ENTHEMMUNG Menschen, die für einen geregelten Ablauf des Alltags sorgen sollen, werden am Arbeitsplatz bedroht oder Opfer von körperlicher Gewalt. Was passiert da in unserer Gesellschaft? Augenzeugenberichte von Betroffenen.
Christian Deckert, 40 ,arbeitet seit 18 Jahren als Zugbegleiter im Fernverkehr.
K aum ein Tag vergeht, an dem er nicht beleidigt wird, kaum ein Schimpfwort, das er noch nicht gehört hat. »Arschloch, blöder Wichser, Nazi – das ist inzwischen völlig normal«, sagt Deckert. »Wenn der Zug verspätet losfährt oder die Toilette defekt ist, rasten die Leute aus, weil sie in Eile sind oder eventuell auch nur schlecht geschlafen haben.«
Zweimal hat ihn jemand angespuckt, als er den Fahrschein kontrollieren wollte, ein Schwarzfahrer hat ihn geschubst, ein anderer geschlagen. Deckert kennt Kollegen, die hat man mit Taschen bewor - fen, in den Bauch geboxt, ins Krankenhaus geprügelt oder mit dem Messer bedroht, weil sie auf das Rauchverbot im Zug hingewiesen haben oder auf die Leinenpflicht für den Hund.
»Die Hemmschwelle ist gesunken«, sagt er. ...