steigen nach wie vor.“
BERNADETT WEBER, sREAL Immobilien, Seeboden
„In der Region Bodensee verzeichnen wir aufgrund der hohen Nachfrage deutliche Preissteigerungen in allen Lagen.“
MATTHIAS HARTINGER, Engel & Völkers, Bregenz
„Derzeit gibt es keine Marktsignale für Entspannung – weder bei den Preisen noch bei der hohen Nachfrage.“
REINHARD GÖTZE, RE/MAX Immowest, Lauterach
Hotspot Kitzbühel
In den letzten fünf Jahren sind die Immobilienpreise in Kitzbühel für Eigentumswohnungen laut Engel & Völkers um gut 45 Prozent gestiegen, für Ein-und Zweifamilienhäuser um 36,5 Prozent. Mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 6.250 Euro pro Quadratmeter für Eigentumswohnungen und über 1,2 Millionen für ein Haus bleibt der Tiroler Nobelort der teuerste Standort Österreichs.
Wer hier kauft, zielt in der Regel nicht auf Rendite durch Ferienvermietung, sondern setzt auf Wertsteigerung und Sicherung seines Investments. Bei der Immobilienwahl spielt die Lage immer noch die Hauptrolle, doch mit individuellen Präferenzen. Naturliebhaber suchen nach erhöhten Lagen mit freiem Blick, wer lieber mitten im Geschehen ist und fußläufig jede Party erreichen möchte, bevorzugt eine zentrale Lage mitten im Ort, berichten die lokalen Marktexperten. Das Kitzbüheler Publikum ist anspruchsvoll. Wer hier über 5 Millionen Euro für ein Chalet in guter Lage ausgibt, geht in Bezug auf Qualität und Ausstattung keine Kompromisse ein.
Zu den Toplagen zählen neben Kitzbühel selbst auch die umliegenden Gemeinden wie Reith, Aurach, Jochberg oder Kirchberg. Laut Marktbericht lagen die Topobjekte in der Region 2020 im Schnitt bei knapp 20 Millionen Euro, Luxuswohnungen in 1a-Lagen wurden für mehr als 15.000 Euro pro Quadratmeter gehandelt.
Haustür auf und wohlfühlen
Der Trend hin zu „schlüsselfertigen“ Objekten, die man direkt ohne jeglichen Aufwand beziehen kann, am besten noch geschmackvoll möbliert, betrifft nicht nur Kitzbühel. Österreichs Makler beobachten vor allem im gehobenen Marktsegment, dass Käufer bereit sind, deutlich höhere Preise zu bezahlen, wenn die Immobilie neben der Toplage auch jeden erdenklichen Komfort bietet, bis hin zur Smart- Home-Steuerung via App.
Lebenswertes Wien
Etwa jeder fünfte Einwohner des Landes wohnt bereits heute in der Hauptstadt, in wenigen Jahren wird die Donaumetropole die Zwei-Millionen-Marke überschreiten. Wien lockt mit Lebensqualität, urbanem Chic und Jobs. Zahlreiche Immobilienfonds haben hier in den letzten Jahren groß investiert, denn im Vergleich zu Paris oder London ist die Hauptstadt immer noch ein Schnäppchen. Privatkäufer aus dem Ausland suchen zumeist das „gutbürgerliche“ Wien. Geschmackvoll sanierte Jugendstil-Altbauten in Zentrumsnähe, gerne fußläufig zum nächsten Park. Im ersten Bezirk, der Toplage schlechthin, ist das Angebot rar, das durchschnittliche Preisniveau lag 2020 laut RE/MAX-ImmoSpiegel bei über 11.700 Euro pro Quadratmeter. Günstiger, aber nicht minder attraktiv sind die inneren Bezirke 2 bis 9 mit der bekannten Josephstadt (8). Sehr beliebt sind außerdem die Bezirke Hietzing (13), und Döbling (19). Hier liegt das Preisniveau im Schnitt zwischen 5.000 und 6.000 Euro pro Quadratmeter. Vor allem deutsche Käufer investieren derzeit gerne, denn für Wien gilt keine Zweitwohnsitzbeschränkung.
Goodbye Deutschland
Im Gegensatz zu Wien oder auch Kärnten gelten in Tirol und Salzburg für privat genutzte Zweitwohnsitze strikte gesetzliche Beschränkungen, was den Zweitwohnsitzmarkt in diesen Regionen praktisch zum Erliegen gebracht hat. Angebote mit entsprechender Widmung sind mehr als rar und in der Regel wieder schnell vom Markt. Wer investieren möchte, kann Buyto-let-Projekte erwerben, Ferienimmobilien, die für die touristische Nutzung gebaut werden. Die Objekte bieten den Eigentümern attraktive Renditen, dafür dürfen sie „ihre“ Immobilie aber nur wenige Wochen im Jahr selbst nutzen.
