... Kinder bekommen haben, werden heute vielfach dafür bestraft.
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Schneller Wiedereinstieg kappt Ansprüche
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Krankenkasse stutzt Auszahlung
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Steuer- Freibetrag verringert Netto
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Gekappter Anspruch bei Wieder-Einstieg
VERSPROCHEN WAR
Jedes vor 1992 geborene Kind bringt einer Frau 2,5 Entgeltpunkte (EP), jedes danach geborene Kind sogar 3 EP für die Rente.
DIE FALLE
► Wer rasch nach der Geburt eines Kindes wieder berufstätig wurde, erhält nicht die volle Mütterrente bzw. gar keine. Dies betrifft alle Frauen, die in den ersten zweieinhalb Jahren (bei Kindern vor 1992) bzw. den ersten drei Jahren (bei Kindern nach 1992) wieder in den Job zurückkehrten und durchschnittlich bzw. überdurchschnittlich verdienten.
► Vor allem in Ostdeutschland sind viele betroffen, da lange Auszeiten für Mütter in der DDR unüblich waren.
► Grund ist die Beitragsbemessung (§ 70, SGB VI): Die Zahl der für einen Zeitraum maximal möglichen Entgeltpunkte ist begrenzt (2,04 EP je Jahr). Und da durch den Beruf bereits EP vorhanden sind, wird nur noch ein Teil der EP der Mütterrente gewährt.
► „Im Osten sind bei von uns geprüften Rentenbescheiden zwei Drittel aller Frauen betroffen“, sagt der Rentenberater Christian Lindner, „im Westen ist es jede fünfte.“ Matthias Herberg, Fachanwalt für Sozialrecht aus Dresden, hat deshalb vor Kurzem Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
► Wie groß der Verlust sein kann? Für eine Frau mit 2 Kindern und gutem Verdienst leicht 80 Euro Rente pro Monat; bei einer durchschnittlich verdienenden Frau mit 2 Kindern knapp 50 Euro weniger als versprochen.
FAZIT
Dieses Problem bleibt, da viele Mütter schnell nach der Geburt eines Kindes wieder berufstätig werden - zumal die Politik durch Ganztages-Betreuung die schnelle Rückkehr fördert. „Deshalb sollten Frauen ihrem Rentenbescheid widersprechen, wenn dieser gekürzte Kindererziehungszeiten enthält“, rät Rentenberater Christian Lindner, „dann wird die höhere Rente bei positivem Ausgang nachgezahlt. Den Widerspruch mit der offenen verfassungsrechtlichen Klärung begründen.“ Das Verfahren ruht bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts.
Mindest-Entgelte kürzen sogar Rente
VERSPROCHEN WAR
Durch die Mütterrente sollen Einkommen von Frauen erhöht und gleichzeitig Altersarmut bekämpft werden.
DIE FALLE
► „Es gibt geschätzt mehrere Zehntausend Frauen, bei denen es durch die Ausweitung der Mütterrente 2019 sogar zu einer Rentenkürzung kam“, sagt der Rentenberater Peter Knöppel aus Halle (Saale).
► Hintergrund: Viele Frauen erhielten Mindest-Entgeltpunkte bei geringem Lohn (§ 262 SGB VI).
► „Die Mütterrente 2 (weitere Erhöhung der Kindererziehungszeiten um 0,5 EP) betrifft die Zeit vor 1992“, so Knöppel, „genau für diese Zeit gibt es aber auch den Zuschlag der Mindest-Entgeltpunkte, die durch eine komplizierte Rentenberechnung für einige Rentnerinnen gewährt wird. Doch dieser Zuschlag darf eine Grenze von monatlich 0,0625 nicht überschreiten“, so der Rentenberater. Durch die neuen, höheren Kindererziehungszeiten könne diese Grenze überschritten werden, sodass der bisherige Zuschlag als Mindest-Entgeltpunkte wegfällt. „Dann kann die Rente sogar niedriger sein als ohne die neuen Kindererziehungszeiten, weil die Anzahl der Entgeltpunkte aus den Kindererziehungszeiten niedriger ist als die Anzahl der zuvor festgestellten Mindest-Entgeltpunkte“, hat der Rentenberater ausgerechnet.
FAZIT
Hier lohnt es, unbedingt einen Rentenberater oder Fachanwalt für Sozialrecht einzuschalten, um diese Renten- Kürzung zu stoppen. Betroffen von dieser Kürzung sind bis zu drei Millionen Rentner, überwiegend Frauen.
„ Ich schätze, dass im Osten zwei Dritte l der Mütter nicht die volle Mütterrente erhalten und im Westenetwa jede 5. Frau“
Christian Lindner, Rentenberater aus Dresden
Immer mehr für Mütter
Die Kindererziehungszeiten wurden in mehreren Schritten erhöht. Genau Steuer- und Rentenbescheid prüfen sollten alle Frauen, die bereits vor 2014 bzw. vor 2019 in Rente waren.
Vor 1992
Jedes Kind zählt mit 1 Entgeltpunkt (EP) → keine Auswirkung auf Steuerfreibetrag
1992 - 2014
Jedes vor 1992 geborene Kind zählt 1 EP, jedes ab 1.1.1992 geborene Kind aber 3 EP → Alles prüfen sollte, wer 2005 in Rente war, da seitdem die nachgelagerte Besteuerung gilt
Krankenkassen stutzen Auszahlung
VERSPROCHEN WAR
Jedes vor 1992 geborene Kind bringt durch das Mütterrente- 2-Paket 0,5 Entgeltpunkte (EP) mehr Rente. 1 EP entspricht im Westen 33,05 Euro Rente pro Monat, im Osten 31,89 Euro. Das war das Versprechen.
DIE FALLE
Im Westen hätte sich die Rente pro Jahr um 198,30 Euro (12 x 33,05 Euro x 0,5) erhöhen müssen. Doch davon werden Sozialbeiträge abgezogen: 7,3 % für Krankenkasse, 3,05 % für Pflegekasse. Dazu der Zusatzbeitrag. Im Jahr werden also statt 198,30 nur etwa 175 Euro mehr ausgezahlt.
FAZIT
Gut 10 % weniger. Ändern lässt sich dies nicht, da die Sozialabgaben immer vom Brutto-Renten-Betrag aus berechnet werden. Ärgerlich ist es aber trotzdem.
Steuer-Freibetrag verringert Netto-Rente
VERSPROCHEN WAR
► Jedes vor 1992 geborene Kind ergibt 2,5 Entgeltpunkte (EP), jedes nach 1992 geborene Kind sogar 3 EP für die Rente.
► Rechtlich heißt das, diese Werte hätten bereits mit Rentenbeginn gelten müssen. Dadurch ändert sich auch der lebenslange Steuer-Freibetrag, der aus der Rente im ersten Rentenjahr berechnet wird.
► Denn: Die Erhöhungen der Mütterrente 2014 und 2019 sind keine regelmäßigen Renten-Anpassungen wie die jährlichen Erhöhungen, so das Finanzministerium Schleswig-Holstein jüngst in einem Erlass (VI 307 - S 2255). Die Mütterrente ist also eine außerordentliche Neu-Festsetzung der Rente - und damit muss auch der steuerfreie Anteil rückwirkend ganz neu berechnet werden.
DIE REALITÄT
► Faktisch muss für die Mütterrente der gleiche Prozentsatz für die Steuer gelten wie für die eigentliche Rente. Wenn eine Frau z. B. bereits 2005 in Rente war und zwei Kinder hat, erhält sie nun 5 EP Rente für Kinder. Dies darf aber nur einen steuerpflichtigen Anteil von 50 % haben - entsprechend dem Jahr des Rentenbeginns. Diese Rück-Rechnung des steuerpflichtigen Anteils findet bei jeder zweiten Frau nicht statt.
► Folge: Der Mütterrenten-Anteil der Rente ist bei vielen Frauen voll steuerpflichtig.
► Eine Frau, die 2005 in Rente ging, ein Kind und einen Steuerfreibetrag von 8.000 Euro hatte, müsste nun für 2020 einen Freibetrag von 8.235,17 Euro haben: Der Rentenwert (Wert eines EP) betrug 2005 26,13 Euro, 2014 wurde der „Wert“ eines Kindes auf 2 EP erhöht (12 Monate x 26,13 x 50 % = 156,78 Euro mehr Freibetrag); 2019 kamen nochmals 0,5 EP je Kind hinzu (26,13 x 0,5 x 12 Monate x 50 %), ergibt weitere 78,39 Euro Freibetrag.
► Ist dies nicht erfolgt, wurde die komplette Mütterrente steuerpflichtig: Für 2020 sind dies 600 Euro.
FAZIT
Jede Frau, die vor 2019 in Rente ging, sollte die Steuerbescheide prüfen, ob der Steuerfreibetrag für die Renten- Einkünfte tatsächlich erhöht wurde.
2014
Jedes vor 1992 geborene Kind zählt 2 EP, jedes ab 1.1.1992 geborene Kind 3 EP → Rente und Steuer prüfen, da sich Rente und Freibetrag geändert haben
Ab 2019
Jedes vor 1992 geborene Kind zählt 2,5 EP, jedes ab 1.1.1992 geborene Kind 3 EP → Rente und Steuer prüfen, Freibetrag und Rente haben sich geändert
Fotos: Plainpicture/Christine Höfelmeyer (2)/Friedrich Kayser (2), Mauritius Images/Werner Otto (2), Alamy Stock Photo/ClassicStock (2), privat