Erstwohnsitze hingegen dürfen von EU- Bürgern ohne Einschränkung erworben werden, wovon auch immer mehr Deutsche Gebrauch machen. Salzburger Marktexperten berichten vor allem im Herbst 2021 von einer deutlich gestiegenen Nachfrage von Deutschen, die ihren Lebensmittelpunkt in die Mozartstadt verlegen möchten. Teils als Alterswohnsitz, aber vermehrt auch, um von dort aus ihrer Tätigkeit in Deutschland nachzugehen. Auch dies ein Pandemie-Effekt: Corona hat die Arbeitswelt deutlich flexibler und ortsunabhängiger gestaltet, und mit 4G oder 5G kann man vielerorts aus dem Homeoffice ein Alm-Office machen. Österreich hat außerdem weder Vermögensnoch Erbschaftssteuer – ein weiterer Pluspunkt für vermögende EU-Bürger.
AUTORIN Ulrike Eschenbecher
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Kaufvertrag EU-Bürger dürfen in Österreich grundsätzlich ohne Einschränkung Immobilien erwerben. Häufig wird vor dem offiziellen Kaufvertrag ein Vorvertrag, meist „Kaufanbot“ genannt, erstellt. Vorsicht: Dieser ist bereits rechtswirksam! Mit Unterzeichnung verpflichtet sich der Käufer, die Immobilie verbindlich zu den vereinbarten Konditionen zu erwerben, sofern der Verkäufer diesem zustimmt. Bei einem späteren Rücktritt werden Vertragsstrafen fällig. Für die Grundbucheintragung, die „Verbücherung“, ist dann ein notariell beglaubigter Kaufvertrag erforderlich. Im Grundbuch sind – wie in Deutschland auch – alle Lasten, Pflichten und Rechte zu der Immobilie eingetragen.
Kaufnebenkosten Die Nebenkosten für Immobilienerwerb in Österreich betragen in Summe rund 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises. Die Maklerprovision richtet sich nach dem Kaufwert und beträgt in der Regel für den Käufer 3 Prozent plus MwSt. Die Provisionshöhen sind im Maklergesetz (MaklerG) geregelt. Die Grunderwerbsteuer beträgt 3,5 Prozent des Kaufpreises und muss vor Eintragung bezahlt sein. Für die Grundbucheintragung werden Gebühren in Höhe von 1,1 Prozent des Kaufpreises erhoben, und die Notarkosten betragen in der Regel zwischen 2 und 3 Prozent des Kaufpreises.
Bestellerprinzip Die Teilung der gesamten Maklerprovision (in der Regel 6 Prozent zzgl. MwSt.) zu gleichen Teilen zwischen Käufer und Verkäufer ist in Österreich zwar durchaus üblich, aber keine gesetzliche Vorschrift. Die Regierung hatte zwar Pläne, das in Deutschland bereits geltende Bestellerprinzip auch in der Alpenrepublik einführen, doch ein konkreter Gesetzentwurf liegt noch nicht vor.
Erbschafts- und Schenkungssteuer Seit 2008 gibt es in Österreich keine Erbschafts-und Schenkungssteuer mehr, allerdings wird auf die Schenkung und Vererbung von Immobilien Grunderwerbsteuer erhoben. Diese beträgt je nach Verwandtschaftsgrad zwischen 2 und 3,5 Prozent auf den Verkehrswert.
Zweitwohnsitze In Österreich regeln die Bundesländer die Zulassung für Zweitwohnsitze. Die Länderregierungen geben den Gemeinden die maximal zulässige Quote an Zweitwohnsitzen vor. Die zuständige Behörde ist die Grundverkehrsbehörde, rechtliche Grundlage ist das Grundverkehrsgesetz, das für Einheimische wie für Ausländer gleichermaßen gilt. Ist das Kontingent erschöpft, werden keine neuen Zweitwohnsitzwidmungen mehr genehmigt. Vor allem in Tirol, Salzburg und Vorarlberg gelten strenge Beschränkungen, Neubauten werden nur in Ausnahmefällen als Zweitwohnsitz genehmigt.
Hinweis: Dieser Artikel dient nur der Information und stellt keine Steuer-oder Rechtsberatung dar. Änderungen vorbehalten.
Stand: Mai 2021.